Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

selbe wendet sich oben nach links, und mündet in einen bedeckten Gang,
zu dessen beiden Seiten sich Kaufläden öffnen. Das- ist der Eingang des
Bazars.

Um Ihnen eine Vorstellung zu geben, weiß ich keinen passenderen Ver¬
gleich zu finden, als die Leipziger Messe. Laden an Laden, nur daß die
Butiken nicht flüchtig aufgebaut sondern permanent, ein großer Theil aus
Stein errichtet, und die meisten Gänge, in denen das Publicum sich auf- und
niederbewegt, ebenso wie die Magazine, mit Tonnengewölben von sauberer
echt orientalischer Ausführung überspannt sind. Man hat dies sür nothwendig
erachtet, um den großen Verkaufsraum und seine weitsichtigen Speicher gegen
Feuersbrünste, im besonderen gegen die vom frischen Seewind hier sehr weit
hinwcggeführten Flugseuer, sicherzustellen.

Die Halle, in welche wir eingetreten sind, ist diejenige, wo man Messing?
waaren und allerhand Kleinigkeiten aus Blech und Gußeisen seilhat. Man
sieht hier türkische und persische Fabrikate neben den Erzeugnissen von Birming¬
ham, Susi und Solingen. Ich kann nicht sagen, daß diese Läden einen
imposanten Eindruck machen. Bei näherer Prüfung findet man außerdem, daß
die nationalen Producte roh, und die ausländischen aus der Mode ge¬
kommene oder sonst fehlerhafte Waaren sind. Dasselbe gilt von den Klei-
dungsstvssen, die man weiter hin nach dem Innern des Bazars feilhält.
Frankreich, England, Belgien, Deutschland liefern ihre Fabrikate auf diesen
Markt; nach modernen Stoffen indeß muß man unter ihnen nicht suchen.
Unter den türkischen Erzeugnissen zeichnen sich namentlich die Seidenzeuge aus
Brussa aus. Sie sind selten rein, meistens mit Baumwolle gemischt, aber von
großer Haltbarkeit und stehen im Preise nicht hoch. Es gibt kaum etwas dem
Klima Angemesseneres und dabei Eleganteres als einen Nock nebst Pantalon
und Gilet aus diesem ätherisch leichten und dabei die Lichtstrahlen wie, Atlas
reflectirenden Stoff. '. '

Ein ausnahmweises Interesse für den Fremden haben diejenigen Hallen,
in denen die prächtigen persischen und türkischen Teppiche ausliegen. Die am
meisten gesuchten unter den letzteren sind die in Smyrna oder dessen Umgegend
fabricirten. Sie haben die Dicke eines kleinen Fingers und zeichnen sich durch
die üppige Phantasie aus, die in den bunten Mustern ihrer Gewebe ihr Spiel
treibt. Ich möchte behaupten, daß der Charakter des Orients sich darin mehr
noch und schärfer ausspricht, wie in dem heutigen Eostüm von Männern und
Frauen, in dem Bau der Häuser und was man sonst in diesem Sinne anführt.
Ein echt türkischer Teppich hat nämlich die Eigenthümlichkeit, daß er ohne
Symmetrie und dennoch als Muster ein Ganzes, ohne eigentliche Propor¬
tion in seinen Theilen und dennoch schön ist. So bunt etwa wie diese regel¬
losen Figuren aus blau, roth, gelb, grün und schwarz, liegt das weite Kor-


selbe wendet sich oben nach links, und mündet in einen bedeckten Gang,
zu dessen beiden Seiten sich Kaufläden öffnen. Das- ist der Eingang des
Bazars.

Um Ihnen eine Vorstellung zu geben, weiß ich keinen passenderen Ver¬
gleich zu finden, als die Leipziger Messe. Laden an Laden, nur daß die
Butiken nicht flüchtig aufgebaut sondern permanent, ein großer Theil aus
Stein errichtet, und die meisten Gänge, in denen das Publicum sich auf- und
niederbewegt, ebenso wie die Magazine, mit Tonnengewölben von sauberer
echt orientalischer Ausführung überspannt sind. Man hat dies sür nothwendig
erachtet, um den großen Verkaufsraum und seine weitsichtigen Speicher gegen
Feuersbrünste, im besonderen gegen die vom frischen Seewind hier sehr weit
hinwcggeführten Flugseuer, sicherzustellen.

Die Halle, in welche wir eingetreten sind, ist diejenige, wo man Messing?
waaren und allerhand Kleinigkeiten aus Blech und Gußeisen seilhat. Man
sieht hier türkische und persische Fabrikate neben den Erzeugnissen von Birming¬
ham, Susi und Solingen. Ich kann nicht sagen, daß diese Läden einen
imposanten Eindruck machen. Bei näherer Prüfung findet man außerdem, daß
die nationalen Producte roh, und die ausländischen aus der Mode ge¬
kommene oder sonst fehlerhafte Waaren sind. Dasselbe gilt von den Klei-
dungsstvssen, die man weiter hin nach dem Innern des Bazars feilhält.
Frankreich, England, Belgien, Deutschland liefern ihre Fabrikate auf diesen
Markt; nach modernen Stoffen indeß muß man unter ihnen nicht suchen.
Unter den türkischen Erzeugnissen zeichnen sich namentlich die Seidenzeuge aus
Brussa aus. Sie sind selten rein, meistens mit Baumwolle gemischt, aber von
großer Haltbarkeit und stehen im Preise nicht hoch. Es gibt kaum etwas dem
Klima Angemesseneres und dabei Eleganteres als einen Nock nebst Pantalon
und Gilet aus diesem ätherisch leichten und dabei die Lichtstrahlen wie, Atlas
reflectirenden Stoff. '. '

Ein ausnahmweises Interesse für den Fremden haben diejenigen Hallen,
in denen die prächtigen persischen und türkischen Teppiche ausliegen. Die am
meisten gesuchten unter den letzteren sind die in Smyrna oder dessen Umgegend
fabricirten. Sie haben die Dicke eines kleinen Fingers und zeichnen sich durch
die üppige Phantasie aus, die in den bunten Mustern ihrer Gewebe ihr Spiel
treibt. Ich möchte behaupten, daß der Charakter des Orients sich darin mehr
noch und schärfer ausspricht, wie in dem heutigen Eostüm von Männern und
Frauen, in dem Bau der Häuser und was man sonst in diesem Sinne anführt.
Ein echt türkischer Teppich hat nämlich die Eigenthümlichkeit, daß er ohne
Symmetrie und dennoch als Muster ein Ganzes, ohne eigentliche Propor¬
tion in seinen Theilen und dennoch schön ist. So bunt etwa wie diese regel¬
losen Figuren aus blau, roth, gelb, grün und schwarz, liegt das weite Kor-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0040" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281190"/>
          <p xml:id="ID_101" prev="#ID_100"> selbe wendet sich oben nach links, und mündet in einen bedeckten Gang,<lb/>
zu dessen beiden Seiten sich Kaufläden öffnen. Das- ist der Eingang des<lb/>
Bazars.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_102"> Um Ihnen eine Vorstellung zu geben, weiß ich keinen passenderen Ver¬<lb/>
gleich zu finden, als die Leipziger Messe. Laden an Laden, nur daß die<lb/>
Butiken nicht flüchtig aufgebaut sondern permanent, ein großer Theil aus<lb/>
Stein errichtet, und die meisten Gänge, in denen das Publicum sich auf- und<lb/>
niederbewegt, ebenso wie die Magazine, mit Tonnengewölben von sauberer<lb/>
echt orientalischer Ausführung überspannt sind. Man hat dies sür nothwendig<lb/>
erachtet, um den großen Verkaufsraum und seine weitsichtigen Speicher gegen<lb/>
Feuersbrünste, im besonderen gegen die vom frischen Seewind hier sehr weit<lb/>
hinwcggeführten Flugseuer, sicherzustellen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_103"> Die Halle, in welche wir eingetreten sind, ist diejenige, wo man Messing?<lb/>
waaren und allerhand Kleinigkeiten aus Blech und Gußeisen seilhat. Man<lb/>
sieht hier türkische und persische Fabrikate neben den Erzeugnissen von Birming¬<lb/>
ham, Susi und Solingen. Ich kann nicht sagen, daß diese Läden einen<lb/>
imposanten Eindruck machen. Bei näherer Prüfung findet man außerdem, daß<lb/>
die nationalen Producte roh, und die ausländischen aus der Mode ge¬<lb/>
kommene oder sonst fehlerhafte Waaren sind. Dasselbe gilt von den Klei-<lb/>
dungsstvssen, die man weiter hin nach dem Innern des Bazars feilhält.<lb/>
Frankreich, England, Belgien, Deutschland liefern ihre Fabrikate auf diesen<lb/>
Markt; nach modernen Stoffen indeß muß man unter ihnen nicht suchen.<lb/>
Unter den türkischen Erzeugnissen zeichnen sich namentlich die Seidenzeuge aus<lb/>
Brussa aus. Sie sind selten rein, meistens mit Baumwolle gemischt, aber von<lb/>
großer Haltbarkeit und stehen im Preise nicht hoch. Es gibt kaum etwas dem<lb/>
Klima Angemesseneres und dabei Eleganteres als einen Nock nebst Pantalon<lb/>
und Gilet aus diesem ätherisch leichten und dabei die Lichtstrahlen wie, Atlas<lb/>
reflectirenden Stoff.    '. '</p><lb/>
          <p xml:id="ID_104" next="#ID_105"> Ein ausnahmweises Interesse für den Fremden haben diejenigen Hallen,<lb/>
in denen die prächtigen persischen und türkischen Teppiche ausliegen. Die am<lb/>
meisten gesuchten unter den letzteren sind die in Smyrna oder dessen Umgegend<lb/>
fabricirten. Sie haben die Dicke eines kleinen Fingers und zeichnen sich durch<lb/>
die üppige Phantasie aus, die in den bunten Mustern ihrer Gewebe ihr Spiel<lb/>
treibt. Ich möchte behaupten, daß der Charakter des Orients sich darin mehr<lb/>
noch und schärfer ausspricht, wie in dem heutigen Eostüm von Männern und<lb/>
Frauen, in dem Bau der Häuser und was man sonst in diesem Sinne anführt.<lb/>
Ein echt türkischer Teppich hat nämlich die Eigenthümlichkeit, daß er ohne<lb/>
Symmetrie und dennoch als Muster ein Ganzes, ohne eigentliche Propor¬<lb/>
tion in seinen Theilen und dennoch schön ist. So bunt etwa wie diese regel¬<lb/>
losen Figuren aus blau, roth, gelb, grün und schwarz, liegt das weite Kor-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0040] selbe wendet sich oben nach links, und mündet in einen bedeckten Gang, zu dessen beiden Seiten sich Kaufläden öffnen. Das- ist der Eingang des Bazars. Um Ihnen eine Vorstellung zu geben, weiß ich keinen passenderen Ver¬ gleich zu finden, als die Leipziger Messe. Laden an Laden, nur daß die Butiken nicht flüchtig aufgebaut sondern permanent, ein großer Theil aus Stein errichtet, und die meisten Gänge, in denen das Publicum sich auf- und niederbewegt, ebenso wie die Magazine, mit Tonnengewölben von sauberer echt orientalischer Ausführung überspannt sind. Man hat dies sür nothwendig erachtet, um den großen Verkaufsraum und seine weitsichtigen Speicher gegen Feuersbrünste, im besonderen gegen die vom frischen Seewind hier sehr weit hinwcggeführten Flugseuer, sicherzustellen. Die Halle, in welche wir eingetreten sind, ist diejenige, wo man Messing? waaren und allerhand Kleinigkeiten aus Blech und Gußeisen seilhat. Man sieht hier türkische und persische Fabrikate neben den Erzeugnissen von Birming¬ ham, Susi und Solingen. Ich kann nicht sagen, daß diese Läden einen imposanten Eindruck machen. Bei näherer Prüfung findet man außerdem, daß die nationalen Producte roh, und die ausländischen aus der Mode ge¬ kommene oder sonst fehlerhafte Waaren sind. Dasselbe gilt von den Klei- dungsstvssen, die man weiter hin nach dem Innern des Bazars feilhält. Frankreich, England, Belgien, Deutschland liefern ihre Fabrikate auf diesen Markt; nach modernen Stoffen indeß muß man unter ihnen nicht suchen. Unter den türkischen Erzeugnissen zeichnen sich namentlich die Seidenzeuge aus Brussa aus. Sie sind selten rein, meistens mit Baumwolle gemischt, aber von großer Haltbarkeit und stehen im Preise nicht hoch. Es gibt kaum etwas dem Klima Angemesseneres und dabei Eleganteres als einen Nock nebst Pantalon und Gilet aus diesem ätherisch leichten und dabei die Lichtstrahlen wie, Atlas reflectirenden Stoff. '. ' Ein ausnahmweises Interesse für den Fremden haben diejenigen Hallen, in denen die prächtigen persischen und türkischen Teppiche ausliegen. Die am meisten gesuchten unter den letzteren sind die in Smyrna oder dessen Umgegend fabricirten. Sie haben die Dicke eines kleinen Fingers und zeichnen sich durch die üppige Phantasie aus, die in den bunten Mustern ihrer Gewebe ihr Spiel treibt. Ich möchte behaupten, daß der Charakter des Orients sich darin mehr noch und schärfer ausspricht, wie in dem heutigen Eostüm von Männern und Frauen, in dem Bau der Häuser und was man sonst in diesem Sinne anführt. Ein echt türkischer Teppich hat nämlich die Eigenthümlichkeit, daß er ohne Symmetrie und dennoch als Muster ein Ganzes, ohne eigentliche Propor¬ tion in seinen Theilen und dennoch schön ist. So bunt etwa wie diese regel¬ losen Figuren aus blau, roth, gelb, grün und schwarz, liegt das weite Kor-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/40
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/40>, abgerufen am 27.07.2024.