Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Gebiete zeigen, er schoß sie ohne Gnade nieder, und zuletzt fiel ihm sogar ein Erst im October stattete Napoleon zum ersten und letzten Male einen Gebiete zeigen, er schoß sie ohne Gnade nieder, und zuletzt fiel ihm sogar ein Erst im October stattete Napoleon zum ersten und letzten Male einen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0437" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97142"/> <p xml:id="ID_1300" prev="#ID_1299"> Gebiete zeigen, er schoß sie ohne Gnade nieder, und zuletzt fiel ihm sogar ein<lb/> Ochse, der sich bis aus den Rasenplatz vor dem Hause gewagt hatte, zum Opfer.<lb/> Diese Unterhaltung gefiel ihm so wohl, daß er sich Ziegen ans der Stadt kom¬<lb/> men ließ, um nach ihnen zu schießen. Zu anderer Zeit beschäftigte ihn eine neue<lb/> Aufstellung der Infanterie, und zwar so angelegentlich, daß er oft mitten in der<lb/> Nacht aufstand, um seine Gedanken darüber niederzuschreiben, und an Bertrand<lb/> Billets darüber zu schicken. Sehr häufig zeichnete er seine Pläne in seineu<lb/> kleinen Garten ans die Erde, während seine Offiziere und Bedienten, denen er<lb/> seine Ideen auseinandersetzte, rund Herumstauden. Er wollte seine Infanterie<lb/> bis zu zehn Mann tief aufstellen, entweder auf nach vorn' geneigten Ebenen, oder<lb/> nach der Größe rangirt. Wo das Terrain nicht günstig war, sollten die Sol¬<lb/> daten selbst Stufen ausgraben, die den Hinteren Reihen erlaubten, sich hoch genug<lb/> aufzustellen, um über die vorderen Glieder feuern zu können, und das sollte in<lb/> einer Minute geschehen. Als Bertrand eine Minute mehr verlangte, gab er<lb/> zur Antwort: „Nein! im Kriege ist eine halb Minute zuviel Verlust; ihr be¬<lb/> kommt die Reiterei ans den Hals und werdet niedergehauen". Um die Aus¬<lb/> führbarkeit dit'ser Aufstellung zu zeigen, rief er manchmal aus: „Komm her,<lb/> Noverraz; du bist der längste; stell dich dorthin, und ihr andern kommt Hie¬<lb/> her". Dann stellte er sie nach der Größe ans einem Abhang auf, stellte sich<lb/> dahinter, und sagte: „Ich als der kleinste nehme deu hintersten Platz". Dann<lb/> zielte er mit einem Stock über die Köpfe der andern, und rief triumphirend<lb/> ans : „Seht ihr, wie ich über Noverraz Kopf weggeschossen habet"</p><lb/> <p xml:id="ID_1301" next="#ID_1302"> Erst im October stattete Napoleon zum ersten und letzten Male einen<lb/> Besuch auf der Insel ab, und zwar bei Sir William Doveton, einem ans<lb/> Se. Helena gebornen Engländer, dessen Landsitz Mount Pleasant eine Meile von<lb/> Longwvvd entfernt war. Als am 4> October der alte Herr seinen gewöhnlichen<lb/> Spaziergang vor dem Frühstück im Garten machte, sah er mehre Reiter ans das<lb/> Hans zukommen, und erkannte in ihnen durch das Fernrohr bald die Bewohner<lb/> von Longwood. Graf Montholon stieg vom Pferde und Sir William ging ihm<lb/> bis an die Gartenpforte entgegen; der Graf überbrachte die Komplimente des<lb/> Kaisers, und frug an, ob er hereinkommen und ausruhen dürfe. Sir William '<lb/> gab zur Antwort, er werde sich freuen, ihn zu sehen, und stellte ihm alle Bequem¬<lb/> lichkeit des Hauses zu Diensten. Montholon stieg dann wi.eder zu Pferde, und<lb/> kam mit den übrigen in den Garten zurück. Leider verstand Sir William kein<lb/> Wort Französisch, und mußte sich durch Hilfe des Grafen Bertrand unterhalten,<lb/> dessen Kenntniß des Englischen ebenfalls viel zu wünschen übrig ließ. Sir William'<lb/> machte jedoch seine Komplimente so gut es ging, und da Bonaparte sehr er¬<lb/> müdet zu sein schien, so bat er ihn in das Haus zu treten und auszuruhen,<lb/> worauf der Exkaiser sich uach der Thür wendete,' und auf Bertrands Arm ge¬<lb/> stützt die Stufen hinaufstieg. Er setzte sich auf das Sopha und fing mit seinem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0437]
Gebiete zeigen, er schoß sie ohne Gnade nieder, und zuletzt fiel ihm sogar ein
Ochse, der sich bis aus den Rasenplatz vor dem Hause gewagt hatte, zum Opfer.
Diese Unterhaltung gefiel ihm so wohl, daß er sich Ziegen ans der Stadt kom¬
men ließ, um nach ihnen zu schießen. Zu anderer Zeit beschäftigte ihn eine neue
Aufstellung der Infanterie, und zwar so angelegentlich, daß er oft mitten in der
Nacht aufstand, um seine Gedanken darüber niederzuschreiben, und an Bertrand
Billets darüber zu schicken. Sehr häufig zeichnete er seine Pläne in seineu
kleinen Garten ans die Erde, während seine Offiziere und Bedienten, denen er
seine Ideen auseinandersetzte, rund Herumstauden. Er wollte seine Infanterie
bis zu zehn Mann tief aufstellen, entweder auf nach vorn' geneigten Ebenen, oder
nach der Größe rangirt. Wo das Terrain nicht günstig war, sollten die Sol¬
daten selbst Stufen ausgraben, die den Hinteren Reihen erlaubten, sich hoch genug
aufzustellen, um über die vorderen Glieder feuern zu können, und das sollte in
einer Minute geschehen. Als Bertrand eine Minute mehr verlangte, gab er
zur Antwort: „Nein! im Kriege ist eine halb Minute zuviel Verlust; ihr be¬
kommt die Reiterei ans den Hals und werdet niedergehauen". Um die Aus¬
führbarkeit dit'ser Aufstellung zu zeigen, rief er manchmal aus: „Komm her,
Noverraz; du bist der längste; stell dich dorthin, und ihr andern kommt Hie¬
her". Dann stellte er sie nach der Größe ans einem Abhang auf, stellte sich
dahinter, und sagte: „Ich als der kleinste nehme deu hintersten Platz". Dann
zielte er mit einem Stock über die Köpfe der andern, und rief triumphirend
ans : „Seht ihr, wie ich über Noverraz Kopf weggeschossen habet"
Erst im October stattete Napoleon zum ersten und letzten Male einen
Besuch auf der Insel ab, und zwar bei Sir William Doveton, einem ans
Se. Helena gebornen Engländer, dessen Landsitz Mount Pleasant eine Meile von
Longwvvd entfernt war. Als am 4> October der alte Herr seinen gewöhnlichen
Spaziergang vor dem Frühstück im Garten machte, sah er mehre Reiter ans das
Hans zukommen, und erkannte in ihnen durch das Fernrohr bald die Bewohner
von Longwood. Graf Montholon stieg vom Pferde und Sir William ging ihm
bis an die Gartenpforte entgegen; der Graf überbrachte die Komplimente des
Kaisers, und frug an, ob er hereinkommen und ausruhen dürfe. Sir William '
gab zur Antwort, er werde sich freuen, ihn zu sehen, und stellte ihm alle Bequem¬
lichkeit des Hauses zu Diensten. Montholon stieg dann wi.eder zu Pferde, und
kam mit den übrigen in den Garten zurück. Leider verstand Sir William kein
Wort Französisch, und mußte sich durch Hilfe des Grafen Bertrand unterhalten,
dessen Kenntniß des Englischen ebenfalls viel zu wünschen übrig ließ. Sir William'
machte jedoch seine Komplimente so gut es ging, und da Bonaparte sehr er¬
müdet zu sein schien, so bat er ihn in das Haus zu treten und auszuruhen,
worauf der Exkaiser sich uach der Thür wendete,' und auf Bertrands Arm ge¬
stützt die Stufen hinaufstieg. Er setzte sich auf das Sopha und fing mit seinem
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