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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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erblassen mehr und mehr, nur ein rosiger Schimmer durchleuchtet die Dämme¬
rung, hier und da flimmert ein Stern und die Strömung der Lüfte trägt uns
den Klang der Feierabendchöre zu, die auf fernen Pfaden gesungen werden.--
Eine Biegung des Weges gewährt uns den Anblick des wohlhabenden Dorfes
Se. Aventin, das sich, zwischen herrlichen Wiesen und Feldern am Bergab¬
hange hinstreckt; bald darauf theilt sich der Weg, erhebt sich in Westen ?um
Port de Peyrs'ourde und sührt gen Süden zum Eingange des Thales von Asto
und zu den Felsenbecken, das den Bergsee von Sonnt^jo einschließt. Wir
werden ihn nicht sehen! sagte ich traurig nach den Bergen deutend, die ihn
umgeben., Wir hatten uns vergebens um Pferde bemüht und wollten Luchon
in wenigen Tagen verlassen. Aber meine Begleiterin meinte: wir brauchten
nur zu wollen und als ich freudig bereit war, aus ihre Wanderpläne einzu¬
gehen, schlug sie vor, die Nacht im Dörfchen Oo zuzubringen, um die beschwerliche
Bergreihe mit Anbruch des Tages antreten zu können. Gesagt, gethan! --
Bald lagen die Hose und Gärten von Cazeaur hinter uns -- der Weg führte
zwischen mächtigen Granitblöcken über Wiesen empor. Vor der mäßigen Höhe,
die wir erstiegen, breiten sich grüne Matten aus, zu unsern Füßen liegen die
Häuser von Oo, darüber auf einem Felsen die Ueberreste eines Castells, noch
höher am Bergabhange das Dorf Gouaur mit seinen Schieferbrüchen, um¬
geben von Gehölz und Weiden; zur Linken sehen wir den Eingang des Val
dAstv schon verhüllt von den Schatten und Nebeln des Abends.' Und in allen
Schluchten wallen die feuchten Dunstmassen, heben sich , dehnen sich aus, ver¬
einigen und verdichten ihre Schleier; ziehen, den Laus des Gave verfolgend
ins Thal, verbreiten Kälte und Dunkelheit ringsumher und lehren uns den
Werth des Kaminfeuers schätzen, das uns im Gasthause von Oo entgegenleuchtete.

Unsere Herberge war besser, als wir nach ihrem bescheidenen Ansehen er¬
warten konnten, und wir schliefen vortrefflich, bis uns die Wirthin' mit der
Verheißung eines schönen Tages weckte.

Eine halbe Stunde später betraten wir das Thal von Asto in Begleitung
eines Knaben, der uns führen sollte. Die ersten Sonnenstrahlen glänzten
aus den weißen Kuppen, die unser kleiner Guide Pic de Nor^ und den Pic
dEspujol nannte. Einzelne Vogelstimmen tönten, aus dem Gebüsch, die Lust
war kalt und eine schimmernde Thaudecke lag aus den Wiesen, die reich an
Blumen, von Eichen, Buchen, Kirschbäumen, Weiden und Erlen beschattet,
den Fluß umgeben und am sanften Abhänge über Berge emporsteigen, bis mit
der Erhebung des Thales, Hecken und Bäume, Wiesen und sanfte Bergsor-
mationen verschwinden, der Weg sich mühsam zwischen Felsen und Haide an
schroffer Bergwand hinaufwindet; der Gave in donnernden Fällen an uns
Vvrüberstürzt und die letzten, jetzt von Hirten und Herden verlassenen cet-noth
den Eindruck der Verödung erhöhen.


erblassen mehr und mehr, nur ein rosiger Schimmer durchleuchtet die Dämme¬
rung, hier und da flimmert ein Stern und die Strömung der Lüfte trägt uns
den Klang der Feierabendchöre zu, die auf fernen Pfaden gesungen werden.—
Eine Biegung des Weges gewährt uns den Anblick des wohlhabenden Dorfes
Se. Aventin, das sich, zwischen herrlichen Wiesen und Feldern am Bergab¬
hange hinstreckt; bald darauf theilt sich der Weg, erhebt sich in Westen ?um
Port de Peyrs'ourde und sührt gen Süden zum Eingange des Thales von Asto
und zu den Felsenbecken, das den Bergsee von Sonnt^jo einschließt. Wir
werden ihn nicht sehen! sagte ich traurig nach den Bergen deutend, die ihn
umgeben., Wir hatten uns vergebens um Pferde bemüht und wollten Luchon
in wenigen Tagen verlassen. Aber meine Begleiterin meinte: wir brauchten
nur zu wollen und als ich freudig bereit war, aus ihre Wanderpläne einzu¬
gehen, schlug sie vor, die Nacht im Dörfchen Oo zuzubringen, um die beschwerliche
Bergreihe mit Anbruch des Tages antreten zu können. Gesagt, gethan! —
Bald lagen die Hose und Gärten von Cazeaur hinter uns — der Weg führte
zwischen mächtigen Granitblöcken über Wiesen empor. Vor der mäßigen Höhe,
die wir erstiegen, breiten sich grüne Matten aus, zu unsern Füßen liegen die
Häuser von Oo, darüber auf einem Felsen die Ueberreste eines Castells, noch
höher am Bergabhange das Dorf Gouaur mit seinen Schieferbrüchen, um¬
geben von Gehölz und Weiden; zur Linken sehen wir den Eingang des Val
dAstv schon verhüllt von den Schatten und Nebeln des Abends.' Und in allen
Schluchten wallen die feuchten Dunstmassen, heben sich , dehnen sich aus, ver¬
einigen und verdichten ihre Schleier; ziehen, den Laus des Gave verfolgend
ins Thal, verbreiten Kälte und Dunkelheit ringsumher und lehren uns den
Werth des Kaminfeuers schätzen, das uns im Gasthause von Oo entgegenleuchtete.

Unsere Herberge war besser, als wir nach ihrem bescheidenen Ansehen er¬
warten konnten, und wir schliefen vortrefflich, bis uns die Wirthin' mit der
Verheißung eines schönen Tages weckte.

Eine halbe Stunde später betraten wir das Thal von Asto in Begleitung
eines Knaben, der uns führen sollte. Die ersten Sonnenstrahlen glänzten
aus den weißen Kuppen, die unser kleiner Guide Pic de Nor^ und den Pic
dEspujol nannte. Einzelne Vogelstimmen tönten, aus dem Gebüsch, die Lust
war kalt und eine schimmernde Thaudecke lag aus den Wiesen, die reich an
Blumen, von Eichen, Buchen, Kirschbäumen, Weiden und Erlen beschattet,
den Fluß umgeben und am sanften Abhänge über Berge emporsteigen, bis mit
der Erhebung des Thales, Hecken und Bäume, Wiesen und sanfte Bergsor-
mationen verschwinden, der Weg sich mühsam zwischen Felsen und Haide an
schroffer Bergwand hinaufwindet; der Gave in donnernden Fällen an uns
Vvrüberstürzt und die letzten, jetzt von Hirten und Herden verlassenen cet-noth
den Eindruck der Verödung erhöhen.


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[0375] erblassen mehr und mehr, nur ein rosiger Schimmer durchleuchtet die Dämme¬ rung, hier und da flimmert ein Stern und die Strömung der Lüfte trägt uns den Klang der Feierabendchöre zu, die auf fernen Pfaden gesungen werden.— Eine Biegung des Weges gewährt uns den Anblick des wohlhabenden Dorfes Se. Aventin, das sich, zwischen herrlichen Wiesen und Feldern am Bergab¬ hange hinstreckt; bald darauf theilt sich der Weg, erhebt sich in Westen ?um Port de Peyrs'ourde und sührt gen Süden zum Eingange des Thales von Asto und zu den Felsenbecken, das den Bergsee von Sonnt^jo einschließt. Wir werden ihn nicht sehen! sagte ich traurig nach den Bergen deutend, die ihn umgeben., Wir hatten uns vergebens um Pferde bemüht und wollten Luchon in wenigen Tagen verlassen. Aber meine Begleiterin meinte: wir brauchten nur zu wollen und als ich freudig bereit war, aus ihre Wanderpläne einzu¬ gehen, schlug sie vor, die Nacht im Dörfchen Oo zuzubringen, um die beschwerliche Bergreihe mit Anbruch des Tages antreten zu können. Gesagt, gethan! — Bald lagen die Hose und Gärten von Cazeaur hinter uns — der Weg führte zwischen mächtigen Granitblöcken über Wiesen empor. Vor der mäßigen Höhe, die wir erstiegen, breiten sich grüne Matten aus, zu unsern Füßen liegen die Häuser von Oo, darüber auf einem Felsen die Ueberreste eines Castells, noch höher am Bergabhange das Dorf Gouaur mit seinen Schieferbrüchen, um¬ geben von Gehölz und Weiden; zur Linken sehen wir den Eingang des Val dAstv schon verhüllt von den Schatten und Nebeln des Abends.' Und in allen Schluchten wallen die feuchten Dunstmassen, heben sich , dehnen sich aus, ver¬ einigen und verdichten ihre Schleier; ziehen, den Laus des Gave verfolgend ins Thal, verbreiten Kälte und Dunkelheit ringsumher und lehren uns den Werth des Kaminfeuers schätzen, das uns im Gasthause von Oo entgegenleuchtete. Unsere Herberge war besser, als wir nach ihrem bescheidenen Ansehen er¬ warten konnten, und wir schliefen vortrefflich, bis uns die Wirthin' mit der Verheißung eines schönen Tages weckte. Eine halbe Stunde später betraten wir das Thal von Asto in Begleitung eines Knaben, der uns führen sollte. Die ersten Sonnenstrahlen glänzten aus den weißen Kuppen, die unser kleiner Guide Pic de Nor^ und den Pic dEspujol nannte. Einzelne Vogelstimmen tönten, aus dem Gebüsch, die Lust war kalt und eine schimmernde Thaudecke lag aus den Wiesen, die reich an Blumen, von Eichen, Buchen, Kirschbäumen, Weiden und Erlen beschattet, den Fluß umgeben und am sanften Abhänge über Berge emporsteigen, bis mit der Erhebung des Thales, Hecken und Bäume, Wiesen und sanfte Bergsor- mationen verschwinden, der Weg sich mühsam zwischen Felsen und Haide an schroffer Bergwand hinaufwindet; der Gave in donnernden Fällen an uns Vvrüberstürzt und die letzten, jetzt von Hirten und Herden verlassenen cet-noth den Eindruck der Verödung erhöhen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/374>, abgerufen am 22.12.2024.