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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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Erlaß bundeöpreßgesetzlicher Bestimmungen wieder aufnahm, "den größten Theil
der frühern Hindernisse beseitigt und auch die allgemeinen Verhältnisse der end¬
lichen Lösung dieser Aufgabe günstiger" vorgefunden habe, weil.in den meisten
Einzelstaaten unterdessen Preßgesetze gegeben worden seien. Man hatte dagegen
ebenso anerkannt, daß wegen deren Verschmelzung in den meisten Bundes¬
staaten Mit der allgemeinen Strafgesetzgebung "eine gemeinsame Strafgesetz¬
gebung in Preßsachcn unausführbar" bleibe, solange kein allgemeines
deutsches Strafgesetzbuch vorhanden sei. Dies darum, weil man sonst "die
Nachtheile in der Rechtspflege, deren Beseitigung die einzelnen Staaten sich
angelegen sein ließen" wieder herstellen würde. Deshalb sollten blos "Haupt¬
grundsätze systematisch zusammengefaßt" werden.

Damit hatte man auch den bisher geltsamen Principien der Bundesver¬
sammlung wahrhaft entsprochen. Von 1819--1818 waren die Bundesbeschlüsse
über die Presse blos provisorisch in Kraft gewesen. Als ferner Preußen und
Sachsen 1817 eifrigst bemüht gewesen waren, "wenigstens für jene Staaten,
welche die Censur aufzuheben Willens wären" ein Bundespreßgesetz zu stände zu
bringen, hatte dies Unternehmen an verschiedenen juristischen und politischen
Bedenken andrer Bundesstaaten, an ihren Berufungen auf Stammeseigenthüm¬
lichkeiten, besondre Verhältnisse, Rücksichten u. tgi. scheitern müssen. Bereits
dick früher hatte endlich die Bundeöversamlung einmal das Wieviel der
Bundeöbestünmungen über Preßfreiheit discutirt und damals allgemein das
(bübische) Gutachten als maßgebend anerkannt, worin eS ausdrücklich heißt:
"Zwar fordert die Bundesverfassung die Abfassung gleichförmiger Verfügung" n
über die Preßfreiheit; aber sie spricht nicht aus, daß in allen
Bundesstaaten die Gesetzgebung über die Presse durchaus gleichförmig
sein soll."

Wie es nun kommen mochte, daß trotzdem der östreichisch-hessische Entwurf,
auch Sachsen beistimmte, alle die Prämissen außer Acht ließ, mag unent¬
schieden bleiben. Genug, er enthielt eine Menge specieller Bestimmungen,
welche in den Vorverhandlungen aller Preßfachmänner gar nicht zur Sprache
gekommen waren. Er konnte also nicht als homogener Ausdruck jeu.er Be¬
rathungen gelten. Die natürliche Folge ward nun die Gegenaufstellung eines
preußischen Entwurfs, welcher in der Ausführung die oben angegebenen Prin¬
cipien festhielt, also nur allgemeine normative Bestimmungen enthielt, welche
nirgends das Grundwesen der Einzelgesetzgebungen alterirten, auch überall den
^üizelstaaten die Herstellung ihrer^ prcßgesetzlichen Uebereinstimmung mit den
bundesgesetzlichen Grundsätzen anheimstellten.

Aus diesen beiden principiell so tief verschiednen Entwürfen der Preßfach-
"'ärmer wurde der erste wirkliche Gesetzentwurf zusammengestellt (3. August 18S2).
Die damaligen Abstimmungen der Bundestagsgesandter erforderten eine aber-
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Erlaß bundeöpreßgesetzlicher Bestimmungen wieder aufnahm, „den größten Theil
der frühern Hindernisse beseitigt und auch die allgemeinen Verhältnisse der end¬
lichen Lösung dieser Aufgabe günstiger" vorgefunden habe, weil.in den meisten
Einzelstaaten unterdessen Preßgesetze gegeben worden seien. Man hatte dagegen
ebenso anerkannt, daß wegen deren Verschmelzung in den meisten Bundes¬
staaten Mit der allgemeinen Strafgesetzgebung „eine gemeinsame Strafgesetz¬
gebung in Preßsachcn unausführbar" bleibe, solange kein allgemeines
deutsches Strafgesetzbuch vorhanden sei. Dies darum, weil man sonst „die
Nachtheile in der Rechtspflege, deren Beseitigung die einzelnen Staaten sich
angelegen sein ließen" wieder herstellen würde. Deshalb sollten blos „Haupt¬
grundsätze systematisch zusammengefaßt" werden.

Damit hatte man auch den bisher geltsamen Principien der Bundesver¬
sammlung wahrhaft entsprochen. Von 1819—1818 waren die Bundesbeschlüsse
über die Presse blos provisorisch in Kraft gewesen. Als ferner Preußen und
Sachsen 1817 eifrigst bemüht gewesen waren, „wenigstens für jene Staaten,
welche die Censur aufzuheben Willens wären" ein Bundespreßgesetz zu stände zu
bringen, hatte dies Unternehmen an verschiedenen juristischen und politischen
Bedenken andrer Bundesstaaten, an ihren Berufungen auf Stammeseigenthüm¬
lichkeiten, besondre Verhältnisse, Rücksichten u. tgi. scheitern müssen. Bereits
dick früher hatte endlich die Bundeöversamlung einmal das Wieviel der
Bundeöbestünmungen über Preßfreiheit discutirt und damals allgemein das
(bübische) Gutachten als maßgebend anerkannt, worin eS ausdrücklich heißt:
„Zwar fordert die Bundesverfassung die Abfassung gleichförmiger Verfügung« n
über die Preßfreiheit; aber sie spricht nicht aus, daß in allen
Bundesstaaten die Gesetzgebung über die Presse durchaus gleichförmig
sein soll."

Wie es nun kommen mochte, daß trotzdem der östreichisch-hessische Entwurf,
auch Sachsen beistimmte, alle die Prämissen außer Acht ließ, mag unent¬
schieden bleiben. Genug, er enthielt eine Menge specieller Bestimmungen,
welche in den Vorverhandlungen aller Preßfachmänner gar nicht zur Sprache
gekommen waren. Er konnte also nicht als homogener Ausdruck jeu.er Be¬
rathungen gelten. Die natürliche Folge ward nun die Gegenaufstellung eines
preußischen Entwurfs, welcher in der Ausführung die oben angegebenen Prin¬
cipien festhielt, also nur allgemeine normative Bestimmungen enthielt, welche
nirgends das Grundwesen der Einzelgesetzgebungen alterirten, auch überall den
^üizelstaaten die Herstellung ihrer^ prcßgesetzlichen Uebereinstimmung mit den
bundesgesetzlichen Grundsätzen anheimstellten.

Aus diesen beiden principiell so tief verschiednen Entwürfen der Preßfach-
»'ärmer wurde der erste wirkliche Gesetzentwurf zusammengestellt (3. August 18S2).
Die damaligen Abstimmungen der Bundestagsgesandter erforderten eine aber-
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[0451] Erlaß bundeöpreßgesetzlicher Bestimmungen wieder aufnahm, „den größten Theil der frühern Hindernisse beseitigt und auch die allgemeinen Verhältnisse der end¬ lichen Lösung dieser Aufgabe günstiger" vorgefunden habe, weil.in den meisten Einzelstaaten unterdessen Preßgesetze gegeben worden seien. Man hatte dagegen ebenso anerkannt, daß wegen deren Verschmelzung in den meisten Bundes¬ staaten Mit der allgemeinen Strafgesetzgebung „eine gemeinsame Strafgesetz¬ gebung in Preßsachcn unausführbar" bleibe, solange kein allgemeines deutsches Strafgesetzbuch vorhanden sei. Dies darum, weil man sonst „die Nachtheile in der Rechtspflege, deren Beseitigung die einzelnen Staaten sich angelegen sein ließen" wieder herstellen würde. Deshalb sollten blos „Haupt¬ grundsätze systematisch zusammengefaßt" werden. Damit hatte man auch den bisher geltsamen Principien der Bundesver¬ sammlung wahrhaft entsprochen. Von 1819—1818 waren die Bundesbeschlüsse über die Presse blos provisorisch in Kraft gewesen. Als ferner Preußen und Sachsen 1817 eifrigst bemüht gewesen waren, „wenigstens für jene Staaten, welche die Censur aufzuheben Willens wären" ein Bundespreßgesetz zu stände zu bringen, hatte dies Unternehmen an verschiedenen juristischen und politischen Bedenken andrer Bundesstaaten, an ihren Berufungen auf Stammeseigenthüm¬ lichkeiten, besondre Verhältnisse, Rücksichten u. tgi. scheitern müssen. Bereits dick früher hatte endlich die Bundeöversamlung einmal das Wieviel der Bundeöbestünmungen über Preßfreiheit discutirt und damals allgemein das (bübische) Gutachten als maßgebend anerkannt, worin eS ausdrücklich heißt: „Zwar fordert die Bundesverfassung die Abfassung gleichförmiger Verfügung« n über die Preßfreiheit; aber sie spricht nicht aus, daß in allen Bundesstaaten die Gesetzgebung über die Presse durchaus gleichförmig sein soll." Wie es nun kommen mochte, daß trotzdem der östreichisch-hessische Entwurf, auch Sachsen beistimmte, alle die Prämissen außer Acht ließ, mag unent¬ schieden bleiben. Genug, er enthielt eine Menge specieller Bestimmungen, welche in den Vorverhandlungen aller Preßfachmänner gar nicht zur Sprache gekommen waren. Er konnte also nicht als homogener Ausdruck jeu.er Be¬ rathungen gelten. Die natürliche Folge ward nun die Gegenaufstellung eines preußischen Entwurfs, welcher in der Ausführung die oben angegebenen Prin¬ cipien festhielt, also nur allgemeine normative Bestimmungen enthielt, welche nirgends das Grundwesen der Einzelgesetzgebungen alterirten, auch überall den ^üizelstaaten die Herstellung ihrer^ prcßgesetzlichen Uebereinstimmung mit den bundesgesetzlichen Grundsätzen anheimstellten. Aus diesen beiden principiell so tief verschiednen Entwürfen der Preßfach- »'ärmer wurde der erste wirkliche Gesetzentwurf zusammengestellt (3. August 18S2). Die damaligen Abstimmungen der Bundestagsgesandter erforderten eine aber- ' ö6*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/451>, abgerufen am 01.09.2024.