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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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Recht im Gegensatz zu den vorgenannten stehen Hoguets Bilder, der
nur darnach strebt, den Eindruck irgendeines Stückes Natur mit aller Gewalt
seiner Mittel zu veranschaulichen; das ist ihm namentlich in seiner "Wald¬
landschaft" vortrefflich gelungen. Das ist eine Kraft und Frische, die
wirkliches Leben athmet; hat man sich aber einmal darüber gefreut, so hat man
doch weiter keinen tiefern Eindruck und Genuß von dem Bilde. Die andern
Bilder haben auch viel Natur, sind aber weniger anziehend; namentlich machen
sich die großen rothen Felsstücke, so wahr sie sein mögen, nicht gut.

Hildebrandt, bei seinem etwas koketten Streben, besonders frappante
Stimmungen und Effecte der Natur wiederzugeben, greift ohne Wahl in das,
was sie ihm bietet, hinein, und gibt es uns mit mehr oder weniger Glück und
Geschick wieder. Hildebrandt hat ein sehr bedeutendes Gefühl für Farbe und
eine sehr gewandte Technik, aber wie wenig damit allein gewonnen ist, sehen
wir sehr klar in seinem Alpenglühen, in dem der Zinnober doch der Haupt¬
eindruck ist. Die Wirkung des Bildes ist weder schön noch überzeugend, die dunk¬
len, nur an den Spitzen vom Glühen etwas gefärbten Berge im Mittelgrund
sehen nicht wie von außen, sondern wie von innen beleuchtet aus. -- Hilde¬
brandt ist der rechte Gegensatz von Calames Landschaft, bei der die Mittel
ganz verschwinden, während sie bei Hildebrandt mit einer gewissen Frechheit
sich uns aufdrängen. Eine große Marine von Hildebrandt ist von recht frap¬
panter, aber doch zu materieller Wirkung. Was aber Hildebrandt kann,
wenn er sein gewiß sehr bedeutendes Talent richtig anwendet, das sehen
wir in seiner vortrefflichen Winterlandschaft, die zu den besten der Ausstellung
gehört. Da ist eine Feinheit der Farbe und Stimmung, ein Gefühl für Natur,
das bleibend anzieht und nichts zu wünschen übrigläßt.

Ein gutes Bild ist noch Brendelö "Landschaft mit einem Ochsen¬
gespann", bei dem es dem Maler auch namentlich auf frappante Lichtwirkung
ankam. Er hat den milden Glanz der schon tiefstehenden und durch Wolken
gedeckten Sonne mit großer Energie zur Anschauung gebracht, ohne dabei
scheinbar viele Mittel in Bewegung zu setzen.

Geyer hat viele Bilder,auf der Ausstellung, die bei sehr feiner Zeichnung
zu wenig Kraft des Kolorits haben, um zu fesseln. Seine gezeichneten Vorder¬
grundstudien, die dies Störende nicht häben, sind daher interessanter.

Graeb lieferte einige sehr delicat ausgeführte Architekturbildchen, deren
Hauptreiz aber doch meist der der Ausführung ist.

Herrenberger hat im Gegensatz zu diesem ein großes Architekturbild
mit sehr schlagender Wirkung gebracht, dem aber wieder der Reiz der Ausführung
fehlt, um dauernd zu interessiren.

Noch sind manche gute Landschaften auf der Ausstellung, namentlich aus der
Düsseldorfer Schule, die eben den Stempel jener Schule tragen, das solide


Grenzboten. IV. l8Li- 27

Recht im Gegensatz zu den vorgenannten stehen Hoguets Bilder, der
nur darnach strebt, den Eindruck irgendeines Stückes Natur mit aller Gewalt
seiner Mittel zu veranschaulichen; das ist ihm namentlich in seiner „Wald¬
landschaft" vortrefflich gelungen. Das ist eine Kraft und Frische, die
wirkliches Leben athmet; hat man sich aber einmal darüber gefreut, so hat man
doch weiter keinen tiefern Eindruck und Genuß von dem Bilde. Die andern
Bilder haben auch viel Natur, sind aber weniger anziehend; namentlich machen
sich die großen rothen Felsstücke, so wahr sie sein mögen, nicht gut.

Hildebrandt, bei seinem etwas koketten Streben, besonders frappante
Stimmungen und Effecte der Natur wiederzugeben, greift ohne Wahl in das,
was sie ihm bietet, hinein, und gibt es uns mit mehr oder weniger Glück und
Geschick wieder. Hildebrandt hat ein sehr bedeutendes Gefühl für Farbe und
eine sehr gewandte Technik, aber wie wenig damit allein gewonnen ist, sehen
wir sehr klar in seinem Alpenglühen, in dem der Zinnober doch der Haupt¬
eindruck ist. Die Wirkung des Bildes ist weder schön noch überzeugend, die dunk¬
len, nur an den Spitzen vom Glühen etwas gefärbten Berge im Mittelgrund
sehen nicht wie von außen, sondern wie von innen beleuchtet aus. — Hilde¬
brandt ist der rechte Gegensatz von Calames Landschaft, bei der die Mittel
ganz verschwinden, während sie bei Hildebrandt mit einer gewissen Frechheit
sich uns aufdrängen. Eine große Marine von Hildebrandt ist von recht frap¬
panter, aber doch zu materieller Wirkung. Was aber Hildebrandt kann,
wenn er sein gewiß sehr bedeutendes Talent richtig anwendet, das sehen
wir in seiner vortrefflichen Winterlandschaft, die zu den besten der Ausstellung
gehört. Da ist eine Feinheit der Farbe und Stimmung, ein Gefühl für Natur,
das bleibend anzieht und nichts zu wünschen übrigläßt.

Ein gutes Bild ist noch Brendelö „Landschaft mit einem Ochsen¬
gespann", bei dem es dem Maler auch namentlich auf frappante Lichtwirkung
ankam. Er hat den milden Glanz der schon tiefstehenden und durch Wolken
gedeckten Sonne mit großer Energie zur Anschauung gebracht, ohne dabei
scheinbar viele Mittel in Bewegung zu setzen.

Geyer hat viele Bilder,auf der Ausstellung, die bei sehr feiner Zeichnung
zu wenig Kraft des Kolorits haben, um zu fesseln. Seine gezeichneten Vorder¬
grundstudien, die dies Störende nicht häben, sind daher interessanter.

Graeb lieferte einige sehr delicat ausgeführte Architekturbildchen, deren
Hauptreiz aber doch meist der der Ausführung ist.

Herrenberger hat im Gegensatz zu diesem ein großes Architekturbild
mit sehr schlagender Wirkung gebracht, dem aber wieder der Reiz der Ausführung
fehlt, um dauernd zu interessiren.

Noch sind manche gute Landschaften auf der Ausstellung, namentlich aus der
Düsseldorfer Schule, die eben den Stempel jener Schule tragen, das solide


Grenzboten. IV. l8Li- 27
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[0217] Recht im Gegensatz zu den vorgenannten stehen Hoguets Bilder, der nur darnach strebt, den Eindruck irgendeines Stückes Natur mit aller Gewalt seiner Mittel zu veranschaulichen; das ist ihm namentlich in seiner „Wald¬ landschaft" vortrefflich gelungen. Das ist eine Kraft und Frische, die wirkliches Leben athmet; hat man sich aber einmal darüber gefreut, so hat man doch weiter keinen tiefern Eindruck und Genuß von dem Bilde. Die andern Bilder haben auch viel Natur, sind aber weniger anziehend; namentlich machen sich die großen rothen Felsstücke, so wahr sie sein mögen, nicht gut. Hildebrandt, bei seinem etwas koketten Streben, besonders frappante Stimmungen und Effecte der Natur wiederzugeben, greift ohne Wahl in das, was sie ihm bietet, hinein, und gibt es uns mit mehr oder weniger Glück und Geschick wieder. Hildebrandt hat ein sehr bedeutendes Gefühl für Farbe und eine sehr gewandte Technik, aber wie wenig damit allein gewonnen ist, sehen wir sehr klar in seinem Alpenglühen, in dem der Zinnober doch der Haupt¬ eindruck ist. Die Wirkung des Bildes ist weder schön noch überzeugend, die dunk¬ len, nur an den Spitzen vom Glühen etwas gefärbten Berge im Mittelgrund sehen nicht wie von außen, sondern wie von innen beleuchtet aus. — Hilde¬ brandt ist der rechte Gegensatz von Calames Landschaft, bei der die Mittel ganz verschwinden, während sie bei Hildebrandt mit einer gewissen Frechheit sich uns aufdrängen. Eine große Marine von Hildebrandt ist von recht frap¬ panter, aber doch zu materieller Wirkung. Was aber Hildebrandt kann, wenn er sein gewiß sehr bedeutendes Talent richtig anwendet, das sehen wir in seiner vortrefflichen Winterlandschaft, die zu den besten der Ausstellung gehört. Da ist eine Feinheit der Farbe und Stimmung, ein Gefühl für Natur, das bleibend anzieht und nichts zu wünschen übrigläßt. Ein gutes Bild ist noch Brendelö „Landschaft mit einem Ochsen¬ gespann", bei dem es dem Maler auch namentlich auf frappante Lichtwirkung ankam. Er hat den milden Glanz der schon tiefstehenden und durch Wolken gedeckten Sonne mit großer Energie zur Anschauung gebracht, ohne dabei scheinbar viele Mittel in Bewegung zu setzen. Geyer hat viele Bilder,auf der Ausstellung, die bei sehr feiner Zeichnung zu wenig Kraft des Kolorits haben, um zu fesseln. Seine gezeichneten Vorder¬ grundstudien, die dies Störende nicht häben, sind daher interessanter. Graeb lieferte einige sehr delicat ausgeführte Architekturbildchen, deren Hauptreiz aber doch meist der der Ausführung ist. Herrenberger hat im Gegensatz zu diesem ein großes Architekturbild mit sehr schlagender Wirkung gebracht, dem aber wieder der Reiz der Ausführung fehlt, um dauernd zu interessiren. Noch sind manche gute Landschaften auf der Ausstellung, namentlich aus der Düsseldorfer Schule, die eben den Stempel jener Schule tragen, das solide Grenzboten. IV. l8Li- 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/217>, abgerufen am 24.08.2024.