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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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Das Bundespreßgesetz.

Die Weltereignisse unserer Gegenwart sind freilich so groß, daß das neue
Bundesgesetz bei vielen blos auf untergeordnete Beachtung Anspruch machen
kaun. Immerhin bleibt es bemerkenswerth, baß die deutsche Centralbehörde
der Herstellung dieses Gesetzes für ganz Deutschland drei Jahre lang oblag,
daß immer neue Entwürfe aufgestellt werden mußten, daß endlich ein einstim¬
miger Beschluß über das Ganze zu stände kommt und dennoch die Entschließung
der beiden größten Bundesstaaten sofort dessen Publication in ihrem Bereiche
^rsagt. Solange diese Publication des BundeSpreßgesetzes in Preußen und
Oestreich nicht erfolgt, haben dort seine Bestimmungen natürlich keine bin¬
dende Kraft.

Neu ist eine solche Erscheinung den Bundesbeschlüssen gegenüber keines¬
wegs. Baier" hat fortwährend'den Grundsatzsestgehalten, nur diejenigen Bun-
desbeschlüsse für verbindlich anzuerkennen, welche mit seiner Constitutionsacte
übereinstimmen, oder durch die zustimmende Zweidrittelmehrheit seiner Landes-
benretung zu deren integrirenden Bestandtheilen geworden sind. Als dort I8i7
d>e Censur für innere Landesangelegenheiten aufgehoben wurde, geschah es
Hegen die bestehenden Bunbesbeschlüsse. Später, als das Bundescentralorgan
verschiedene Bestimmungen desjenigen nationalen Sinnes erlassen halte, welcher
Bundespalaste von 1848 bis zur provisorischen Restauration des allen
Bundestags maßgebend war, hat das noch bestehende baierische Ministerium
theils gegen ihre Verbindlichkeit für das .Königreich protestirt, theils dieselben
"hre Protest unerfüllt gelassen.

Natürlich kann auch der vorliegende Bundesbcschluß den einzelnen Staaten
'Acht ohne weiteres vctroyirt sein. Seine Einführungsbestimmung (vorletzter
mikel) erwartet vielmehr blos, daß die Einzelnstaaten dafür "Sorge tragen"
werden, ihre Straf- und Preßgesetze mit se-inen "allgemeinen Bestimmungen"
'u Uebereinstimmung zu bringen. Eventuell und gleichsam subßdünisch ist freilich
auch der Nervrduungsweg offen gelassen. Eine Negierung, welche sich auf
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Das Bundespreßgesetz.

Die Weltereignisse unserer Gegenwart sind freilich so groß, daß das neue
Bundesgesetz bei vielen blos auf untergeordnete Beachtung Anspruch machen
kaun. Immerhin bleibt es bemerkenswerth, baß die deutsche Centralbehörde
der Herstellung dieses Gesetzes für ganz Deutschland drei Jahre lang oblag,
daß immer neue Entwürfe aufgestellt werden mußten, daß endlich ein einstim¬
miger Beschluß über das Ganze zu stände kommt und dennoch die Entschließung
der beiden größten Bundesstaaten sofort dessen Publication in ihrem Bereiche
^rsagt. Solange diese Publication des BundeSpreßgesetzes in Preußen und
Oestreich nicht erfolgt, haben dort seine Bestimmungen natürlich keine bin¬
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Neu ist eine solche Erscheinung den Bundesbeschlüssen gegenüber keines¬
wegs. Baier» hat fortwährend'den Grundsatzsestgehalten, nur diejenigen Bun-
desbeschlüsse für verbindlich anzuerkennen, welche mit seiner Constitutionsacte
übereinstimmen, oder durch die zustimmende Zweidrittelmehrheit seiner Landes-
benretung zu deren integrirenden Bestandtheilen geworden sind. Als dort I8i7
d>e Censur für innere Landesangelegenheiten aufgehoben wurde, geschah es
Hegen die bestehenden Bunbesbeschlüsse. Später, als das Bundescentralorgan
verschiedene Bestimmungen desjenigen nationalen Sinnes erlassen halte, welcher
Bundespalaste von 1848 bis zur provisorischen Restauration des allen
Bundestags maßgebend war, hat das noch bestehende baierische Ministerium
theils gegen ihre Verbindlichkeit für das .Königreich protestirt, theils dieselben
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Natürlich kann auch der vorliegende Bundesbcschluß den einzelnen Staaten
'Acht ohne weiteres vctroyirt sein. Seine Einführungsbestimmung (vorletzter
mikel) erwartet vielmehr blos, daß die Einzelnstaaten dafür „Sorge tragen"
werden, ihre Straf- und Preßgesetze mit se-inen „allgemeinen Bestimmungen"
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auch der Nervrduungsweg offen gelassen. Eine Negierung, welche sich auf
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[0449] Mjj,r^lSj»<,ilUlltttt Das Bundespreßgesetz. Die Weltereignisse unserer Gegenwart sind freilich so groß, daß das neue Bundesgesetz bei vielen blos auf untergeordnete Beachtung Anspruch machen kaun. Immerhin bleibt es bemerkenswerth, baß die deutsche Centralbehörde der Herstellung dieses Gesetzes für ganz Deutschland drei Jahre lang oblag, daß immer neue Entwürfe aufgestellt werden mußten, daß endlich ein einstim¬ miger Beschluß über das Ganze zu stände kommt und dennoch die Entschließung der beiden größten Bundesstaaten sofort dessen Publication in ihrem Bereiche ^rsagt. Solange diese Publication des BundeSpreßgesetzes in Preußen und Oestreich nicht erfolgt, haben dort seine Bestimmungen natürlich keine bin¬ dende Kraft. Neu ist eine solche Erscheinung den Bundesbeschlüssen gegenüber keines¬ wegs. Baier» hat fortwährend'den Grundsatzsestgehalten, nur diejenigen Bun- desbeschlüsse für verbindlich anzuerkennen, welche mit seiner Constitutionsacte übereinstimmen, oder durch die zustimmende Zweidrittelmehrheit seiner Landes- benretung zu deren integrirenden Bestandtheilen geworden sind. Als dort I8i7 d>e Censur für innere Landesangelegenheiten aufgehoben wurde, geschah es Hegen die bestehenden Bunbesbeschlüsse. Später, als das Bundescentralorgan verschiedene Bestimmungen desjenigen nationalen Sinnes erlassen halte, welcher Bundespalaste von 1848 bis zur provisorischen Restauration des allen Bundestags maßgebend war, hat das noch bestehende baierische Ministerium theils gegen ihre Verbindlichkeit für das .Königreich protestirt, theils dieselben "hre Protest unerfüllt gelassen. Natürlich kann auch der vorliegende Bundesbcschluß den einzelnen Staaten 'Acht ohne weiteres vctroyirt sein. Seine Einführungsbestimmung (vorletzter mikel) erwartet vielmehr blos, daß die Einzelnstaaten dafür „Sorge tragen" werden, ihre Straf- und Preßgesetze mit se-inen „allgemeinen Bestimmungen" 'u Uebereinstimmung zu bringen. Eventuell und gleichsam subßdünisch ist freilich auch der Nervrduungsweg offen gelassen. Eine Negierung, welche sich auf ' Grenzl-vier. III. >8i>i. S6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/449>, abgerufen am 27.07.2024.