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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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socialistische Versuche verschwendete. Seine projectirte Maschine, Schriften zu
gießen, hat ein großes Capital verschlungen.

Jeanne machte den Anfang der später von der Dichterin mit so vieler Vorliebe
behandelten Dorfgeschichten. Aber Georges Sand wagte es damals noch nicht,
die Dorfbewohner allein auftreten zu lassen, sie hielt die Berührung mit Städtern
und Mitgliedern der privilegirten Gesellschaft noch für nöthig und sah sich darum
auch genöthigt, Jeanne durch eine Art krankhaften Prophetenthums auf die
Höhe der andern Helden aus der gebildeten Welt zu bringen. Sie machte eine-
Art von bescheidener Jeanne dArc aus ihr, die für die Rettung der heutigen Ge¬
sellschaft vom Elende das Gelübde der Keuschheit abgelegt, wie die Jungfrau
von Orleans, um ihr Vaterland aus fremdem Joche zu befreien.

Horace wurde von der Revue deö deur mondes zurückgewiesen, wahrschein¬
lich als zu demokratisch. Das führte einen Bruch mit Buloz herbei und Georges
Sand gab mit Pierre Leroux die Revue independante heraus und in dieser Re¬
vue erschien auch Consuelo.

Dieses Werk ist vielleicht veranlaßt durch die bändereichen Feuilletonromane
von Sue u. s. w. Eigentlich dehnte ihn blos der Erfolg so aus, den dieser
Roman gefunden. Georges Sand freute sich selbst an ihren Helden und sie
blieb mit ihnen solange sie konnte. Sie gesteht ihren Freunden oft, daß sie
stets ein Gefühl der Trauer überkomme, wenn sie einen Roman zu Ende ge¬
schrieben hat, die Romanfiguren sind ihre Freunde geworden und es thut ihr
weh, sich von ihnen zu trennen. Auf Consuelo hielt sie besonders viel und
sie hat ihn erst vor kurzem wieder lesend als einen ihrer liebsten Romane be¬
zeichnet.

Georges Sand ist der Revue länger treugeblieben^ als ihr Prophet und sie
hat die Wiedergeburt in der Menschheit, das Lieblingsthema des Mei¬
sters, in der Form des Romans noch nach seinem Ausscheiden darin behandelt.

Die erste größere Dorfgeschichte erschien im Journal des Debats. Es
ist israncois w edampl und dessen Veröffentlichung wurde durch die Februar¬
revolution unterbrochen. Das Ende erschien erst viele Wochen nach der Revo¬
lution. So großes Aufsehen auch dieser Roman zu Anfang seines Erscheinens
gemacht hatte, so unbeachtet ging der Schluß am Publicum vorüber '-- da¬
mals beschäftigte ein andrer Roman die Welt -- es war der Roman der Frei¬
heit und der Held war ganz Europa.--Georges Sand gewann diese Dorf-
schilderungen immer lieber und dem Champi folgten Mite I^äLw;, dieses
Meisterstück von Stillleben, wie nie ein niederländischer Maler es vollendeter
ausgeführt hätte, les inneres sunnsurs, dieser interessante Dvrfroman. I>a
Mleul, dann Jo UMe-,in ass ävsc:rio8 führe ich einfach an, aber ich kenne sie nicht.

Die dramatische Laufbahn hat Georges Sand seit dem argen und verdienten
Fiasko, das Cosima aus dem Theatre frau^als machte, erst nach der Februar-


socialistische Versuche verschwendete. Seine projectirte Maschine, Schriften zu
gießen, hat ein großes Capital verschlungen.

Jeanne machte den Anfang der später von der Dichterin mit so vieler Vorliebe
behandelten Dorfgeschichten. Aber Georges Sand wagte es damals noch nicht,
die Dorfbewohner allein auftreten zu lassen, sie hielt die Berührung mit Städtern
und Mitgliedern der privilegirten Gesellschaft noch für nöthig und sah sich darum
auch genöthigt, Jeanne durch eine Art krankhaften Prophetenthums auf die
Höhe der andern Helden aus der gebildeten Welt zu bringen. Sie machte eine-
Art von bescheidener Jeanne dArc aus ihr, die für die Rettung der heutigen Ge¬
sellschaft vom Elende das Gelübde der Keuschheit abgelegt, wie die Jungfrau
von Orleans, um ihr Vaterland aus fremdem Joche zu befreien.

Horace wurde von der Revue deö deur mondes zurückgewiesen, wahrschein¬
lich als zu demokratisch. Das führte einen Bruch mit Buloz herbei und Georges
Sand gab mit Pierre Leroux die Revue independante heraus und in dieser Re¬
vue erschien auch Consuelo.

Dieses Werk ist vielleicht veranlaßt durch die bändereichen Feuilletonromane
von Sue u. s. w. Eigentlich dehnte ihn blos der Erfolg so aus, den dieser
Roman gefunden. Georges Sand freute sich selbst an ihren Helden und sie
blieb mit ihnen solange sie konnte. Sie gesteht ihren Freunden oft, daß sie
stets ein Gefühl der Trauer überkomme, wenn sie einen Roman zu Ende ge¬
schrieben hat, die Romanfiguren sind ihre Freunde geworden und es thut ihr
weh, sich von ihnen zu trennen. Auf Consuelo hielt sie besonders viel und
sie hat ihn erst vor kurzem wieder lesend als einen ihrer liebsten Romane be¬
zeichnet.

Georges Sand ist der Revue länger treugeblieben^ als ihr Prophet und sie
hat die Wiedergeburt in der Menschheit, das Lieblingsthema des Mei¬
sters, in der Form des Romans noch nach seinem Ausscheiden darin behandelt.

Die erste größere Dorfgeschichte erschien im Journal des Debats. Es
ist israncois w edampl und dessen Veröffentlichung wurde durch die Februar¬
revolution unterbrochen. Das Ende erschien erst viele Wochen nach der Revo¬
lution. So großes Aufsehen auch dieser Roman zu Anfang seines Erscheinens
gemacht hatte, so unbeachtet ging der Schluß am Publicum vorüber '— da¬
mals beschäftigte ein andrer Roman die Welt — es war der Roman der Frei¬
heit und der Held war ganz Europa.--Georges Sand gewann diese Dorf-
schilderungen immer lieber und dem Champi folgten Mite I^äLw;, dieses
Meisterstück von Stillleben, wie nie ein niederländischer Maler es vollendeter
ausgeführt hätte, les inneres sunnsurs, dieser interessante Dvrfroman. I>a
Mleul, dann Jo UMe-,in ass ävsc:rio8 führe ich einfach an, aber ich kenne sie nicht.

Die dramatische Laufbahn hat Georges Sand seit dem argen und verdienten
Fiasko, das Cosima aus dem Theatre frau^als machte, erst nach der Februar-


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[0264] socialistische Versuche verschwendete. Seine projectirte Maschine, Schriften zu gießen, hat ein großes Capital verschlungen. Jeanne machte den Anfang der später von der Dichterin mit so vieler Vorliebe behandelten Dorfgeschichten. Aber Georges Sand wagte es damals noch nicht, die Dorfbewohner allein auftreten zu lassen, sie hielt die Berührung mit Städtern und Mitgliedern der privilegirten Gesellschaft noch für nöthig und sah sich darum auch genöthigt, Jeanne durch eine Art krankhaften Prophetenthums auf die Höhe der andern Helden aus der gebildeten Welt zu bringen. Sie machte eine- Art von bescheidener Jeanne dArc aus ihr, die für die Rettung der heutigen Ge¬ sellschaft vom Elende das Gelübde der Keuschheit abgelegt, wie die Jungfrau von Orleans, um ihr Vaterland aus fremdem Joche zu befreien. Horace wurde von der Revue deö deur mondes zurückgewiesen, wahrschein¬ lich als zu demokratisch. Das führte einen Bruch mit Buloz herbei und Georges Sand gab mit Pierre Leroux die Revue independante heraus und in dieser Re¬ vue erschien auch Consuelo. Dieses Werk ist vielleicht veranlaßt durch die bändereichen Feuilletonromane von Sue u. s. w. Eigentlich dehnte ihn blos der Erfolg so aus, den dieser Roman gefunden. Georges Sand freute sich selbst an ihren Helden und sie blieb mit ihnen solange sie konnte. Sie gesteht ihren Freunden oft, daß sie stets ein Gefühl der Trauer überkomme, wenn sie einen Roman zu Ende ge¬ schrieben hat, die Romanfiguren sind ihre Freunde geworden und es thut ihr weh, sich von ihnen zu trennen. Auf Consuelo hielt sie besonders viel und sie hat ihn erst vor kurzem wieder lesend als einen ihrer liebsten Romane be¬ zeichnet. Georges Sand ist der Revue länger treugeblieben^ als ihr Prophet und sie hat die Wiedergeburt in der Menschheit, das Lieblingsthema des Mei¬ sters, in der Form des Romans noch nach seinem Ausscheiden darin behandelt. Die erste größere Dorfgeschichte erschien im Journal des Debats. Es ist israncois w edampl und dessen Veröffentlichung wurde durch die Februar¬ revolution unterbrochen. Das Ende erschien erst viele Wochen nach der Revo¬ lution. So großes Aufsehen auch dieser Roman zu Anfang seines Erscheinens gemacht hatte, so unbeachtet ging der Schluß am Publicum vorüber '— da¬ mals beschäftigte ein andrer Roman die Welt — es war der Roman der Frei¬ heit und der Held war ganz Europa.--Georges Sand gewann diese Dorf- schilderungen immer lieber und dem Champi folgten Mite I^äLw;, dieses Meisterstück von Stillleben, wie nie ein niederländischer Maler es vollendeter ausgeführt hätte, les inneres sunnsurs, dieser interessante Dvrfroman. I>a Mleul, dann Jo UMe-,in ass ävsc:rio8 führe ich einfach an, aber ich kenne sie nicht. Die dramatische Laufbahn hat Georges Sand seit dem argen und verdienten Fiasko, das Cosima aus dem Theatre frau^als machte, erst nach der Februar-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/264>, abgerufen am 28.09.2024.