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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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Kanonen im engen Raume zu rücksichtigen, und eine einfache Ueberlegung hätte
ihm sagen.müssen, daß es nur den eignen Verlust vermehren hieß, wenn man
diesem Feuer neue zwanzig- oder dreißigtausend Mann blosstellte, anstatt diesel¬
ben auf den Hohen von Backtschi Serai und Tschufut- (Juden-) Kate (Festung)
in sicherer und drohender Position zu belassen. Der Ausgang des Kampfes
wird nicht verfehlen, meine Bemerkung über diesen Punkt zu rechtfertigen.

Die von den Verbündeten befolgte Methode, das Feuer ihrer Batterien
zugleich zu eröffnen, ist gewiß anerkennenswert!); übrigens ist sie allgemeine
Regel und die selten ungestraft verabsäumt wird. Ueber das Auffliegen der
beiden Pulvermagazine, zwei Stunden nach Eröffnung des Bombardements, in
den Batterien des Angreifers fehlen noch die näheren Nachrichten. Derartige
Ereignisse sind selten zufällig und werden meist durch Unvorsichtigkeit oder fehler¬
hafte Anlage der betreffenden Baulichkeit herbeigeführt. Die hier ausgeschifften
Verwundeten boten, soweit sie ihre Verletzungen bei dieser Gelegenheit bekommen,
einen haarsträubenden Anblick dar. Denken Sie sich Leute, die im Gesicht wie
Mohren geschwärzt sind, denen Augenlider, Augenbrauen, Bart uno Haupt¬
haar versengt wurde, auf vielfachen Stellen mit Brandwunden bedeckt. . . . ich
male das Bild Ihnen nicht vollständig aus.

Der seewärtige Angriff, welcher um Mittag des ersten Tages (17. Oc-
tobers) eingeleitet wurde, wird viel zu denken geben." Die Erfahrungen, die
schon bei Bvmarsund gemacht wurden, haben sich nun hier im größeren Ma߬
stabe wiederholt, und damit ist der lange unentschieden gewesene Streit, ob
Land- oder Schiffsbatterien überlegen seien, zu Gunsten der letzteren entschieden
worden.

Auf eine härtere Probe konnte kein Geschwader gestellt werden, als das¬
jenige, welches am Nachmittag des 17. October unter den russischen Forts vor
Anker ging. Der Feind beschoß es bis Sonnenuntergang mit nicht weniger
als fünfhundert Feuerschlünden vom schwersten Kaliber, und der andre Tag
brach nur'an, um die Wiederholung, dieses nie dagewesenen Kampfes zu brin¬
gen. Endlich um vier Uhr Nachmittag war das Feuer des Quaräntäneforts
vollständig gedämpft, und Fort Konstantin unfähig gemacht, anders,als mit
einzelnen Schüssen den ihm entgegenspielenden Schiffsbatterien zu erwiedern.
Dagegen wurde nur das französische Admiralschiff, la Ville de Paris, erheblich
beschädigt, und kein Schiff außer ihm verließ, soweit die hier angekommenen
Nachrichten reichen, die Linie.
''

DaS Feuer, von welchem ich Ihnen im Eingange meines letzten Schreibens
berichtete, währte, nachdem es am Spätnachmittag des 18. Octobers ausge¬
brochen war, bis Mitternacht, mindestens sieben Stunden lang, und zerstörte


Kanonen im engen Raume zu rücksichtigen, und eine einfache Ueberlegung hätte
ihm sagen.müssen, daß es nur den eignen Verlust vermehren hieß, wenn man
diesem Feuer neue zwanzig- oder dreißigtausend Mann blosstellte, anstatt diesel¬
ben auf den Hohen von Backtschi Serai und Tschufut- (Juden-) Kate (Festung)
in sicherer und drohender Position zu belassen. Der Ausgang des Kampfes
wird nicht verfehlen, meine Bemerkung über diesen Punkt zu rechtfertigen.

Die von den Verbündeten befolgte Methode, das Feuer ihrer Batterien
zugleich zu eröffnen, ist gewiß anerkennenswert!); übrigens ist sie allgemeine
Regel und die selten ungestraft verabsäumt wird. Ueber das Auffliegen der
beiden Pulvermagazine, zwei Stunden nach Eröffnung des Bombardements, in
den Batterien des Angreifers fehlen noch die näheren Nachrichten. Derartige
Ereignisse sind selten zufällig und werden meist durch Unvorsichtigkeit oder fehler¬
hafte Anlage der betreffenden Baulichkeit herbeigeführt. Die hier ausgeschifften
Verwundeten boten, soweit sie ihre Verletzungen bei dieser Gelegenheit bekommen,
einen haarsträubenden Anblick dar. Denken Sie sich Leute, die im Gesicht wie
Mohren geschwärzt sind, denen Augenlider, Augenbrauen, Bart uno Haupt¬
haar versengt wurde, auf vielfachen Stellen mit Brandwunden bedeckt. . . . ich
male das Bild Ihnen nicht vollständig aus.

Der seewärtige Angriff, welcher um Mittag des ersten Tages (17. Oc-
tobers) eingeleitet wurde, wird viel zu denken geben." Die Erfahrungen, die
schon bei Bvmarsund gemacht wurden, haben sich nun hier im größeren Ma߬
stabe wiederholt, und damit ist der lange unentschieden gewesene Streit, ob
Land- oder Schiffsbatterien überlegen seien, zu Gunsten der letzteren entschieden
worden.

Auf eine härtere Probe konnte kein Geschwader gestellt werden, als das¬
jenige, welches am Nachmittag des 17. October unter den russischen Forts vor
Anker ging. Der Feind beschoß es bis Sonnenuntergang mit nicht weniger
als fünfhundert Feuerschlünden vom schwersten Kaliber, und der andre Tag
brach nur'an, um die Wiederholung, dieses nie dagewesenen Kampfes zu brin¬
gen. Endlich um vier Uhr Nachmittag war das Feuer des Quaräntäneforts
vollständig gedämpft, und Fort Konstantin unfähig gemacht, anders,als mit
einzelnen Schüssen den ihm entgegenspielenden Schiffsbatterien zu erwiedern.
Dagegen wurde nur das französische Admiralschiff, la Ville de Paris, erheblich
beschädigt, und kein Schiff außer ihm verließ, soweit die hier angekommenen
Nachrichten reichen, die Linie.
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DaS Feuer, von welchem ich Ihnen im Eingange meines letzten Schreibens
berichtete, währte, nachdem es am Spätnachmittag des 18. Octobers ausge¬
brochen war, bis Mitternacht, mindestens sieben Stunden lang, und zerstörte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/269>, abgerufen am 22.07.2024.