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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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stantinopel vor den Blicken des aus der Ferne Nahenden da, ohne Ebenmaß,
wirr, wie ein Chaos, aber nichtsdestoweniger ein zauberisches Bild!

Der Unterschied der persischen Teppiche, im Gegensatz zu den türkischen,
scheint darin zu bestehen, daß sie nicht im ganzen wie diese, sondern stückweise
gewoben sind. Sie können um dieses Umstandes willen viel feiner sein und
die Kunst, dem Ganzen ein mosaikartiges Ansehen zu geben, ist hier erleich¬
tert. Im Grunde genommen beruht sie darauf, passenve und durch ihre Nebcn-
stellung Effect machende Stücke aneinanderzunähen. Letztere Arbeit ist es
denn auch, mit welcher man die Teppichverkäufer hauptsächlich, ich möchte
sagen ohne Rast beschäftigt sieht. Die Nadel fliegt in ihren Händen, ohne
daß dadurch die Ruhe der mit gekreuzten Füßen auf ihren Polstern ruhenden
Gestalten im mindesten afftcirt würde.

An dem Schuh-Bazar, wie man die Hallen nennt, in denen die Stiefel-
und Pantoffelkünstler ihre Erzeugnisse aufbieten, lassen Sie uns flüchtiger
vorübergehen. Die meisten Türken, wie überhaupt fast die ganze orientalische
Bevölkerung, versorgt sich hier mit ihrem Bedarf an Lapschi, (innere, leichte,
mit Bändern versehene Schuhe) und Kundrä (Ucberschuhe). Letztere sind un¬
erläßlich, weil man beim Sitzen die Füße aus das Divan hinausnimmt und
unterschlägt. Auch Strümpfe (Schorab) werden in der Nähe feilgehalten.
Sie weichen von den unsrigen nicht ab und sind entweder weiß oder mit
bunten Mustern versehen.

Jetzt befinden wir uns im Juwelierviertel. Sie bemerken diese mit Draht
übersponnenen, vogelbauerartigen Kästen. Man bewahrt darin die edelsten
Steine auf. Der Vorrath, welcher an solchen hier aufgespeichert ist, setzt in
Erstaunen. Aber in Hinsicht auf die Fassung leistet man nicht dasselbe, wie
bei uns.

Der Punkt, wo sich der meiste Reichthum im ganzen Bazar entfaltet, ist
der, wo die Borten aus Gold, wie man sie um die Schabracken setzt und zu
Säbelkvppeln gebraucht, ausgestellt sind. Den schmalen flimmernden Streifen
sieht man es nicht an, daß mancher von ihnen auf tausend Piaster und mehr
zu stehen kommt.

Ein leichter Sprühregen fiel, als ich aus den bedeckten Gängen in die
Straße hinaustrat, was mich veranlaßte behufs des Rückwegs mich nicht
zur Brücke, sondern zu einer der sogenannten Stellen zu wenden, wo man
Bote von jener schlanken und zierlichen Bauart, welche man Kalks nennt, für
ein Geringes behufs der Ueberfahrt über den Hafen.miethet und des Vortheils
genießt, sich mit dem großen Schirm, den der Kaikschi bei sich führt, gegen
Sonne und Regen schützen zu können.




Grelizboten. III.5

stantinopel vor den Blicken des aus der Ferne Nahenden da, ohne Ebenmaß,
wirr, wie ein Chaos, aber nichtsdestoweniger ein zauberisches Bild!

Der Unterschied der persischen Teppiche, im Gegensatz zu den türkischen,
scheint darin zu bestehen, daß sie nicht im ganzen wie diese, sondern stückweise
gewoben sind. Sie können um dieses Umstandes willen viel feiner sein und
die Kunst, dem Ganzen ein mosaikartiges Ansehen zu geben, ist hier erleich¬
tert. Im Grunde genommen beruht sie darauf, passenve und durch ihre Nebcn-
stellung Effect machende Stücke aneinanderzunähen. Letztere Arbeit ist es
denn auch, mit welcher man die Teppichverkäufer hauptsächlich, ich möchte
sagen ohne Rast beschäftigt sieht. Die Nadel fliegt in ihren Händen, ohne
daß dadurch die Ruhe der mit gekreuzten Füßen auf ihren Polstern ruhenden
Gestalten im mindesten afftcirt würde.

An dem Schuh-Bazar, wie man die Hallen nennt, in denen die Stiefel-
und Pantoffelkünstler ihre Erzeugnisse aufbieten, lassen Sie uns flüchtiger
vorübergehen. Die meisten Türken, wie überhaupt fast die ganze orientalische
Bevölkerung, versorgt sich hier mit ihrem Bedarf an Lapschi, (innere, leichte,
mit Bändern versehene Schuhe) und Kundrä (Ucberschuhe). Letztere sind un¬
erläßlich, weil man beim Sitzen die Füße aus das Divan hinausnimmt und
unterschlägt. Auch Strümpfe (Schorab) werden in der Nähe feilgehalten.
Sie weichen von den unsrigen nicht ab und sind entweder weiß oder mit
bunten Mustern versehen.

Jetzt befinden wir uns im Juwelierviertel. Sie bemerken diese mit Draht
übersponnenen, vogelbauerartigen Kästen. Man bewahrt darin die edelsten
Steine auf. Der Vorrath, welcher an solchen hier aufgespeichert ist, setzt in
Erstaunen. Aber in Hinsicht auf die Fassung leistet man nicht dasselbe, wie
bei uns.

Der Punkt, wo sich der meiste Reichthum im ganzen Bazar entfaltet, ist
der, wo die Borten aus Gold, wie man sie um die Schabracken setzt und zu
Säbelkvppeln gebraucht, ausgestellt sind. Den schmalen flimmernden Streifen
sieht man es nicht an, daß mancher von ihnen auf tausend Piaster und mehr
zu stehen kommt.

Ein leichter Sprühregen fiel, als ich aus den bedeckten Gängen in die
Straße hinaustrat, was mich veranlaßte behufs des Rückwegs mich nicht
zur Brücke, sondern zu einer der sogenannten Stellen zu wenden, wo man
Bote von jener schlanken und zierlichen Bauart, welche man Kalks nennt, für
ein Geringes behufs der Ueberfahrt über den Hafen.miethet und des Vortheils
genießt, sich mit dem großen Schirm, den der Kaikschi bei sich führt, gegen
Sonne und Regen schützen zu können.




Grelizboten. III.5
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/41>, abgerufen am 08.01.2025.