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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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geht und viel durchgreifendere politische Reformen nöthig sind, Preußen sein altes
Recht in der Geschichte wiederzugeben, als wir es bisher angenommen haben.
Mit einem patriotischen Adel, mochte er mich noch so hochmüthig auf uns herab¬
sehen, mochten seine Interessen noch so weit von den unsrigen auseinandergehen,
konnten wir hoffen, uns endlich zu verständigen. Aber mit einem Adel, der sich
von seinen doclrinäre" Führern so verblenden läßt, daß er den russischen In¬
teressen gegen Preußen dient, ist eine Verständigung unmöglich. --

Wir fügen dieser Broschüre eine zweite hinzu:

Der russisch-türkische Kriegsschauplatz, topographisch-strategisch beleuchtet, mit
topographischer Karte, Wien, WalliShcmscr. --

Die Auseinandersetzn"", dieser kleinen Schrift ist sachgemäß, einfach und be-
guem und kann Zeitungülesern als Handbuch empfohlen werde".




Pariser V rie f.

Endlich nach langem Zaudern, nach unfruchtbaren Hin- und Her-
diplvmatifireu sind wir dorthin gekommen, wo wir schon vor drei Monaten
sein mußten, wenn die Großmächte nicht ihr point d'honneur darein gesetzt
hätten, Rußland ans jedem Wege zu überweisen, daß die Schuld an dem
Kriege, der un" ausgebrochen, einzig und allein Rußland beizumessen ist. Was
damit für die Sache, welche Frankreich und England vertheidige", gewonnen wor¬
den, ist nicht abzusehen. Vor der Hand finde" wir die Rossen an der Donau
aufgehäuft, den schwierigen, Uebergang dieses Flusses bezwungen, die Russen auf
dem Marsche nach dem Balkan, während die französisch-englischen Truppe" zum
Theil kaum Europa verlassen haben. Der neue Kriegsminister hat seine Ver¬
antwortlichkeit gedeckt, indem er den unvorbereiteter Zustand der vorhergegangene"
Verwaltung j>, den Schuh geschoben, aber Se. Arnaud hat seinen Nachfolger, den
Marschall Vaillant zum Kaiser geführt, und ihm von diesem selbst sage" lassen,
wie es Louis Napoleon gewesen, von dem die vom Kriegsminister dringend vorge¬
schlagenen VorbereitungSmaßregeln vertagt worden waren bis ans den letzten
Augenblick, wo man Flotten und Transportmittel improvisirt wissen möchte. Also
der Kaiser muß lauge auf die Möglichkeit des Friedens gehofft haben, oder es
lag eine andere Absicht in dieser planmäßigen Verzögerung, welche den Eng¬
ländern im baltischen wie im schwarzen Meere den Vorsprung läßt. Wir wolle"
versuchen/ nach aus guten Quellen gemachten Erhebungen anzudeuten, was in
den hohen Regionen vorgegangen und was das Bedächtige in der Politik der
hiesigen Regierung zu erklären im Stande wäre. Bei Beurtheilung der bona-
partistischen Politik dem Auslande gegenüber müssen zwei Gesichtspunkte festgehalten


geht und viel durchgreifendere politische Reformen nöthig sind, Preußen sein altes
Recht in der Geschichte wiederzugeben, als wir es bisher angenommen haben.
Mit einem patriotischen Adel, mochte er mich noch so hochmüthig auf uns herab¬
sehen, mochten seine Interessen noch so weit von den unsrigen auseinandergehen,
konnten wir hoffen, uns endlich zu verständigen. Aber mit einem Adel, der sich
von seinen doclrinäre» Führern so verblenden läßt, daß er den russischen In¬
teressen gegen Preußen dient, ist eine Verständigung unmöglich. —

Wir fügen dieser Broschüre eine zweite hinzu:

Der russisch-türkische Kriegsschauplatz, topographisch-strategisch beleuchtet, mit
topographischer Karte, Wien, WalliShcmscr. —

Die Auseinandersetzn»«, dieser kleinen Schrift ist sachgemäß, einfach und be-
guem und kann Zeitungülesern als Handbuch empfohlen werde».




Pariser V rie f.

Endlich nach langem Zaudern, nach unfruchtbaren Hin- und Her-
diplvmatifireu sind wir dorthin gekommen, wo wir schon vor drei Monaten
sein mußten, wenn die Großmächte nicht ihr point d'honneur darein gesetzt
hätten, Rußland ans jedem Wege zu überweisen, daß die Schuld an dem
Kriege, der un» ausgebrochen, einzig und allein Rußland beizumessen ist. Was
damit für die Sache, welche Frankreich und England vertheidige», gewonnen wor¬
den, ist nicht abzusehen. Vor der Hand finde» wir die Rossen an der Donau
aufgehäuft, den schwierigen, Uebergang dieses Flusses bezwungen, die Russen auf
dem Marsche nach dem Balkan, während die französisch-englischen Truppe» zum
Theil kaum Europa verlassen haben. Der neue Kriegsminister hat seine Ver¬
antwortlichkeit gedeckt, indem er den unvorbereiteter Zustand der vorhergegangene»
Verwaltung j>, den Schuh geschoben, aber Se. Arnaud hat seinen Nachfolger, den
Marschall Vaillant zum Kaiser geführt, und ihm von diesem selbst sage» lassen,
wie es Louis Napoleon gewesen, von dem die vom Kriegsminister dringend vorge¬
schlagenen VorbereitungSmaßregeln vertagt worden waren bis ans den letzten
Augenblick, wo man Flotten und Transportmittel improvisirt wissen möchte. Also
der Kaiser muß lauge auf die Möglichkeit des Friedens gehofft haben, oder es
lag eine andere Absicht in dieser planmäßigen Verzögerung, welche den Eng¬
ländern im baltischen wie im schwarzen Meere den Vorsprung läßt. Wir wolle»
versuchen/ nach aus guten Quellen gemachten Erhebungen anzudeuten, was in
den hohen Regionen vorgegangen und was das Bedächtige in der Politik der
hiesigen Regierung zu erklären im Stande wäre. Bei Beurtheilung der bona-
partistischen Politik dem Auslande gegenüber müssen zwei Gesichtspunkte festgehalten


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[0063] geht und viel durchgreifendere politische Reformen nöthig sind, Preußen sein altes Recht in der Geschichte wiederzugeben, als wir es bisher angenommen haben. Mit einem patriotischen Adel, mochte er mich noch so hochmüthig auf uns herab¬ sehen, mochten seine Interessen noch so weit von den unsrigen auseinandergehen, konnten wir hoffen, uns endlich zu verständigen. Aber mit einem Adel, der sich von seinen doclrinäre» Führern so verblenden läßt, daß er den russischen In¬ teressen gegen Preußen dient, ist eine Verständigung unmöglich. — Wir fügen dieser Broschüre eine zweite hinzu: Der russisch-türkische Kriegsschauplatz, topographisch-strategisch beleuchtet, mit topographischer Karte, Wien, WalliShcmscr. — Die Auseinandersetzn»«, dieser kleinen Schrift ist sachgemäß, einfach und be- guem und kann Zeitungülesern als Handbuch empfohlen werde». Pariser V rie f. Endlich nach langem Zaudern, nach unfruchtbaren Hin- und Her- diplvmatifireu sind wir dorthin gekommen, wo wir schon vor drei Monaten sein mußten, wenn die Großmächte nicht ihr point d'honneur darein gesetzt hätten, Rußland ans jedem Wege zu überweisen, daß die Schuld an dem Kriege, der un» ausgebrochen, einzig und allein Rußland beizumessen ist. Was damit für die Sache, welche Frankreich und England vertheidige», gewonnen wor¬ den, ist nicht abzusehen. Vor der Hand finde» wir die Rossen an der Donau aufgehäuft, den schwierigen, Uebergang dieses Flusses bezwungen, die Russen auf dem Marsche nach dem Balkan, während die französisch-englischen Truppe» zum Theil kaum Europa verlassen haben. Der neue Kriegsminister hat seine Ver¬ antwortlichkeit gedeckt, indem er den unvorbereiteter Zustand der vorhergegangene» Verwaltung j>, den Schuh geschoben, aber Se. Arnaud hat seinen Nachfolger, den Marschall Vaillant zum Kaiser geführt, und ihm von diesem selbst sage» lassen, wie es Louis Napoleon gewesen, von dem die vom Kriegsminister dringend vorge¬ schlagenen VorbereitungSmaßregeln vertagt worden waren bis ans den letzten Augenblick, wo man Flotten und Transportmittel improvisirt wissen möchte. Also der Kaiser muß lauge auf die Möglichkeit des Friedens gehofft haben, oder es lag eine andere Absicht in dieser planmäßigen Verzögerung, welche den Eng¬ ländern im baltischen wie im schwarzen Meere den Vorsprung läßt. Wir wolle» versuchen/ nach aus guten Quellen gemachten Erhebungen anzudeuten, was in den hohen Regionen vorgegangen und was das Bedächtige in der Politik der hiesigen Regierung zu erklären im Stande wäre. Bei Beurtheilung der bona- partistischen Politik dem Auslande gegenüber müssen zwei Gesichtspunkte festgehalten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/62>, abgerufen am 01.07.2024.