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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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hindernd eingewirkt hätte, laufen hier mannigfache Gerüchte um, die indeß der¬
maßen unzuverlässig zu sein scheinen, daß ich Anstand nehmen muß,- sie mitzutheilen.

Im Journal de Konstantinople wird einer Mittheilung des "Jmpartial de
Smurna" widersprochen, wonach General Prim (Graf von Reus) in türkische
Dienste getreten sei, jedoch einen hier angebotenen Monatsgehalt von dreißigtausend
Piastern zurückgewiesen habe. Es wird dabei Gelegenheit genommen, wieder-
holentlich zu erklären, wie der besagte spanische General die Reise nach dem
Balkan und der unteren Dona", auf der er eben begriffen ist, im Auftrage seiner
eigenen Regierung und aus deren Kosten mache. Die Anwesenheit des Grasen
von Reus in der hiesigen Hauptstadt ist Veranlassung geworden, daß man hier
mancherlei über die spanische Armee in Erfahrung gebracht hat, was nicht ohne
Interesse ist. Sie scheint besser und um vieles kriegsmächtiger zu sei", wie man
im allgemeinen seither angenommen hat, und, was die special-Waffen (Artillerie-
nnd Ingenieur- Corps) anlangt, so scheinen die Offiziere beider im Besitz einer
hohen wissenschaftlichen Ausbildung sich zu befinden. Vom General Prim selber
hat man eine minder günstige Meinung, und man weiß sich nicht recht zu er¬
klären, wie ein General, der keine wesentlichen Dienste im Felde leistete und
dessen Kenntnisse sonst nirgends hervorgeleuchtet haben, eine derartige Mission
erhalten konnte. Irre ich nicht, so erwähnte ich bereits vor mehren Wochen
eines Gerüchtes, wonach die spanische Regierung die Absicht hegt, im Fall es
zwischen Rußland und der Pforte zum Kampfe käme, und diese directe Unter¬
stützung von den Seemächten empfangen sollte, eine Armee, gegen englische Sub-
stdien, in der Bulgarei fechten zu lassen. Die Combination wäre nicht übel, und
es ist außerdem gewiß, daß kaum ein anderes Heer für hiesige Verhältnisse,
Land, Boden und Klima tauglicher sein würde, wie das spanische.

In der Umgegend des benachbarten Brussa sind Ereignisse vorgekommen
deren ich hier Erwähnung thun zu müssen glaube, wenn sie gleich nicht politischer
Natur sind. Es handelt sich um mehre Waldbrände, welche nunmehr bereits
20 Tage dauern, und die Bergwände des nördlichen Thals, in welchem jene
alte osmanische Hauptstadt gelegen ist, wie auch die Schluchten, welche sich vom
hohen byzinischen Olymp herniederziehcn, endlich aller Vegetation zu entkleiden
drohen. Die Wirkung des Brandes verspürt man bis hierher; während an heiteren
Tagen, im Frühherbst, der stattliche Berg aus den Straßen von Stambul wahr¬
genommen werden kann, entzieht er sich gegenwärtig, und zwar seit mehren
Wochen bereits, den Blicken; ja bei Südwind riecht es bis tief in den Bospo¬
rus hinein, ähnlich wie in Deutschlands nördlichen Fluren, zur Zeit des
Höhenrauches.

In der Angelegenheit des ungarischen Flüchtlings und reclamirten ameri¬
kanischen Bürgers Koßta ist ein Memorandum des Wiener Cabinets erschienen,
welches in der neuesten Nummer deS Kvnstautinopeler Journals sich abgedruckt


Grenzboten. IV. -I8L3. 4 V

hindernd eingewirkt hätte, laufen hier mannigfache Gerüchte um, die indeß der¬
maßen unzuverlässig zu sein scheinen, daß ich Anstand nehmen muß,- sie mitzutheilen.

Im Journal de Konstantinople wird einer Mittheilung des „Jmpartial de
Smurna" widersprochen, wonach General Prim (Graf von Reus) in türkische
Dienste getreten sei, jedoch einen hier angebotenen Monatsgehalt von dreißigtausend
Piastern zurückgewiesen habe. Es wird dabei Gelegenheit genommen, wieder-
holentlich zu erklären, wie der besagte spanische General die Reise nach dem
Balkan und der unteren Dona», auf der er eben begriffen ist, im Auftrage seiner
eigenen Regierung und aus deren Kosten mache. Die Anwesenheit des Grasen
von Reus in der hiesigen Hauptstadt ist Veranlassung geworden, daß man hier
mancherlei über die spanische Armee in Erfahrung gebracht hat, was nicht ohne
Interesse ist. Sie scheint besser und um vieles kriegsmächtiger zu sei», wie man
im allgemeinen seither angenommen hat, und, was die special-Waffen (Artillerie-
nnd Ingenieur- Corps) anlangt, so scheinen die Offiziere beider im Besitz einer
hohen wissenschaftlichen Ausbildung sich zu befinden. Vom General Prim selber
hat man eine minder günstige Meinung, und man weiß sich nicht recht zu er¬
klären, wie ein General, der keine wesentlichen Dienste im Felde leistete und
dessen Kenntnisse sonst nirgends hervorgeleuchtet haben, eine derartige Mission
erhalten konnte. Irre ich nicht, so erwähnte ich bereits vor mehren Wochen
eines Gerüchtes, wonach die spanische Regierung die Absicht hegt, im Fall es
zwischen Rußland und der Pforte zum Kampfe käme, und diese directe Unter¬
stützung von den Seemächten empfangen sollte, eine Armee, gegen englische Sub-
stdien, in der Bulgarei fechten zu lassen. Die Combination wäre nicht übel, und
es ist außerdem gewiß, daß kaum ein anderes Heer für hiesige Verhältnisse,
Land, Boden und Klima tauglicher sein würde, wie das spanische.

In der Umgegend des benachbarten Brussa sind Ereignisse vorgekommen
deren ich hier Erwähnung thun zu müssen glaube, wenn sie gleich nicht politischer
Natur sind. Es handelt sich um mehre Waldbrände, welche nunmehr bereits
20 Tage dauern, und die Bergwände des nördlichen Thals, in welchem jene
alte osmanische Hauptstadt gelegen ist, wie auch die Schluchten, welche sich vom
hohen byzinischen Olymp herniederziehcn, endlich aller Vegetation zu entkleiden
drohen. Die Wirkung des Brandes verspürt man bis hierher; während an heiteren
Tagen, im Frühherbst, der stattliche Berg aus den Straßen von Stambul wahr¬
genommen werden kann, entzieht er sich gegenwärtig, und zwar seit mehren
Wochen bereits, den Blicken; ja bei Südwind riecht es bis tief in den Bospo¬
rus hinein, ähnlich wie in Deutschlands nördlichen Fluren, zur Zeit des
Höhenrauches.

In der Angelegenheit des ungarischen Flüchtlings und reclamirten ameri¬
kanischen Bürgers Koßta ist ein Memorandum des Wiener Cabinets erschienen,
welches in der neuesten Nummer deS Kvnstautinopeler Journals sich abgedruckt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/81>, abgerufen am 11.02.2025.