Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.sammengenommen, gibt uns die ermattende Kraft der Angriffe und die wachsende Hat nun an dieser glücklichen Wendung irgend eine öffentliche Macht ent¬ sammengenommen, gibt uns die ermattende Kraft der Angriffe und die wachsende Hat nun an dieser glücklichen Wendung irgend eine öffentliche Macht ent¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0034" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96739"/> <p xml:id="ID_70" prev="#ID_69"> sammengenommen, gibt uns die ermattende Kraft der Angriffe und die wachsende<lb/> Allgemeinheit, die nachdrückliche Gewalt des Widerstandes wol nicht mit Unrecht<lb/> das Vertrauen, daß für die öffentliche Meinung der civilisirten Welt, und<lb/> namentlich Deutschlands, die Frage des freien Kornhaudels von -I8S3 an ge¬<lb/> rechnet ans immer entschieden und abgethan sein werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_71" next="#ID_72"> Hat nun an dieser glücklichen Wendung irgend eine öffentliche Macht ent¬<lb/> scheidenden Antheil gehabt, so ist es jedenfalls die Presse. Die LebenSmittel-<lb/> frage gehört ihrer Kategorie nach im ganzen nicht zu denjenigen, welche in die<lb/> Kompetenz der gesetzgebenden Körperschaften fallen, wenigstens nicht da, wo sie<lb/> zu einer augenblicklichen Entschließung drängt und in der Form großer Theue¬<lb/> rungen anstritt. Von den Gewalten der öffentlichen Meinung ist es also ziemlich<lb/> ausschließlich die Tagespresse, der hier für die gedeihlichste Wirksamkeit ein brei¬<lb/> tes Feld abgesteckt liegt. Sie kaun auf ihm um so leichter zu realen Erfolgen<lb/> vordringen, als ihre Organe von einer unendlichen Mannigfaltigkeit der Wirkung<lb/> sind und ebenso gut den beschränktesten localen Zweck ins Auge zu fassen, wie die<lb/> weitesten und allgemeinsten Gesichtspunkte zu erörtern vermögen. In einem Falle<lb/> wie dem vorliegenden aber hat die Wahrheit, die Wissenschaft an ihr eine ganz<lb/> einzige und unvergleichliche Waffe. Es ließe sich ja anch denken, daß herr¬<lb/> schende Begriffsverwirrungeu über ökonomische Verhältnisse etwa durch eine ver¬<lb/> änderte Richtung der öffentlichen Erziehung, oder durch die Discussion auf par¬<lb/> lamentarischer Tribüne, oder selbst durch zweckmäßige Instruction der competenten<lb/> Beamtenclassen mehr oder weniger gehoben würden. Aber die Wirkung solcher<lb/> Abhilssmittel würde doch unendlich langsam, schwankend und vereinzelt gegen die<lb/> einer zusammenhängenden, von einem Sinne beseelten Presse sein. Es kommt<lb/> dazu, daß auf keinem Gebiet des politischen Lebens die Anstecknngskraft der Wahr¬<lb/> heit mit gleicher Geschwindigkeit wirkt. In dieser Beziehung ist es daher eine<lb/> wohl zu beachtende Erscheinung, daß die unbeschränkte Freiheit des Kornhandels<lb/> in keinem Lande so früh zum Durchbruch und zu moralischer Alleinherrschaft ge¬<lb/> langt ist, wie in England, der Geburtsstätte einer wahrhaft gebildeten Presse.<lb/> Von der öffentlichen Meinung Englands konnte schon 18-18 eine ihrer würdigsten<lb/> Vertreterinnen, das Edinburgh Review sage», sie dulde kaum im Munde eines<lb/> Schulknaben mehr die Aufwärmung jenes unverständigen Geschreis über Kvrn-<lb/> wucher, mit dem zurückgebliebene Völker ihren eigenen Vortheil und die wirk¬<lb/> samste Hilfe gegen Hungersnoth lästerten. Von Deutschland wird man wol<lb/> behaupten dürfen, daß es seinerseits auch im Jahre -I8i7 zum letzten Mal das<lb/> traurige Schauspiel solcher trüber Aufregungen erlebt hätte, wenn es dazumal<lb/> bereits eine wohlorganisirte, dichtverzweigte und den durchschnittlichen Bildungs¬<lb/> stand der Zeit innehaltende Presse besessen hätte. Diejenigen aber, welche von<lb/> dieser modernen Weltmacht noch nichts wissen oder halten, mögen ans einem<lb/> scheinbar so unbequemen und ungelegener Beispiel ersehen, wie gewaltig ihr</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
sammengenommen, gibt uns die ermattende Kraft der Angriffe und die wachsende
Allgemeinheit, die nachdrückliche Gewalt des Widerstandes wol nicht mit Unrecht
das Vertrauen, daß für die öffentliche Meinung der civilisirten Welt, und
namentlich Deutschlands, die Frage des freien Kornhaudels von -I8S3 an ge¬
rechnet ans immer entschieden und abgethan sein werde.
Hat nun an dieser glücklichen Wendung irgend eine öffentliche Macht ent¬
scheidenden Antheil gehabt, so ist es jedenfalls die Presse. Die LebenSmittel-
frage gehört ihrer Kategorie nach im ganzen nicht zu denjenigen, welche in die
Kompetenz der gesetzgebenden Körperschaften fallen, wenigstens nicht da, wo sie
zu einer augenblicklichen Entschließung drängt und in der Form großer Theue¬
rungen anstritt. Von den Gewalten der öffentlichen Meinung ist es also ziemlich
ausschließlich die Tagespresse, der hier für die gedeihlichste Wirksamkeit ein brei¬
tes Feld abgesteckt liegt. Sie kaun auf ihm um so leichter zu realen Erfolgen
vordringen, als ihre Organe von einer unendlichen Mannigfaltigkeit der Wirkung
sind und ebenso gut den beschränktesten localen Zweck ins Auge zu fassen, wie die
weitesten und allgemeinsten Gesichtspunkte zu erörtern vermögen. In einem Falle
wie dem vorliegenden aber hat die Wahrheit, die Wissenschaft an ihr eine ganz
einzige und unvergleichliche Waffe. Es ließe sich ja anch denken, daß herr¬
schende Begriffsverwirrungeu über ökonomische Verhältnisse etwa durch eine ver¬
änderte Richtung der öffentlichen Erziehung, oder durch die Discussion auf par¬
lamentarischer Tribüne, oder selbst durch zweckmäßige Instruction der competenten
Beamtenclassen mehr oder weniger gehoben würden. Aber die Wirkung solcher
Abhilssmittel würde doch unendlich langsam, schwankend und vereinzelt gegen die
einer zusammenhängenden, von einem Sinne beseelten Presse sein. Es kommt
dazu, daß auf keinem Gebiet des politischen Lebens die Anstecknngskraft der Wahr¬
heit mit gleicher Geschwindigkeit wirkt. In dieser Beziehung ist es daher eine
wohl zu beachtende Erscheinung, daß die unbeschränkte Freiheit des Kornhandels
in keinem Lande so früh zum Durchbruch und zu moralischer Alleinherrschaft ge¬
langt ist, wie in England, der Geburtsstätte einer wahrhaft gebildeten Presse.
Von der öffentlichen Meinung Englands konnte schon 18-18 eine ihrer würdigsten
Vertreterinnen, das Edinburgh Review sage», sie dulde kaum im Munde eines
Schulknaben mehr die Aufwärmung jenes unverständigen Geschreis über Kvrn-
wucher, mit dem zurückgebliebene Völker ihren eigenen Vortheil und die wirk¬
samste Hilfe gegen Hungersnoth lästerten. Von Deutschland wird man wol
behaupten dürfen, daß es seinerseits auch im Jahre -I8i7 zum letzten Mal das
traurige Schauspiel solcher trüber Aufregungen erlebt hätte, wenn es dazumal
bereits eine wohlorganisirte, dichtverzweigte und den durchschnittlichen Bildungs¬
stand der Zeit innehaltende Presse besessen hätte. Diejenigen aber, welche von
dieser modernen Weltmacht noch nichts wissen oder halten, mögen ans einem
scheinbar so unbequemen und ungelegener Beispiel ersehen, wie gewaltig ihr
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