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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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verfänglicher scheinen uns einige Mittheilungen, welche sich zum größten Theil auf
eigene Anschauung gründen.

Nach den officiellen Angaben beläuft sich die gesammte maritime Macht
Rußlands ungefähr auf 60 Linienschiffe von 70 -- 130 Kanonen, 37 Fregatten von
40 -- 60 Geschützen, 70 Korvetten, Briggs, Brigantine" und angeblich 40 Dampf¬
schiffe mit 42,000 Matrosen und 20,000 Seesvldaten, einschließlich der Artil¬
leristen. Dies würde 167 größere Segelschiffe mit 9000 Geschützen geben. In
Wahrheit ist dagegen die Summe der Schiffe, Mannschaft und Geschütze geringer.
Es existiren nämlich 3 Linienschiffe von 100--130 Kanonen; die Nvssta und noch
zwei andere gigantische Schiffe von 130 Kanonen in vier Etagen und von einer
ganzen Equipage (1000 M.) bemannt, sind in dem Fahrwasser des baltischen
wie des schwarzen Meeres fast unbrauchbar wegen ihres zu großen Tiefganges.
Sie verbringen daher den größten Theil ihres Lebens im ansgepnmpten Dock,
um ausgebessert zu werden. Jenen fünf Linienschiffen folgen noch 22 zu 80 --
100, 20 zu 70 -- 80 Kauonen, 4 Fregatten zu 60, 20 zu 36 -- 30 Geschützen
und etwa 40 Corvetten, Briggs, Schooner ?c> Macht im ganzen 113 größere
Fahrzeuge mit 7300 Geschützen, 49,800 Matrosen und Seesvldateu, einschließlich
der Artilleristen. Die russische Gesammtflotte zerfällt in fünf Divisionen, von
denen die drei ersten im baltischen, die beiden letztern im schwarzen, kaspischen
Meere aufgestellt sind. Kronstäbe ist der Hafen für die 1. und 2., Neval für die
3. Division, Sewastopol für die 4. und 3., wozu Astrachan als Hafen der wenigen
Schiffe des kaspischen Meeres tritt. Jede Division theilt sich wieder in drei Bri¬
gaden, jede dieser hat drei Equipagen. Die Bestandtheile der Equipagen, von
denen jede 1000 Mann umfassen soll, sind sehr verschieden. Auch ist ihre Mann¬
schaft und Artillerie höchst selten vollzählig.

Ans die baltische Flotte kommen reglementSmäßig 27 Equipagen. Dies würde
eine Streitmacht von 33,730 Mann geben, umfaßdjedoch in Wahrheit kaum 27,000
Mann. Abgesondert davon besteht die Scheerenflotte an Finnlands Südküste, welche
mit etwa 1000 Finnen bemannt ist. Trotzdem wird sie als 46. Equipage aufgerech¬
net, während die 47. Equipage (Gardemarine, in Petersburg stationirt), nur eine
Paradeabtheilung bildet und die unbezifferle Lchrcquipage vorzugsweise zur prak¬
tischen Bildung von Marineoffizieren dient. Die drei lctztgenanten Equipagen
siud eigentlich gar nicht in Betracht zu ziehen, wenn es sich um Rußlands Kriegs¬
macht auf der See handelt. Ebensowenig die 9 Lasteqnipagen, welche mit den
13 Arbeiterequipagcu uur Hafendienste verrichten.

Im allgemeinen besitzt die Flotte des schwarzen Meeres mehr kleine
Schiffe, die der Ostsee eine zahlreichere Dmnpfflotille. Das eigentliche Gros
derselben bilden 13 größere Dampfer und 2 Dampssregntteu (Bvgatir und Kamt¬
schatka). Da indessen auch die Tranöportsteamer der Krone meistens sür den
eventuellen Kriegsdienst eingerichtet sind und ebenso die Privatdampfer schmal


Grcnzl'oder. IV. -IM. 47

verfänglicher scheinen uns einige Mittheilungen, welche sich zum größten Theil auf
eigene Anschauung gründen.

Nach den officiellen Angaben beläuft sich die gesammte maritime Macht
Rußlands ungefähr auf 60 Linienschiffe von 70 — 130 Kanonen, 37 Fregatten von
40 — 60 Geschützen, 70 Korvetten, Briggs, Brigantine» und angeblich 40 Dampf¬
schiffe mit 42,000 Matrosen und 20,000 Seesvldaten, einschließlich der Artil¬
leristen. Dies würde 167 größere Segelschiffe mit 9000 Geschützen geben. In
Wahrheit ist dagegen die Summe der Schiffe, Mannschaft und Geschütze geringer.
Es existiren nämlich 3 Linienschiffe von 100—130 Kanonen; die Nvssta und noch
zwei andere gigantische Schiffe von 130 Kanonen in vier Etagen und von einer
ganzen Equipage (1000 M.) bemannt, sind in dem Fahrwasser des baltischen
wie des schwarzen Meeres fast unbrauchbar wegen ihres zu großen Tiefganges.
Sie verbringen daher den größten Theil ihres Lebens im ansgepnmpten Dock,
um ausgebessert zu werden. Jenen fünf Linienschiffen folgen noch 22 zu 80 —
100, 20 zu 70 — 80 Kauonen, 4 Fregatten zu 60, 20 zu 36 — 30 Geschützen
und etwa 40 Corvetten, Briggs, Schooner ?c> Macht im ganzen 113 größere
Fahrzeuge mit 7300 Geschützen, 49,800 Matrosen und Seesvldateu, einschließlich
der Artilleristen. Die russische Gesammtflotte zerfällt in fünf Divisionen, von
denen die drei ersten im baltischen, die beiden letztern im schwarzen, kaspischen
Meere aufgestellt sind. Kronstäbe ist der Hafen für die 1. und 2., Neval für die
3. Division, Sewastopol für die 4. und 3., wozu Astrachan als Hafen der wenigen
Schiffe des kaspischen Meeres tritt. Jede Division theilt sich wieder in drei Bri¬
gaden, jede dieser hat drei Equipagen. Die Bestandtheile der Equipagen, von
denen jede 1000 Mann umfassen soll, sind sehr verschieden. Auch ist ihre Mann¬
schaft und Artillerie höchst selten vollzählig.

Ans die baltische Flotte kommen reglementSmäßig 27 Equipagen. Dies würde
eine Streitmacht von 33,730 Mann geben, umfaßdjedoch in Wahrheit kaum 27,000
Mann. Abgesondert davon besteht die Scheerenflotte an Finnlands Südküste, welche
mit etwa 1000 Finnen bemannt ist. Trotzdem wird sie als 46. Equipage aufgerech¬
net, während die 47. Equipage (Gardemarine, in Petersburg stationirt), nur eine
Paradeabtheilung bildet und die unbezifferle Lchrcquipage vorzugsweise zur prak¬
tischen Bildung von Marineoffizieren dient. Die drei lctztgenanten Equipagen
siud eigentlich gar nicht in Betracht zu ziehen, wenn es sich um Rußlands Kriegs¬
macht auf der See handelt. Ebensowenig die 9 Lasteqnipagen, welche mit den
13 Arbeiterequipagcu uur Hafendienste verrichten.

Im allgemeinen besitzt die Flotte des schwarzen Meeres mehr kleine
Schiffe, die der Ostsee eine zahlreichere Dmnpfflotille. Das eigentliche Gros
derselben bilden 13 größere Dampfer und 2 Dampssregntteu (Bvgatir und Kamt¬
schatka). Da indessen auch die Tranöportsteamer der Krone meistens sür den
eventuellen Kriegsdienst eingerichtet sind und ebenso die Privatdampfer schmal


Grcnzl'oder. IV. -IM. 47
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[0377] verfänglicher scheinen uns einige Mittheilungen, welche sich zum größten Theil auf eigene Anschauung gründen. Nach den officiellen Angaben beläuft sich die gesammte maritime Macht Rußlands ungefähr auf 60 Linienschiffe von 70 — 130 Kanonen, 37 Fregatten von 40 — 60 Geschützen, 70 Korvetten, Briggs, Brigantine» und angeblich 40 Dampf¬ schiffe mit 42,000 Matrosen und 20,000 Seesvldaten, einschließlich der Artil¬ leristen. Dies würde 167 größere Segelschiffe mit 9000 Geschützen geben. In Wahrheit ist dagegen die Summe der Schiffe, Mannschaft und Geschütze geringer. Es existiren nämlich 3 Linienschiffe von 100—130 Kanonen; die Nvssta und noch zwei andere gigantische Schiffe von 130 Kanonen in vier Etagen und von einer ganzen Equipage (1000 M.) bemannt, sind in dem Fahrwasser des baltischen wie des schwarzen Meeres fast unbrauchbar wegen ihres zu großen Tiefganges. Sie verbringen daher den größten Theil ihres Lebens im ansgepnmpten Dock, um ausgebessert zu werden. Jenen fünf Linienschiffen folgen noch 22 zu 80 — 100, 20 zu 70 — 80 Kauonen, 4 Fregatten zu 60, 20 zu 36 — 30 Geschützen und etwa 40 Corvetten, Briggs, Schooner ?c> Macht im ganzen 113 größere Fahrzeuge mit 7300 Geschützen, 49,800 Matrosen und Seesvldateu, einschließlich der Artilleristen. Die russische Gesammtflotte zerfällt in fünf Divisionen, von denen die drei ersten im baltischen, die beiden letztern im schwarzen, kaspischen Meere aufgestellt sind. Kronstäbe ist der Hafen für die 1. und 2., Neval für die 3. Division, Sewastopol für die 4. und 3., wozu Astrachan als Hafen der wenigen Schiffe des kaspischen Meeres tritt. Jede Division theilt sich wieder in drei Bri¬ gaden, jede dieser hat drei Equipagen. Die Bestandtheile der Equipagen, von denen jede 1000 Mann umfassen soll, sind sehr verschieden. Auch ist ihre Mann¬ schaft und Artillerie höchst selten vollzählig. Ans die baltische Flotte kommen reglementSmäßig 27 Equipagen. Dies würde eine Streitmacht von 33,730 Mann geben, umfaßdjedoch in Wahrheit kaum 27,000 Mann. Abgesondert davon besteht die Scheerenflotte an Finnlands Südküste, welche mit etwa 1000 Finnen bemannt ist. Trotzdem wird sie als 46. Equipage aufgerech¬ net, während die 47. Equipage (Gardemarine, in Petersburg stationirt), nur eine Paradeabtheilung bildet und die unbezifferle Lchrcquipage vorzugsweise zur prak¬ tischen Bildung von Marineoffizieren dient. Die drei lctztgenanten Equipagen siud eigentlich gar nicht in Betracht zu ziehen, wenn es sich um Rußlands Kriegs¬ macht auf der See handelt. Ebensowenig die 9 Lasteqnipagen, welche mit den 13 Arbeiterequipagcu uur Hafendienste verrichten. Im allgemeinen besitzt die Flotte des schwarzen Meeres mehr kleine Schiffe, die der Ostsee eine zahlreichere Dmnpfflotille. Das eigentliche Gros derselben bilden 13 größere Dampfer und 2 Dampssregntteu (Bvgatir und Kamt¬ schatka). Da indessen auch die Tranöportsteamer der Krone meistens sür den eventuellen Kriegsdienst eingerichtet sind und ebenso die Privatdampfer schmal Grcnzl'oder. IV. -IM. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/377>, abgerufen am 05.02.2025.