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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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fach und wenig zahlreich, am häufigsten roth, dann gelb, ein lebhaftes Blau
und Grün. Das farbige Glas verstand man nur einfarbig und durch und
durch gefärbt herzustellen, und man war gar nicht sicher, ob die Masse im
Ofen grade den Farbenton erhielt, welchen man wollte. Von Schmelzfarben,
die man auf die Glasstücke ausschmelzen oder einbrennen konnte, um gemischte
Farben herzustellen, besaß man damals nur das dunkelgraue Schwarzloth;
daher mußte jedes Bild aus ebensoviel Stücken zusammengesetzt werden, als
es verschiedene Farben enthielt, ja dieselbe Farbe oft aus mehren Glasstücken.
Durch eine Bleieinfassung fügte man Stück an Stück und folgte dabei meist
den gegebenen Umrissen der Zeichnung. Mit dem Schwarzloth zeichnete man
die seinen Umrisse ein, setzte dunkle Schatten und Inschriften auf. Zuweilen
gebrauchte man wol auch, zur Zeichnung und Schattirung durchscheinende Harz-
und Bernsteinfarben, welche auf der nicht eben glatten Fläche des Glases has¬
teten. Die Glasmaler waren in dieser Zeit meist Mönche, und waren sonst
noch Maler oder Glaser, oder beides zusammen. Diese Periode der Glas¬
malerei dauert bis, ungefähr in die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts.

Seit dieser Zeit aber machte die Technik der Glasmaler Fortschritte. Man
lernte buntes und farbloses Tafelglas in größern Flächen gießen, die man
dann beliebig zuschneiden konnte. Man erfand die Kunst, farbloses mit far¬
bigem Giuv in zwei Schichten zusammenzuschmelzen, und die Kunst, verschie¬
dene Schmelzfarben auf die Glasscheibe zu malen und durch Einbrennen zu
befestigen. Jetzt konnte man dieselbe Scheibe verschieden färben oder eine aus
zwei verschiedenen Platten zusammengeschmolzene durch Ausschleifen der einen
Farbe mit verschiedenem Licht versehen. Seit man so auf einer einzigen Tafel
eine reiche Mannigfaltigkeit von Farben spielen lassen konnte, wurde auch die
Zeichnung freier, die Bilder wurden reich an Figuren, die Umrisse kunstvoller;
hinter die Figuren malte man auch ihre Umgebung, sogar die Landschaft.
Das Aufblühen der Städte und die mächtige Entwicklung des Handels machte
es leichter, theure Glasfarben, besonders das kostbare Rubinglas aus der
Fremde, z. B. aus Venedig, zu beziehen, und die Glasmalerei ging aus den
Händen der Geistlichen in die der Bürger über. Die Glasmaler wurden zünf¬
tig, bald bei dieser, bald bei jener Zunft, gewöhnlich mit den Malern zusam¬
men. Aber jemehr sich die Technik ausbildete, destomehr trennte sie sich von
der verwandten der Maler, und während die Malerei einen hohen Aufschwung
nahm, wurde die Glasmalerei ein bloßes Handwerk, das mit deutschem Fleiß
und Geschick arbeitete, in großem Maßstabe schuf, aber an künstlerischer Einsicht
verlor. In der Regel arbeiteten die Glasmaler jetzt nach Zeichnungen, welche
ihnen die Maler verfertigten, und die Ausführung der Entwürfe geschah oft
ohne Verständniß, mit rücksichtsloser Anbringung von Blei und Eisen; die
Maler dagegen, welche die Skizzen entwarfen, nahmen häufig ebensowenig


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fach und wenig zahlreich, am häufigsten roth, dann gelb, ein lebhaftes Blau
und Grün. Das farbige Glas verstand man nur einfarbig und durch und
durch gefärbt herzustellen, und man war gar nicht sicher, ob die Masse im
Ofen grade den Farbenton erhielt, welchen man wollte. Von Schmelzfarben,
die man auf die Glasstücke ausschmelzen oder einbrennen konnte, um gemischte
Farben herzustellen, besaß man damals nur das dunkelgraue Schwarzloth;
daher mußte jedes Bild aus ebensoviel Stücken zusammengesetzt werden, als
es verschiedene Farben enthielt, ja dieselbe Farbe oft aus mehren Glasstücken.
Durch eine Bleieinfassung fügte man Stück an Stück und folgte dabei meist
den gegebenen Umrissen der Zeichnung. Mit dem Schwarzloth zeichnete man
die seinen Umrisse ein, setzte dunkle Schatten und Inschriften auf. Zuweilen
gebrauchte man wol auch, zur Zeichnung und Schattirung durchscheinende Harz-
und Bernsteinfarben, welche auf der nicht eben glatten Fläche des Glases has¬
teten. Die Glasmaler waren in dieser Zeit meist Mönche, und waren sonst
noch Maler oder Glaser, oder beides zusammen. Diese Periode der Glas¬
malerei dauert bis, ungefähr in die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts.

Seit dieser Zeit aber machte die Technik der Glasmaler Fortschritte. Man
lernte buntes und farbloses Tafelglas in größern Flächen gießen, die man
dann beliebig zuschneiden konnte. Man erfand die Kunst, farbloses mit far¬
bigem Giuv in zwei Schichten zusammenzuschmelzen, und die Kunst, verschie¬
dene Schmelzfarben auf die Glasscheibe zu malen und durch Einbrennen zu
befestigen. Jetzt konnte man dieselbe Scheibe verschieden färben oder eine aus
zwei verschiedenen Platten zusammengeschmolzene durch Ausschleifen der einen
Farbe mit verschiedenem Licht versehen. Seit man so auf einer einzigen Tafel
eine reiche Mannigfaltigkeit von Farben spielen lassen konnte, wurde auch die
Zeichnung freier, die Bilder wurden reich an Figuren, die Umrisse kunstvoller;
hinter die Figuren malte man auch ihre Umgebung, sogar die Landschaft.
Das Aufblühen der Städte und die mächtige Entwicklung des Handels machte
es leichter, theure Glasfarben, besonders das kostbare Rubinglas aus der
Fremde, z. B. aus Venedig, zu beziehen, und die Glasmalerei ging aus den
Händen der Geistlichen in die der Bürger über. Die Glasmaler wurden zünf¬
tig, bald bei dieser, bald bei jener Zunft, gewöhnlich mit den Malern zusam¬
men. Aber jemehr sich die Technik ausbildete, destomehr trennte sie sich von
der verwandten der Maler, und während die Malerei einen hohen Aufschwung
nahm, wurde die Glasmalerei ein bloßes Handwerk, das mit deutschem Fleiß
und Geschick arbeitete, in großem Maßstabe schuf, aber an künstlerischer Einsicht
verlor. In der Regel arbeiteten die Glasmaler jetzt nach Zeichnungen, welche
ihnen die Maler verfertigten, und die Ausführung der Entwürfe geschah oft
ohne Verständniß, mit rücksichtsloser Anbringung von Blei und Eisen; die
Maler dagegen, welche die Skizzen entwarfen, nahmen häufig ebensowenig


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[0291] fach und wenig zahlreich, am häufigsten roth, dann gelb, ein lebhaftes Blau und Grün. Das farbige Glas verstand man nur einfarbig und durch und durch gefärbt herzustellen, und man war gar nicht sicher, ob die Masse im Ofen grade den Farbenton erhielt, welchen man wollte. Von Schmelzfarben, die man auf die Glasstücke ausschmelzen oder einbrennen konnte, um gemischte Farben herzustellen, besaß man damals nur das dunkelgraue Schwarzloth; daher mußte jedes Bild aus ebensoviel Stücken zusammengesetzt werden, als es verschiedene Farben enthielt, ja dieselbe Farbe oft aus mehren Glasstücken. Durch eine Bleieinfassung fügte man Stück an Stück und folgte dabei meist den gegebenen Umrissen der Zeichnung. Mit dem Schwarzloth zeichnete man die seinen Umrisse ein, setzte dunkle Schatten und Inschriften auf. Zuweilen gebrauchte man wol auch, zur Zeichnung und Schattirung durchscheinende Harz- und Bernsteinfarben, welche auf der nicht eben glatten Fläche des Glases has¬ teten. Die Glasmaler waren in dieser Zeit meist Mönche, und waren sonst noch Maler oder Glaser, oder beides zusammen. Diese Periode der Glas¬ malerei dauert bis, ungefähr in die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. Seit dieser Zeit aber machte die Technik der Glasmaler Fortschritte. Man lernte buntes und farbloses Tafelglas in größern Flächen gießen, die man dann beliebig zuschneiden konnte. Man erfand die Kunst, farbloses mit far¬ bigem Giuv in zwei Schichten zusammenzuschmelzen, und die Kunst, verschie¬ dene Schmelzfarben auf die Glasscheibe zu malen und durch Einbrennen zu befestigen. Jetzt konnte man dieselbe Scheibe verschieden färben oder eine aus zwei verschiedenen Platten zusammengeschmolzene durch Ausschleifen der einen Farbe mit verschiedenem Licht versehen. Seit man so auf einer einzigen Tafel eine reiche Mannigfaltigkeit von Farben spielen lassen konnte, wurde auch die Zeichnung freier, die Bilder wurden reich an Figuren, die Umrisse kunstvoller; hinter die Figuren malte man auch ihre Umgebung, sogar die Landschaft. Das Aufblühen der Städte und die mächtige Entwicklung des Handels machte es leichter, theure Glasfarben, besonders das kostbare Rubinglas aus der Fremde, z. B. aus Venedig, zu beziehen, und die Glasmalerei ging aus den Händen der Geistlichen in die der Bürger über. Die Glasmaler wurden zünf¬ tig, bald bei dieser, bald bei jener Zunft, gewöhnlich mit den Malern zusam¬ men. Aber jemehr sich die Technik ausbildete, destomehr trennte sie sich von der verwandten der Maler, und während die Malerei einen hohen Aufschwung nahm, wurde die Glasmalerei ein bloßes Handwerk, das mit deutschem Fleiß und Geschick arbeitete, in großem Maßstabe schuf, aber an künstlerischer Einsicht verlor. In der Regel arbeiteten die Glasmaler jetzt nach Zeichnungen, welche ihnen die Maler verfertigten, und die Ausführung der Entwürfe geschah oft ohne Verständniß, mit rücksichtsloser Anbringung von Blei und Eisen; die Maler dagegen, welche die Skizzen entwarfen, nahmen häufig ebensowenig 36*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/291>, abgerufen am 23.07.2024.