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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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Wenn ein solcher Vorgang zur Ausführung kommen sollte, so würde selbst¬
redend die schwere Bagage zu Wasser (aus der Flotte) transportirt werden müssen.
In dieser Beziehung ist es nur auffällig, daß mau weder in Frankreich noch
England bis dahin Maßregeln getroffen hat, um eine für das Transportbcdürfuiß
ausreichende Anzahl kleiner Dampfer nach dem schwarzen Meere zu semper. Die¬
selben werden noch ungleich unentbehrlicher.aus der Linie über Eupatoria gegen
Perekop sein. Auch hier wird man sich auf den Landtransport für schweres Ge¬
schütz, Material und Lebensmittel nicht einlassen; man wird muthmaßlich beim
weiteren Vorrücken auf verschiedenen Küstenpunkten Magazine errichten und von
hier aus den mehr landeinwärts marschirenden Flügel verpflegen. Letztes Ziel
der Operationen ist selbstredend Arabat Kertsch einerseits, und andererseits Pcrokop
in Besitz zu nehmen. Ist Sebastopol bis dahin nicht gefallen, so wird mindestens
dieses Ereignis? alsdann mit Ruhe abgewartet werden können, denn es ist unaus¬
bleiblich und muß eher oder später eintreten.

Dieser Doppclopcratiou in zwei verschiedenen Richtungen scheint die Ein-
theilung der französischen Armee in zwei große Massen, unter Pelissier und Bosquet
zu entsprechen. Es ist mögljch, daß die Dispositionen, welche in Paris, festgestellt
wurden, diesen beiden Armeecorps die Action im freien Felde und dagegen den
Engländern und Sardiniern es zuweisen, Sebastopol inzwischen eingeschlossen
zu halten.

Wie man sich nun aber auch die Lösung, die zu Ende kommenden Monats
oder Anfangs April angestrebt werden wird, denken mag: gewiß ist es, daß, bevor
man den einen oder den anderen Weg zu deu bezeichneten Zielen einschlagen kann,
man eine Feldschlacht in der' Umgegend von Sebastopol selbst oder zwischen
Baktschi Serai und Simservpol suchen muß. In keinem Fall kann man vorrücken,
bevor mau die Armee unter Mcnschikoff aus seiner Flanke hinausgeworfen und
zum Weichen gebracht hat.

Ich will hier noch schließlich einer Möglichkeit gedenken. Wenn man durch
einen Handstreich sich Feodoflas bemächtigte und sich hier in der Weise festsetzte,
wie dies bei Eupatoria geschehen ist, wird eS möglich, unter Voraussetzung, daß im
voraus bedeutende Magazine aus beiden Punkten etablirt würden, das eine der er¬
wähnten Armeecorps hierhin (nach Eupatoria), das andere dorthin (nach Feodosia)
ub e'rzuschiffen. Mcnschikoff möchte alsdann mit seinen hunderttausend Mann bei
Baktschi Serai verbleiben. Erreichte man von Feodosia aus Arabat und Kertsch
eher wie er, und von Eupatoria früher Perekop: dann wäre er abgeschnitten und
,es stünde letztlich die Kapitulation einer russischen Armee in Aussicht, wie seither
überhaupt von solcher Stärke noch nie ein Heer zur Streckung der Waffen ge¬
zwungen wurde.

Ju welcher Weise mit einer auf ein so großes Ziel hingewendeten Krieg-
sührungsmcthvde der Verbündeten der östreichische Operationsplan vereinigt werden
könnte: darüber habe ich mich in einem meiner Decemberbricfe bereits des Wei¬
teren gegen Sie ausgesprochen, indem ich landwärts Perekop als Zielpunkt des
Vorganges einer k. k. Armee hinstellte. Das Obige hier nur beiläufig. In einem
spätern Artikel hoffe ich Muße zu finden, ans deu hochwichtigen Gegenstand im
Näheren eingehen zu können.


Wenn ein solcher Vorgang zur Ausführung kommen sollte, so würde selbst¬
redend die schwere Bagage zu Wasser (aus der Flotte) transportirt werden müssen.
In dieser Beziehung ist es nur auffällig, daß mau weder in Frankreich noch
England bis dahin Maßregeln getroffen hat, um eine für das Transportbcdürfuiß
ausreichende Anzahl kleiner Dampfer nach dem schwarzen Meere zu semper. Die¬
selben werden noch ungleich unentbehrlicher.aus der Linie über Eupatoria gegen
Perekop sein. Auch hier wird man sich auf den Landtransport für schweres Ge¬
schütz, Material und Lebensmittel nicht einlassen; man wird muthmaßlich beim
weiteren Vorrücken auf verschiedenen Küstenpunkten Magazine errichten und von
hier aus den mehr landeinwärts marschirenden Flügel verpflegen. Letztes Ziel
der Operationen ist selbstredend Arabat Kertsch einerseits, und andererseits Pcrokop
in Besitz zu nehmen. Ist Sebastopol bis dahin nicht gefallen, so wird mindestens
dieses Ereignis? alsdann mit Ruhe abgewartet werden können, denn es ist unaus¬
bleiblich und muß eher oder später eintreten.

Dieser Doppclopcratiou in zwei verschiedenen Richtungen scheint die Ein-
theilung der französischen Armee in zwei große Massen, unter Pelissier und Bosquet
zu entsprechen. Es ist mögljch, daß die Dispositionen, welche in Paris, festgestellt
wurden, diesen beiden Armeecorps die Action im freien Felde und dagegen den
Engländern und Sardiniern es zuweisen, Sebastopol inzwischen eingeschlossen
zu halten.

Wie man sich nun aber auch die Lösung, die zu Ende kommenden Monats
oder Anfangs April angestrebt werden wird, denken mag: gewiß ist es, daß, bevor
man den einen oder den anderen Weg zu deu bezeichneten Zielen einschlagen kann,
man eine Feldschlacht in der' Umgegend von Sebastopol selbst oder zwischen
Baktschi Serai und Simservpol suchen muß. In keinem Fall kann man vorrücken,
bevor mau die Armee unter Mcnschikoff aus seiner Flanke hinausgeworfen und
zum Weichen gebracht hat.

Ich will hier noch schließlich einer Möglichkeit gedenken. Wenn man durch
einen Handstreich sich Feodoflas bemächtigte und sich hier in der Weise festsetzte,
wie dies bei Eupatoria geschehen ist, wird eS möglich, unter Voraussetzung, daß im
voraus bedeutende Magazine aus beiden Punkten etablirt würden, das eine der er¬
wähnten Armeecorps hierhin (nach Eupatoria), das andere dorthin (nach Feodosia)
ub e'rzuschiffen. Mcnschikoff möchte alsdann mit seinen hunderttausend Mann bei
Baktschi Serai verbleiben. Erreichte man von Feodosia aus Arabat und Kertsch
eher wie er, und von Eupatoria früher Perekop: dann wäre er abgeschnitten und
,es stünde letztlich die Kapitulation einer russischen Armee in Aussicht, wie seither
überhaupt von solcher Stärke noch nie ein Heer zur Streckung der Waffen ge¬
zwungen wurde.

Ju welcher Weise mit einer auf ein so großes Ziel hingewendeten Krieg-
sührungsmcthvde der Verbündeten der östreichische Operationsplan vereinigt werden
könnte: darüber habe ich mich in einem meiner Decemberbricfe bereits des Wei¬
teren gegen Sie ausgesprochen, indem ich landwärts Perekop als Zielpunkt des
Vorganges einer k. k. Armee hinstellte. Das Obige hier nur beiläufig. In einem
spätern Artikel hoffe ich Muße zu finden, ans deu hochwichtigen Gegenstand im
Näheren eingehen zu können.


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[0445] Wenn ein solcher Vorgang zur Ausführung kommen sollte, so würde selbst¬ redend die schwere Bagage zu Wasser (aus der Flotte) transportirt werden müssen. In dieser Beziehung ist es nur auffällig, daß mau weder in Frankreich noch England bis dahin Maßregeln getroffen hat, um eine für das Transportbcdürfuiß ausreichende Anzahl kleiner Dampfer nach dem schwarzen Meere zu semper. Die¬ selben werden noch ungleich unentbehrlicher.aus der Linie über Eupatoria gegen Perekop sein. Auch hier wird man sich auf den Landtransport für schweres Ge¬ schütz, Material und Lebensmittel nicht einlassen; man wird muthmaßlich beim weiteren Vorrücken auf verschiedenen Küstenpunkten Magazine errichten und von hier aus den mehr landeinwärts marschirenden Flügel verpflegen. Letztes Ziel der Operationen ist selbstredend Arabat Kertsch einerseits, und andererseits Pcrokop in Besitz zu nehmen. Ist Sebastopol bis dahin nicht gefallen, so wird mindestens dieses Ereignis? alsdann mit Ruhe abgewartet werden können, denn es ist unaus¬ bleiblich und muß eher oder später eintreten. Dieser Doppclopcratiou in zwei verschiedenen Richtungen scheint die Ein- theilung der französischen Armee in zwei große Massen, unter Pelissier und Bosquet zu entsprechen. Es ist mögljch, daß die Dispositionen, welche in Paris, festgestellt wurden, diesen beiden Armeecorps die Action im freien Felde und dagegen den Engländern und Sardiniern es zuweisen, Sebastopol inzwischen eingeschlossen zu halten. Wie man sich nun aber auch die Lösung, die zu Ende kommenden Monats oder Anfangs April angestrebt werden wird, denken mag: gewiß ist es, daß, bevor man den einen oder den anderen Weg zu deu bezeichneten Zielen einschlagen kann, man eine Feldschlacht in der' Umgegend von Sebastopol selbst oder zwischen Baktschi Serai und Simservpol suchen muß. In keinem Fall kann man vorrücken, bevor mau die Armee unter Mcnschikoff aus seiner Flanke hinausgeworfen und zum Weichen gebracht hat. Ich will hier noch schließlich einer Möglichkeit gedenken. Wenn man durch einen Handstreich sich Feodoflas bemächtigte und sich hier in der Weise festsetzte, wie dies bei Eupatoria geschehen ist, wird eS möglich, unter Voraussetzung, daß im voraus bedeutende Magazine aus beiden Punkten etablirt würden, das eine der er¬ wähnten Armeecorps hierhin (nach Eupatoria), das andere dorthin (nach Feodosia) ub e'rzuschiffen. Mcnschikoff möchte alsdann mit seinen hunderttausend Mann bei Baktschi Serai verbleiben. Erreichte man von Feodosia aus Arabat und Kertsch eher wie er, und von Eupatoria früher Perekop: dann wäre er abgeschnitten und ,es stünde letztlich die Kapitulation einer russischen Armee in Aussicht, wie seither überhaupt von solcher Stärke noch nie ein Heer zur Streckung der Waffen ge¬ zwungen wurde. Ju welcher Weise mit einer auf ein so großes Ziel hingewendeten Krieg- sührungsmcthvde der Verbündeten der östreichische Operationsplan vereinigt werden könnte: darüber habe ich mich in einem meiner Decemberbricfe bereits des Wei¬ teren gegen Sie ausgesprochen, indem ich landwärts Perekop als Zielpunkt des Vorganges einer k. k. Armee hinstellte. Das Obige hier nur beiläufig. In einem spätern Artikel hoffe ich Muße zu finden, ans deu hochwichtigen Gegenstand im Näheren eingehen zu können.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/445>, abgerufen am 26.06.2024.