Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.der Art, wie der deutsche Bund, werden die Stimmen nicht gezählt, sondern gewogen, Als noch nothwendiger stellt sich eine staatsrechtliche Auseinandersetzung Deutsch¬ der Art, wie der deutsche Bund, werden die Stimmen nicht gezählt, sondern gewogen, Als noch nothwendiger stellt sich eine staatsrechtliche Auseinandersetzung Deutsch¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0044" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281194"/> <p xml:id="ID_115" prev="#ID_114"> der Art, wie der deutsche Bund, werden die Stimmen nicht gezählt, sondern gewogen,<lb/> und es muß sich zeigen, daß bei einer Frage, in der Oestreich und Preußen einig<lb/> sind, die Verbindung aller übrigen Bundesglieder gegen sie, auch wenn sie jemals<lb/> möglich sein sollte, nichts ausrichten kann und darf. Wir wollen es keineswegs den<lb/> Regierungen dieser kleinen Staaten verargen, wenn sie diese factische Wahrheit, die<lb/> mit den staatsrechtlichen Fictionen keineswegs übereinstimmt, nur mit äußerstem<lb/> Widerstreben gelten lassen; aber dies Widerstreben hebt die Thatsache nicht auf.<lb/> Jeder Krieg, den Oestreich oder Preußen mit einem Nachbar führt, bringt die Mög-<lb/> - lichkeit eines Angriffskrieges der auswärtigen Mächte auf deutsche Provinzen und<lb/> folglich ein Ausgebot des Bundes mit sich, und eine Kriegserklärung Oestreichs oder<lb/> Preußens, falls beide. Mächte unter sich einig sind,-von der Zustimmung des Bun¬<lb/> des abhängig machen zu wollen, so sanguinisch werden selbst diejenigen Politiker<lb/> nicht sein, die in der projectirten Union ein Attentat auf die Souveränetät<lb/> ihrer Staaten sahen. Die staatsrechtliche Anerkennung einer Souveränetät ist eine<lb/> schöne Sache, aber in kritischen Zeitpunkten hat sie nur solange Werth, als sie<lb/> mit der Macht verbunden ist, diese Souveränetät selbstständig zu wahren. Aus die¬<lb/> sem Conflict ergibt sich, daß eine stillschweigende oder ausgesprochene Revision in<lb/> den staatsrechtlichen Bestimmungen der Vundcsacte unausweichlich geworden ist, und<lb/> daß der gegenwärtige Drang der Umstände sowie die Einigkeit der beiden deutschen<lb/> Großmächte mit England und Frankreich diesmal de,n kleinern Staaten nicht ganz<lb/> die Freiheit der Action lassen wied, die ihnen 1869 so reichlich zu theil wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_116" next="#ID_117"> Als noch nothwendiger stellt sich eine staatsrechtliche Auseinandersetzung Deutsch¬<lb/> lands mit Dänemark heraus. Die sonderbarsten Verwicklungen, in welche die<lb/> deutsche Politik gerieth, haben es möglich gemacht, daß im Frieden, wie im Kriege<lb/> ein kleiner Staat über die vereinigten Mächte von Preußen, Oestreich und die<lb/> übrigen deutschen Länder diplomatische Triumphe feiern konnte. Die deutschen<lb/> Staaten sind nicht nur gezwungen worden, ihre Landeslcute in den Herzogthümern<lb/> im Stich zu lassen, sie haben sich auch dazu hergegeben, eine Convention zu unter-<lb/> zeichnen, welche Deutschland auf ewig die Möglichkeit einer maritimen Entwicklung<lb/> abschneiden würde, wenn ein beschriebenes Blatt Papier länger Geltung behauptete,<lb/> als die Umstände dauern, die es hervorgerufen haben. Ja zum Ueberfluß hat<lb/> Dänemark noch alles gethan, gegen die sogenannten Insurgenten ein System der<lb/> Verfolgung zu entwickeln, das nur als übermüthiger Hohn gegen die deutschen<lb/> Mächte angesehen werden kann. Noch eine andere Art der Bedrückung übt Däne¬<lb/> mark nicht nur an Deutschland, sondern an den gesammten civilisirten Nationen<lb/> der Welt aus: die Erhebung des Sundzolls. In Beziehung auf diesen Punkt<lb/> ist soeben eine Broschüre erschienen: Der Sundzoll und der Welthandel.<lb/> (Leipzig, Gustav Mayer), die in geistvoller, logischer und strenggeschichtlichcr De-<lb/> duction auseinandersetzt, daß Dänemark ohne alle Spur eines Rechts und ebenso<lb/> ohne jene gebietende Macht, die zuweilen auch das Unrecht zum Recht verwandelt,<lb/> blos durch Begünstigung der Umstände, die eine allgemeine Koalition gegen dies<lb/> Unwesen nicht zu Stande kommen ließen, den Völkern eine Last aufgelegt hat,<lb/> durch die freilich das dänische Regiment sein Leben fristet, die aber den Ostsee-<lb/> Handel nach allen Seiten hin hemmt und unterdrückt. Die Zeiten sind jetzt ge¬<lb/> kommen, wo mit vielen alten Mißverhältnissen eine schnelle und strenge Abrechnung</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0044]
der Art, wie der deutsche Bund, werden die Stimmen nicht gezählt, sondern gewogen,
und es muß sich zeigen, daß bei einer Frage, in der Oestreich und Preußen einig
sind, die Verbindung aller übrigen Bundesglieder gegen sie, auch wenn sie jemals
möglich sein sollte, nichts ausrichten kann und darf. Wir wollen es keineswegs den
Regierungen dieser kleinen Staaten verargen, wenn sie diese factische Wahrheit, die
mit den staatsrechtlichen Fictionen keineswegs übereinstimmt, nur mit äußerstem
Widerstreben gelten lassen; aber dies Widerstreben hebt die Thatsache nicht auf.
Jeder Krieg, den Oestreich oder Preußen mit einem Nachbar führt, bringt die Mög-
- lichkeit eines Angriffskrieges der auswärtigen Mächte auf deutsche Provinzen und
folglich ein Ausgebot des Bundes mit sich, und eine Kriegserklärung Oestreichs oder
Preußens, falls beide. Mächte unter sich einig sind,-von der Zustimmung des Bun¬
des abhängig machen zu wollen, so sanguinisch werden selbst diejenigen Politiker
nicht sein, die in der projectirten Union ein Attentat auf die Souveränetät
ihrer Staaten sahen. Die staatsrechtliche Anerkennung einer Souveränetät ist eine
schöne Sache, aber in kritischen Zeitpunkten hat sie nur solange Werth, als sie
mit der Macht verbunden ist, diese Souveränetät selbstständig zu wahren. Aus die¬
sem Conflict ergibt sich, daß eine stillschweigende oder ausgesprochene Revision in
den staatsrechtlichen Bestimmungen der Vundcsacte unausweichlich geworden ist, und
daß der gegenwärtige Drang der Umstände sowie die Einigkeit der beiden deutschen
Großmächte mit England und Frankreich diesmal de,n kleinern Staaten nicht ganz
die Freiheit der Action lassen wied, die ihnen 1869 so reichlich zu theil wurde.
Als noch nothwendiger stellt sich eine staatsrechtliche Auseinandersetzung Deutsch¬
lands mit Dänemark heraus. Die sonderbarsten Verwicklungen, in welche die
deutsche Politik gerieth, haben es möglich gemacht, daß im Frieden, wie im Kriege
ein kleiner Staat über die vereinigten Mächte von Preußen, Oestreich und die
übrigen deutschen Länder diplomatische Triumphe feiern konnte. Die deutschen
Staaten sind nicht nur gezwungen worden, ihre Landeslcute in den Herzogthümern
im Stich zu lassen, sie haben sich auch dazu hergegeben, eine Convention zu unter-
zeichnen, welche Deutschland auf ewig die Möglichkeit einer maritimen Entwicklung
abschneiden würde, wenn ein beschriebenes Blatt Papier länger Geltung behauptete,
als die Umstände dauern, die es hervorgerufen haben. Ja zum Ueberfluß hat
Dänemark noch alles gethan, gegen die sogenannten Insurgenten ein System der
Verfolgung zu entwickeln, das nur als übermüthiger Hohn gegen die deutschen
Mächte angesehen werden kann. Noch eine andere Art der Bedrückung übt Däne¬
mark nicht nur an Deutschland, sondern an den gesammten civilisirten Nationen
der Welt aus: die Erhebung des Sundzolls. In Beziehung auf diesen Punkt
ist soeben eine Broschüre erschienen: Der Sundzoll und der Welthandel.
(Leipzig, Gustav Mayer), die in geistvoller, logischer und strenggeschichtlichcr De-
duction auseinandersetzt, daß Dänemark ohne alle Spur eines Rechts und ebenso
ohne jene gebietende Macht, die zuweilen auch das Unrecht zum Recht verwandelt,
blos durch Begünstigung der Umstände, die eine allgemeine Koalition gegen dies
Unwesen nicht zu Stande kommen ließen, den Völkern eine Last aufgelegt hat,
durch die freilich das dänische Regiment sein Leben fristet, die aber den Ostsee-
Handel nach allen Seiten hin hemmt und unterdrückt. Die Zeiten sind jetzt ge¬
kommen, wo mit vielen alten Mißverhältnissen eine schnelle und strenge Abrechnung
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