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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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man dann die abgeschnittenen Stämme stehen und das folgende Jahr neue
Schüsse machen, so in Cuba, Guadeloupe und Jamaica, bis zu 20 und 2i
Ernten, durchschnittlich in Westindien 4--5 Jahre hindurch; in Java-dagegen
muß man jedes Jahr neue Stecklinge setzen und außerdem den Boden wech¬
seln, da selbst in den fruchtbarsten Hegenden die zweite Ernte aus demselben
Boden eine sehr mittelmäßige ist. Es macht dieses für den Pflanzer auf Java
die Hafte der Arbeit mehr. Nimmt man nun als Durchschnittszeit für das
Wachsen und Reifwerden ein Jahr an und drei Monate für das Bestellen der
Aecker, so erfordert eine Zuckerernte 13 Monate, wogegen eine Ernte von Run¬
kelrüben, die gewöhnlich im April gesäet, von September bis November ge¬
erntet und vom November bis Februar zu Zucker fabricirt werden, nur ein
Jahr erfordert. Stölzel schließt hieraus ein Verhältniß der beiden jährlichen
Gewächse wie 3 zu 6 ; in der Wirklichkeit aber ist das Verhältniß wie 4 zu 3;
denn werden 5 Jahre oder 60 Monate für 4 Ernten Rohrrucker erfordert, so
kann man in derselben Zeit doch nicht mehr als fünf Runkelrübeneruten ge¬
winnen. Bei den Stölzelschen aus diesen Irrthum gebauten Schlüssen sind
also abzusetzen; jedenfalls ist a,ber das Verhältniß des Javazuckers infolge
des alljährlich neuen Pflanzers in Bezug auf den vorliegenden Punkt sehr
ungünstig; denn es sind dort reichlich neun Monate zu dem neuen Pflanzen
erforderlich; was mit dem obigen ein Jahr Wachsen und vier Monate für die
Ernte zwanzig Monate ergibt, also drei javanische Zuckcrernten auf fünf Run¬
kelrübenernten; gewöhnlich erfordert die Ernte auf Java sogar zwei volle Jahre,
also das Doppelte der Zeit für eine Nunkelrübenernte.

Was nun den Punkt der Arbeitökosten betrifft, so hat Stölzel über diese
schwierige Frage eine Menge statistischer Angaben gesammelt, die aber wol
noch vieler Berichtigungen und Erweiterungen fähig sein möchten, schon der
Natur der Sache nach wird dieses bei ven Angaben van Vlotens, welche sich
auf Java beschränken, weniger der Fall sein. -- Frägt man, wie es doch noth¬
wendig, bei der Berechnung der Höhe des Arbeitslohnes nach dem Verhältniß
der verrichteten Arbeit zu dem ausgezahlten Lohne, so wird man finden, daß
das Arbeitslohn der Colonien höher ist, als in den Ländern des Runkelrüben¬
baues. Dr. Hespel dHarpenville berichtet, daß auf Euba von jedem Neger nicht
mehr als 2300 Kilo Zucker producirt werden, und daß jeder Neger dem Pflanzer
jährlich -130 si. kostet. Für Surinam veranschlagte der General van der Bosch
die Zuckerproduktion jedes Negers auf 3300 Kilo, seine Unterhaltungskosten
auf 110 se., welche' letzteren aber auf 330 zu erhöhen sind, weil nur '/g der
Plantagenneger auf das Feld geht. Sogar in Java ist der Lohn nicht so sehr
niedrig, da der Javane zwar nur 36 si. erhält, aber auch' nur Vs von der
Arbeit eines Negers in Surinam verrichtet, also in der Wirklichkeit dem Pflan¬
zer 180 si. kostet. Vergleichen wir also die factischen Löhne von 36 si. mit


man dann die abgeschnittenen Stämme stehen und das folgende Jahr neue
Schüsse machen, so in Cuba, Guadeloupe und Jamaica, bis zu 20 und 2i
Ernten, durchschnittlich in Westindien 4—5 Jahre hindurch; in Java-dagegen
muß man jedes Jahr neue Stecklinge setzen und außerdem den Boden wech¬
seln, da selbst in den fruchtbarsten Hegenden die zweite Ernte aus demselben
Boden eine sehr mittelmäßige ist. Es macht dieses für den Pflanzer auf Java
die Hafte der Arbeit mehr. Nimmt man nun als Durchschnittszeit für das
Wachsen und Reifwerden ein Jahr an und drei Monate für das Bestellen der
Aecker, so erfordert eine Zuckerernte 13 Monate, wogegen eine Ernte von Run¬
kelrüben, die gewöhnlich im April gesäet, von September bis November ge¬
erntet und vom November bis Februar zu Zucker fabricirt werden, nur ein
Jahr erfordert. Stölzel schließt hieraus ein Verhältniß der beiden jährlichen
Gewächse wie 3 zu 6 ; in der Wirklichkeit aber ist das Verhältniß wie 4 zu 3;
denn werden 5 Jahre oder 60 Monate für 4 Ernten Rohrrucker erfordert, so
kann man in derselben Zeit doch nicht mehr als fünf Runkelrübeneruten ge¬
winnen. Bei den Stölzelschen aus diesen Irrthum gebauten Schlüssen sind
also abzusetzen; jedenfalls ist a,ber das Verhältniß des Javazuckers infolge
des alljährlich neuen Pflanzers in Bezug auf den vorliegenden Punkt sehr
ungünstig; denn es sind dort reichlich neun Monate zu dem neuen Pflanzen
erforderlich; was mit dem obigen ein Jahr Wachsen und vier Monate für die
Ernte zwanzig Monate ergibt, also drei javanische Zuckcrernten auf fünf Run¬
kelrübenernten; gewöhnlich erfordert die Ernte auf Java sogar zwei volle Jahre,
also das Doppelte der Zeit für eine Nunkelrübenernte.

Was nun den Punkt der Arbeitökosten betrifft, so hat Stölzel über diese
schwierige Frage eine Menge statistischer Angaben gesammelt, die aber wol
noch vieler Berichtigungen und Erweiterungen fähig sein möchten, schon der
Natur der Sache nach wird dieses bei ven Angaben van Vlotens, welche sich
auf Java beschränken, weniger der Fall sein. — Frägt man, wie es doch noth¬
wendig, bei der Berechnung der Höhe des Arbeitslohnes nach dem Verhältniß
der verrichteten Arbeit zu dem ausgezahlten Lohne, so wird man finden, daß
das Arbeitslohn der Colonien höher ist, als in den Ländern des Runkelrüben¬
baues. Dr. Hespel dHarpenville berichtet, daß auf Euba von jedem Neger nicht
mehr als 2300 Kilo Zucker producirt werden, und daß jeder Neger dem Pflanzer
jährlich -130 si. kostet. Für Surinam veranschlagte der General van der Bosch
die Zuckerproduktion jedes Negers auf 3300 Kilo, seine Unterhaltungskosten
auf 110 se., welche' letzteren aber auf 330 zu erhöhen sind, weil nur '/g der
Plantagenneger auf das Feld geht. Sogar in Java ist der Lohn nicht so sehr
niedrig, da der Javane zwar nur 36 si. erhält, aber auch' nur Vs von der
Arbeit eines Negers in Surinam verrichtet, also in der Wirklichkeit dem Pflan¬
zer 180 si. kostet. Vergleichen wir also die factischen Löhne von 36 si. mit


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[0506] man dann die abgeschnittenen Stämme stehen und das folgende Jahr neue Schüsse machen, so in Cuba, Guadeloupe und Jamaica, bis zu 20 und 2i Ernten, durchschnittlich in Westindien 4—5 Jahre hindurch; in Java-dagegen muß man jedes Jahr neue Stecklinge setzen und außerdem den Boden wech¬ seln, da selbst in den fruchtbarsten Hegenden die zweite Ernte aus demselben Boden eine sehr mittelmäßige ist. Es macht dieses für den Pflanzer auf Java die Hafte der Arbeit mehr. Nimmt man nun als Durchschnittszeit für das Wachsen und Reifwerden ein Jahr an und drei Monate für das Bestellen der Aecker, so erfordert eine Zuckerernte 13 Monate, wogegen eine Ernte von Run¬ kelrüben, die gewöhnlich im April gesäet, von September bis November ge¬ erntet und vom November bis Februar zu Zucker fabricirt werden, nur ein Jahr erfordert. Stölzel schließt hieraus ein Verhältniß der beiden jährlichen Gewächse wie 3 zu 6 ; in der Wirklichkeit aber ist das Verhältniß wie 4 zu 3; denn werden 5 Jahre oder 60 Monate für 4 Ernten Rohrrucker erfordert, so kann man in derselben Zeit doch nicht mehr als fünf Runkelrübeneruten ge¬ winnen. Bei den Stölzelschen aus diesen Irrthum gebauten Schlüssen sind also abzusetzen; jedenfalls ist a,ber das Verhältniß des Javazuckers infolge des alljährlich neuen Pflanzers in Bezug auf den vorliegenden Punkt sehr ungünstig; denn es sind dort reichlich neun Monate zu dem neuen Pflanzen erforderlich; was mit dem obigen ein Jahr Wachsen und vier Monate für die Ernte zwanzig Monate ergibt, also drei javanische Zuckcrernten auf fünf Run¬ kelrübenernten; gewöhnlich erfordert die Ernte auf Java sogar zwei volle Jahre, also das Doppelte der Zeit für eine Nunkelrübenernte. Was nun den Punkt der Arbeitökosten betrifft, so hat Stölzel über diese schwierige Frage eine Menge statistischer Angaben gesammelt, die aber wol noch vieler Berichtigungen und Erweiterungen fähig sein möchten, schon der Natur der Sache nach wird dieses bei ven Angaben van Vlotens, welche sich auf Java beschränken, weniger der Fall sein. — Frägt man, wie es doch noth¬ wendig, bei der Berechnung der Höhe des Arbeitslohnes nach dem Verhältniß der verrichteten Arbeit zu dem ausgezahlten Lohne, so wird man finden, daß das Arbeitslohn der Colonien höher ist, als in den Ländern des Runkelrüben¬ baues. Dr. Hespel dHarpenville berichtet, daß auf Euba von jedem Neger nicht mehr als 2300 Kilo Zucker producirt werden, und daß jeder Neger dem Pflanzer jährlich -130 si. kostet. Für Surinam veranschlagte der General van der Bosch die Zuckerproduktion jedes Negers auf 3300 Kilo, seine Unterhaltungskosten auf 110 se., welche' letzteren aber auf 330 zu erhöhen sind, weil nur '/g der Plantagenneger auf das Feld geht. Sogar in Java ist der Lohn nicht so sehr niedrig, da der Javane zwar nur 36 si. erhält, aber auch' nur Vs von der Arbeit eines Negers in Surinam verrichtet, also in der Wirklichkeit dem Pflan¬ zer 180 si. kostet. Vergleichen wir also die factischen Löhne von 36 si. mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/506>, abgerufen am 29.06.2024.