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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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gen. Anfangs schrieb ihm Diane und er ihr -- sie hatte ihm geschworen wieder
zu kommen. Seit sechs Monaten aber hat er keine Nachricht von Dianen bekom¬
men, waren alle seine Briefe ohne Antwort geblieben. Um sich zu tröffen macht
Aubry einer jungen Millionärin den Hof und es heißt bald in der Stadt, daß
der Maler Paul Aubry Fräulein Lucieux heirathen werde. Wie -er seinem Freunde
Max und dem Bildhauer Taupin gesteht, hat er blos so gehandelt um Dianen
eifersüchtig zu machen und sie zu bewegen, wieder zu ihm zurückzukehren. Max
zieht einen Brief ans seiner Tasche. -- Paul erkennt die Handschrist seiner Ge¬
liebten. Diane schreibt an ihre Freundin Marceline, daß sie von ihrer Leiden¬
schaft zurückgekommen und durch ihre Liebe dem Grafen die Vergangenheit vergessen
mache. Der arme Maler steht wie vernichtet da und auf Zureden seiner Freunde
Max und Taupin, welcher letzterer soeben von seinem ehelichen Modell für im¬
mer Abschied genommen, verspricht er noch denselben Abend um die Hand der
Millionärin anzuhalten. Seine Freunde verlassen ihn und Paul hat wenig¬
stens den Trost, seiner Verzweiflung freien Lauf lassen zu können. Er zerreißt
die.Briefe Dianens, er will anch die letzte Erinnerung an die Meineidige ver¬
nichten, aber man sieht, daß seine Liebe nicht so schnell reißt als die geschriebenen
Schwüre seiner Geliebten. Aubry setzt sich an den Schreibtisch, er zeigt seiner
geliebten Mutter die freudige Nachricht von seiner beabsichtigten Heirath an. Da
öffnet sich die Thüre und Diane tritt herein, in Trauer'gekleidet, und wirst sich
auf einen Stuhl. Aubry hatte sie nicht erkannt, sie muß sich erst nennen. Der
Maler wirst seiner Geliebten ihre Falschheit vor. -- Es kostet ihr nur ein Wort
und sie ist entschuldigt. Sie war nicht früher gekommen, weil ihr Vater am Tode
lag -- sie hatte ihm geschrieben, allein seit sechs Monaten keinen Brief von ihm
bekommen -- sie hatte von seiner Heirath gehört und konnte sich nicht länger
halten -- sie mußte zu ihrem Geliebten. Den Brief an Marceline hatte sie ge¬
schrieben, um die Wachsamkeit ihres Mannes zu täuschen. Paul Aubry betheuert,
daß seine angebliche Heirath blos ein Mittel sein sollte Dianens Eifersucht'auf¬
zustacheln. Die Beseitigung ihrer Briefe ist nun klar; der Graf hatte sie
unterschlagen. Die Liebenden stürzen sich in die Arme -- da wird an der
Thüre geläutet, es ist der Graf. Diane will fliehen, aber Paul kann sich zu
einem so feigen Schritt nicht bewegen lassen - - er fragt Dianen, ob sie bei ihm
aushalten, sein Schicksal theilen wolle. Diese bejaht es, und Paul reißt zwei
Degen von der Wand, stürzt zur Thüre, indem er ruft: ich bin zu ihren Dien¬
sten, Graf. Wie er die Thüre öffnet streckt,ihn ein Schuß nieder. Diane fällt
ohnmächtig hin. Max und Taupin stürzen durch eine andere Thür herein.
Paul, Paul wo bist du? Er war der Geliebte meiner Frau, ich habe ihn getöd-
tet. "H'vör mon üroit antwortet der Graf und der Vorhang fällt.

I.g, äixnitb co mari est sauvöö. Das ist,die Moral des Stücks. Der
Mann, der ein junges Mädchen aus Eigennutz heirathet, sie dann vernachlässigt


gen. Anfangs schrieb ihm Diane und er ihr — sie hatte ihm geschworen wieder
zu kommen. Seit sechs Monaten aber hat er keine Nachricht von Dianen bekom¬
men, waren alle seine Briefe ohne Antwort geblieben. Um sich zu tröffen macht
Aubry einer jungen Millionärin den Hof und es heißt bald in der Stadt, daß
der Maler Paul Aubry Fräulein Lucieux heirathen werde. Wie -er seinem Freunde
Max und dem Bildhauer Taupin gesteht, hat er blos so gehandelt um Dianen
eifersüchtig zu machen und sie zu bewegen, wieder zu ihm zurückzukehren. Max
zieht einen Brief ans seiner Tasche. — Paul erkennt die Handschrist seiner Ge¬
liebten. Diane schreibt an ihre Freundin Marceline, daß sie von ihrer Leiden¬
schaft zurückgekommen und durch ihre Liebe dem Grafen die Vergangenheit vergessen
mache. Der arme Maler steht wie vernichtet da und auf Zureden seiner Freunde
Max und Taupin, welcher letzterer soeben von seinem ehelichen Modell für im¬
mer Abschied genommen, verspricht er noch denselben Abend um die Hand der
Millionärin anzuhalten. Seine Freunde verlassen ihn und Paul hat wenig¬
stens den Trost, seiner Verzweiflung freien Lauf lassen zu können. Er zerreißt
die.Briefe Dianens, er will anch die letzte Erinnerung an die Meineidige ver¬
nichten, aber man sieht, daß seine Liebe nicht so schnell reißt als die geschriebenen
Schwüre seiner Geliebten. Aubry setzt sich an den Schreibtisch, er zeigt seiner
geliebten Mutter die freudige Nachricht von seiner beabsichtigten Heirath an. Da
öffnet sich die Thüre und Diane tritt herein, in Trauer'gekleidet, und wirst sich
auf einen Stuhl. Aubry hatte sie nicht erkannt, sie muß sich erst nennen. Der
Maler wirst seiner Geliebten ihre Falschheit vor. — Es kostet ihr nur ein Wort
und sie ist entschuldigt. Sie war nicht früher gekommen, weil ihr Vater am Tode
lag — sie hatte ihm geschrieben, allein seit sechs Monaten keinen Brief von ihm
bekommen — sie hatte von seiner Heirath gehört und konnte sich nicht länger
halten — sie mußte zu ihrem Geliebten. Den Brief an Marceline hatte sie ge¬
schrieben, um die Wachsamkeit ihres Mannes zu täuschen. Paul Aubry betheuert,
daß seine angebliche Heirath blos ein Mittel sein sollte Dianens Eifersucht'auf¬
zustacheln. Die Beseitigung ihrer Briefe ist nun klar; der Graf hatte sie
unterschlagen. Die Liebenden stürzen sich in die Arme — da wird an der
Thüre geläutet, es ist der Graf. Diane will fliehen, aber Paul kann sich zu
einem so feigen Schritt nicht bewegen lassen - - er fragt Dianen, ob sie bei ihm
aushalten, sein Schicksal theilen wolle. Diese bejaht es, und Paul reißt zwei
Degen von der Wand, stürzt zur Thüre, indem er ruft: ich bin zu ihren Dien¬
sten, Graf. Wie er die Thüre öffnet streckt,ihn ein Schuß nieder. Diane fällt
ohnmächtig hin. Max und Taupin stürzen durch eine andere Thür herein.
Paul, Paul wo bist du? Er war der Geliebte meiner Frau, ich habe ihn getöd-
tet. «H'vör mon üroit antwortet der Graf und der Vorhang fällt.

I.g, äixnitb co mari est sauvöö. Das ist,die Moral des Stücks. Der
Mann, der ein junges Mädchen aus Eigennutz heirathet, sie dann vernachlässigt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/506>, abgerufen am 06.02.2025.