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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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Diese ungemeine Blüte kommt von der völligen Freiheit, welche England
der Heringsfischerei läßt, von der Freiheit, Zeit und Ort des Fischens zu wäh¬
len und den Fang sofort auf fremde Märkte zu bringen, während der hollän¬
dische Fischer mit ihm erst in die Heimat zurückkehren muß; von der völligen
Freiheit endlich in der Zubereitung des Fisches. Es besteht nur eine Art
Regierungsaufsicht in England, indem Negierungscommissäre auf das Brennen
der Fässer und das gehörige Einpacken der Heringe achten; Mac Culloch (com-
meioial auctior-ri v s. v. Ireri-liix) mißbilligt aber auch diese, den Fischereibetrieb
doch keineswegs hindernde Maßregel als eine unnütze Einmischung der Ne¬
gierung.

England überläßt den Niederländern gern den Ruhm, den besten Hering
zu liefern, wenn es nur die meisten'absetzt. So führten die Niederländer -1850
in Stettin 568, die Engländer 116,538 Fäßchen schottischen Herings ein; der
niederländische.war zwar bei weitem der beste, aber unter welchen Opfern! 1849
wurden in Hamburg eingeführt 34,101 Fässer englische und 2387 holländische
Heringe, von denen die ersten einen Werth von 690,970, die zweiten von
49,150 M. B. hatten.

Belgien hat den Weg der englischen Freiheit betreten und infolge dessen
in wenigen Jahren seine HeringSflotte von 30 33 auf -110 -- -120 Büisen
gebracht.

Am lehrreichsten über die enorme Zunahme des englischen Heringshandels
im Vergleich zu dem niederländischen sind die eignen officiellen niederländischen
Tabellen über die Ausfuhr von Heringen nach dem Zollvereine, welcher noch
immer der Hauptabsatzmarkt des niederländischen HeringShandels ist.

Die niederländische Ausfuhr von Heringen betrug 1846 einen Werth von
-1-13,744 si.; 1847 einen von -108,379 si.; 1848 einen von -119,6-16 si.; -1849
einen von 133,904 si.

1846 führte England, via Holland, an Heringen nach dem Zollverein
nur noch für 57,870 si., 1847 für -108,37V si., 1848 für 132,500 und 1849
für 139,-168 si. aus.

Noch ein Beispiel der verderblichen Wirkung der RegierungSsorge!

Art. 35 verbietet das Fischen des Herings zwischen den Sandbänken und
Felsen von Norwegen, wahrscheinlich um Möglichst viel althvlländische Pekel-
heringe zu erhalten. Nun halten aber die holländischen Kaufleute es für ein
sehr vortheilhaftes Geschäft, ihre Getreideschiffe, die meistens in Ballast nach
Rußland gehen, in Bergen norwegischen Hering aufkaufen zu lassen, um den¬
selben nach Nußland zu verkaufen; so kamen in den zehn ersten Wochen nach
der Eröffnung der Schiffahrt im Jahre 1861 von Bergen und Stavanger zu
Petersburg dreißig, zu Narwa neun und zu Riga siebenunddreißig mit Hering
beladene Schiffe an, und die meisten unter holländischer Flagge. Könnte" nun


Diese ungemeine Blüte kommt von der völligen Freiheit, welche England
der Heringsfischerei läßt, von der Freiheit, Zeit und Ort des Fischens zu wäh¬
len und den Fang sofort auf fremde Märkte zu bringen, während der hollän¬
dische Fischer mit ihm erst in die Heimat zurückkehren muß; von der völligen
Freiheit endlich in der Zubereitung des Fisches. Es besteht nur eine Art
Regierungsaufsicht in England, indem Negierungscommissäre auf das Brennen
der Fässer und das gehörige Einpacken der Heringe achten; Mac Culloch (com-
meioial auctior-ri v s. v. Ireri-liix) mißbilligt aber auch diese, den Fischereibetrieb
doch keineswegs hindernde Maßregel als eine unnütze Einmischung der Ne¬
gierung.

England überläßt den Niederländern gern den Ruhm, den besten Hering
zu liefern, wenn es nur die meisten'absetzt. So führten die Niederländer -1850
in Stettin 568, die Engländer 116,538 Fäßchen schottischen Herings ein; der
niederländische.war zwar bei weitem der beste, aber unter welchen Opfern! 1849
wurden in Hamburg eingeführt 34,101 Fässer englische und 2387 holländische
Heringe, von denen die ersten einen Werth von 690,970, die zweiten von
49,150 M. B. hatten.

Belgien hat den Weg der englischen Freiheit betreten und infolge dessen
in wenigen Jahren seine HeringSflotte von 30 33 auf -110 — -120 Büisen
gebracht.

Am lehrreichsten über die enorme Zunahme des englischen Heringshandels
im Vergleich zu dem niederländischen sind die eignen officiellen niederländischen
Tabellen über die Ausfuhr von Heringen nach dem Zollvereine, welcher noch
immer der Hauptabsatzmarkt des niederländischen HeringShandels ist.

Die niederländische Ausfuhr von Heringen betrug 1846 einen Werth von
-1-13,744 si.; 1847 einen von -108,379 si.; 1848 einen von -119,6-16 si.; -1849
einen von 133,904 si.

1846 führte England, via Holland, an Heringen nach dem Zollverein
nur noch für 57,870 si., 1847 für -108,37V si., 1848 für 132,500 und 1849
für 139,-168 si. aus.

Noch ein Beispiel der verderblichen Wirkung der RegierungSsorge!

Art. 35 verbietet das Fischen des Herings zwischen den Sandbänken und
Felsen von Norwegen, wahrscheinlich um Möglichst viel althvlländische Pekel-
heringe zu erhalten. Nun halten aber die holländischen Kaufleute es für ein
sehr vortheilhaftes Geschäft, ihre Getreideschiffe, die meistens in Ballast nach
Rußland gehen, in Bergen norwegischen Hering aufkaufen zu lassen, um den¬
selben nach Nußland zu verkaufen; so kamen in den zehn ersten Wochen nach
der Eröffnung der Schiffahrt im Jahre 1861 von Bergen und Stavanger zu
Petersburg dreißig, zu Narwa neun und zu Riga siebenunddreißig mit Hering
beladene Schiffe an, und die meisten unter holländischer Flagge. Könnte» nun


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[0386] Diese ungemeine Blüte kommt von der völligen Freiheit, welche England der Heringsfischerei läßt, von der Freiheit, Zeit und Ort des Fischens zu wäh¬ len und den Fang sofort auf fremde Märkte zu bringen, während der hollän¬ dische Fischer mit ihm erst in die Heimat zurückkehren muß; von der völligen Freiheit endlich in der Zubereitung des Fisches. Es besteht nur eine Art Regierungsaufsicht in England, indem Negierungscommissäre auf das Brennen der Fässer und das gehörige Einpacken der Heringe achten; Mac Culloch (com- meioial auctior-ri v s. v. Ireri-liix) mißbilligt aber auch diese, den Fischereibetrieb doch keineswegs hindernde Maßregel als eine unnütze Einmischung der Ne¬ gierung. England überläßt den Niederländern gern den Ruhm, den besten Hering zu liefern, wenn es nur die meisten'absetzt. So führten die Niederländer -1850 in Stettin 568, die Engländer 116,538 Fäßchen schottischen Herings ein; der niederländische.war zwar bei weitem der beste, aber unter welchen Opfern! 1849 wurden in Hamburg eingeführt 34,101 Fässer englische und 2387 holländische Heringe, von denen die ersten einen Werth von 690,970, die zweiten von 49,150 M. B. hatten. Belgien hat den Weg der englischen Freiheit betreten und infolge dessen in wenigen Jahren seine HeringSflotte von 30 33 auf -110 — -120 Büisen gebracht. Am lehrreichsten über die enorme Zunahme des englischen Heringshandels im Vergleich zu dem niederländischen sind die eignen officiellen niederländischen Tabellen über die Ausfuhr von Heringen nach dem Zollvereine, welcher noch immer der Hauptabsatzmarkt des niederländischen HeringShandels ist. Die niederländische Ausfuhr von Heringen betrug 1846 einen Werth von -1-13,744 si.; 1847 einen von -108,379 si.; 1848 einen von -119,6-16 si.; -1849 einen von 133,904 si. 1846 führte England, via Holland, an Heringen nach dem Zollverein nur noch für 57,870 si., 1847 für -108,37V si., 1848 für 132,500 und 1849 für 139,-168 si. aus. Noch ein Beispiel der verderblichen Wirkung der RegierungSsorge! Art. 35 verbietet das Fischen des Herings zwischen den Sandbänken und Felsen von Norwegen, wahrscheinlich um Möglichst viel althvlländische Pekel- heringe zu erhalten. Nun halten aber die holländischen Kaufleute es für ein sehr vortheilhaftes Geschäft, ihre Getreideschiffe, die meistens in Ballast nach Rußland gehen, in Bergen norwegischen Hering aufkaufen zu lassen, um den¬ selben nach Nußland zu verkaufen; so kamen in den zehn ersten Wochen nach der Eröffnung der Schiffahrt im Jahre 1861 von Bergen und Stavanger zu Petersburg dreißig, zu Narwa neun und zu Riga siebenunddreißig mit Hering beladene Schiffe an, und die meisten unter holländischer Flagge. Könnte» nun

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/386>, abgerufen am 26.06.2024.