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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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muß erfolgen! Der politische Zustand trägt zwar äußerlich das Gepräge der
Ruhe und Ordnung; dennoch ist die Stimmung bei weitem nicht so, wie man sie
wünschen muß. Wie viele dieser Gesinnungstüchtigen sind nicht noch vor¬
handen, die seiner Zeit mit Hand, Mund und Geldbeutel den Aufruhr unter¬
stützten! Den Beutel halten sie jetzt freilich zu und die Hand, sehen sie ein --
muß bis auf bessere Gelegenheit ruhen; aber ihren Schleswig-holsteinischen Mund
vermögen sie nicht zu schließen; nicht selten wird eine anmaßende Sprache ge¬
führt, grade als ob die schwarz-roth-goldene Fahne noch jetzt herausfordernd
wehe zwischen Königsan und Elbe. Das ruhigste Blut kocht, hört man einen
solchen aufrührerischen Kerl und sieht man die unverschämten höhnenden Blicke,
mit denen er Dänen und Dänischgesinnte betrachtet. Andere haben scheinbar den
Weg der Loyalität eingeschlagen; ihrer Bekehrung ist jedoch nicht zu trauen; sie
sind schlauer als die übrigen und verbergen ihre Gefühle. Oft indessen geht die
Natur über die Erziehung und der aufmerksame Beobachter merkt dann ihre
Antipathie gegen Dänemark und ihr Mißvergnügen über die gesetzliche Regierung.
Vorzugsweise in den vermögenden und intelligenten Classen werden diese offenen
und maskirten Schleswig-Holsteiner gefunden; diese unverbesserlichen Gesinnungs¬
tüchtigen verschließen ihre Augen dem unbestreitbaren Wahrzeichen, daß ihre öko¬
nomische und politische Wohlfahrt blüht und alle Zeit geblüht hat unter der
milden dänischen Regierung, während solche unter der Aufruhrregierung einen
harten Stoß erlitt. Diese verlangte zur Forderung der Privatinteressen ihrer
Mitglieder ein Opfer größer als das andere und brachte Verderben über manche
wohlhabende Familie., Dem Bauernstande dagegen, sind nun meistens die Angen
aufgegangen, er betrachtet den Aufruhr in seinem rechten Lichte, ist wohlgesinnt
und freut sich der Segnungen des gegenwärtigen Regiments.""

Der Corsar liefert noch folgende Bilder: ein langbehaarter, bärtiger, be-
spornter Holsteiner mit einem kleinen Lauenburgischen Knaben im Arme, sitzt auf
deu Schultern eines Schleswigers, beide auf denen des dänischen Michel, den sie
zu Boden drücken. Die Erklärung lautet: "das alte kindische Oersted hat ja das
neue dänische Grundgesetz versaßt; daraus kann man schließen, wie die Gesammts-
staatsverfassnng aussehen. wird." "

Der neue "Prinz von Dänemark" findet keine Gnade. Unter der Bezeich¬
nung: "die Familie Hamlet" ist der Prinz Christian von Glücksburg gezeichnet
als jubelnder Kieler Student und Schleswig-Holsteiner; seine Schwägerin, Prin¬
zessin Auguste von Hessen, und der Schwiegervater, Landgraf Wilhelm von Hesse",
als Caricatureu mit bösartige" Ausfällen gegen ihr Privatleben. ,

Der Gesammtstaat wird abgebildet als ein zusammenstürzendes Baugerüste,
Oerstedt unter seinen Trümmern begrabend; Unterschrift: ."aufgeführt 1863,"
"eingestürzt 18ö?"

Doch genug dieser Blumenlese, sie ist nicht wohldnftend, gibt aber treu


muß erfolgen! Der politische Zustand trägt zwar äußerlich das Gepräge der
Ruhe und Ordnung; dennoch ist die Stimmung bei weitem nicht so, wie man sie
wünschen muß. Wie viele dieser Gesinnungstüchtigen sind nicht noch vor¬
handen, die seiner Zeit mit Hand, Mund und Geldbeutel den Aufruhr unter¬
stützten! Den Beutel halten sie jetzt freilich zu und die Hand, sehen sie ein —
muß bis auf bessere Gelegenheit ruhen; aber ihren Schleswig-holsteinischen Mund
vermögen sie nicht zu schließen; nicht selten wird eine anmaßende Sprache ge¬
führt, grade als ob die schwarz-roth-goldene Fahne noch jetzt herausfordernd
wehe zwischen Königsan und Elbe. Das ruhigste Blut kocht, hört man einen
solchen aufrührerischen Kerl und sieht man die unverschämten höhnenden Blicke,
mit denen er Dänen und Dänischgesinnte betrachtet. Andere haben scheinbar den
Weg der Loyalität eingeschlagen; ihrer Bekehrung ist jedoch nicht zu trauen; sie
sind schlauer als die übrigen und verbergen ihre Gefühle. Oft indessen geht die
Natur über die Erziehung und der aufmerksame Beobachter merkt dann ihre
Antipathie gegen Dänemark und ihr Mißvergnügen über die gesetzliche Regierung.
Vorzugsweise in den vermögenden und intelligenten Classen werden diese offenen
und maskirten Schleswig-Holsteiner gefunden; diese unverbesserlichen Gesinnungs¬
tüchtigen verschließen ihre Augen dem unbestreitbaren Wahrzeichen, daß ihre öko¬
nomische und politische Wohlfahrt blüht und alle Zeit geblüht hat unter der
milden dänischen Regierung, während solche unter der Aufruhrregierung einen
harten Stoß erlitt. Diese verlangte zur Forderung der Privatinteressen ihrer
Mitglieder ein Opfer größer als das andere und brachte Verderben über manche
wohlhabende Familie., Dem Bauernstande dagegen, sind nun meistens die Angen
aufgegangen, er betrachtet den Aufruhr in seinem rechten Lichte, ist wohlgesinnt
und freut sich der Segnungen des gegenwärtigen Regiments.""

Der Corsar liefert noch folgende Bilder: ein langbehaarter, bärtiger, be-
spornter Holsteiner mit einem kleinen Lauenburgischen Knaben im Arme, sitzt auf
deu Schultern eines Schleswigers, beide auf denen des dänischen Michel, den sie
zu Boden drücken. Die Erklärung lautet: „das alte kindische Oersted hat ja das
neue dänische Grundgesetz versaßt; daraus kann man schließen, wie die Gesammts-
staatsverfassnng aussehen. wird." "

Der neue „Prinz von Dänemark" findet keine Gnade. Unter der Bezeich¬
nung: „die Familie Hamlet" ist der Prinz Christian von Glücksburg gezeichnet
als jubelnder Kieler Student und Schleswig-Holsteiner; seine Schwägerin, Prin¬
zessin Auguste von Hessen, und der Schwiegervater, Landgraf Wilhelm von Hesse»,
als Caricatureu mit bösartige» Ausfällen gegen ihr Privatleben. ,

Der Gesammtstaat wird abgebildet als ein zusammenstürzendes Baugerüste,
Oerstedt unter seinen Trümmern begrabend; Unterschrift: .„aufgeführt 1863,"
„eingestürzt 18ö?"

Doch genug dieser Blumenlese, sie ist nicht wohldnftend, gibt aber treu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/56>, abgerufen am 06.02.2025.