Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Blätter in gleichlautenden Abschriften täglich'versorgt. Das Interesse an Saphirs Bänerles Theaterzeitnng sucht ihr Heil in der Mannigfaltigkeit ihres bunten Der Haus Jörgel von Gnmpoldskirchen, wohl zu unterscheiden vou seinem Ich kau" unmöglich aufzählen und charakterisiere", was Wien sonst noch an Man sollte denken, daß um so begieriger nach den ausländischen Zeitungen Blätter in gleichlautenden Abschriften täglich'versorgt. Das Interesse an Saphirs Bänerles Theaterzeitnng sucht ihr Heil in der Mannigfaltigkeit ihres bunten Der Haus Jörgel von Gnmpoldskirchen, wohl zu unterscheiden vou seinem Ich kau» unmöglich aufzählen und charakterisiere», was Wien sonst noch an Man sollte denken, daß um so begieriger nach den ausländischen Zeitungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0221" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96926"/> <p xml:id="ID_603" prev="#ID_602"> Blätter in gleichlautenden Abschriften täglich'versorgt. Das Interesse an Saphirs<lb/> eigenen Artikeln ist Geschmackssache. Daß er ein witziger Kopf ist, bestreitet<lb/> ihm niemand, daß er aber seinem Witze eine gefällige Form zu gebe», daß er<lb/> den malcontente», malitiösen Griesgram, der selbst hinter der Maske jugendlicher<lb/> Pepita-Schwärmerei hervorguckte, ein wenig zu cachircu verstände, und daß seine<lb/> zahllosen Wortwitze nicht meistentheils »»endlich geschmacklos genannt werden<lb/> müßten, sind Dinge, die ich nicht behaupten möchte; mir z. B. und gewiß vielen<lb/> andern ist der Berliner Kladderadatschwitz tausendmal lieber.</p><lb/> <p xml:id="ID_604"> Bänerles Theaterzeitnng sucht ihr Heil in der Mannigfaltigkeit ihres bunten<lb/> Notizcnkrams, bei denen sie viele französische und dem größeren Publicum unzu¬<lb/> gängliche Quellen, wie z. B. die Gazette des Tribuneaux, namentlich für Mord¬<lb/> thaten, Vergiftungen, Ehestandömisercn und dergleichen Pikauterien zu be¬<lb/> nutzen pflegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_605"> Der Haus Jörgel von Gnmpoldskirchen, wohl zu unterscheiden vou seinem<lb/> jüngeren Concurrenten, dem Hans Jörgel von Speising, ist, wenn nicht die<lb/> Revue des deux mondes, doch in der That die Chroniqne de la Quinzaine der<lb/> Fiacres, Hausmeister, Köchinnen und aller alte» Weiber, el» literarisch-politisch-<lb/> svciales „Geplausch", ein Kaffeeklatsch im Wiener Dialekt über alle möglichen<lb/> Stadtbegebenheiten. Alle vierzehn Tage erscheint solch ein rothes, doch aber sehr<lb/> konservatives Heft und soll reißenden Absatz finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_606"> Ich kau» unmöglich aufzählen und charakterisiere», was Wien sonst noch an<lb/> Blättern »»d Blättchen besitzt und schweige daher von Herrn Johannes-Nordma»»-<lb/> Numpelmciers „Salon", vom „Wiener Feuilleton", zu dessen Begründung<lb/> vor Jahresfrist ein Cafitier in nobler literaturfreundlicher Anwandlung dem Heraus¬<lb/> geber, einem Herrn Baruch Märzroth (!), die nöthigen Gelder — man sprach<lb/> von 10,000 Fi. C.-M. — vorgestreckt haben soll, von Ebersbergs „Zuschauer",<lb/> vom „Soldatenfreund", von Herrn John Greis oder mit anagrammatischem<lb/> Antoruamcn: Rcyhougs „Oesterreichischer Illustrirter Zeitschrift" und<lb/> von so manchen andern Producten der Wiener Tagespresse, deren Herausgeber<lb/> durchaus keinen Grund haben, mir ob dieses Schweigens gram zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_607" next="#ID_608"> Man sollte denken, daß um so begieriger nach den ausländischen Zeitungen<lb/> gegriffen würde. Dem ist aber nicht so. Von ausländischen, d. h. zunächst von<lb/> deutschen Zeitungen, wird die Augsburger Allgemeine Zeitung allerdings stark<lb/> gelesen; es sollen »kehre tausend Exemplare nach Oestreich, und »ach Wien allein<lb/> 7—800 gehen. In der Allgemeinen Zeitung liest man aber — wenigstens das<lb/> große Publicum in den Cafes — fast ausschließlich die östreichischen Artikel, und<lb/> betrachtet sie also gewissermaßen als Ergänzung der Rubrik „Inland" i» den<lb/> eigenen Landeszeitungen. Der übrige Theil der Zeitung wird weniger allgemein<lb/> beachtet, wie man überhaupt allem, was „draußen" vorgeht, entweder gar nicht<lb/> oder doch nur in seinen Beziehungen aufOestreich einiges Interesse scheust.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0221]
Blätter in gleichlautenden Abschriften täglich'versorgt. Das Interesse an Saphirs
eigenen Artikeln ist Geschmackssache. Daß er ein witziger Kopf ist, bestreitet
ihm niemand, daß er aber seinem Witze eine gefällige Form zu gebe», daß er
den malcontente», malitiösen Griesgram, der selbst hinter der Maske jugendlicher
Pepita-Schwärmerei hervorguckte, ein wenig zu cachircu verstände, und daß seine
zahllosen Wortwitze nicht meistentheils »»endlich geschmacklos genannt werden
müßten, sind Dinge, die ich nicht behaupten möchte; mir z. B. und gewiß vielen
andern ist der Berliner Kladderadatschwitz tausendmal lieber.
Bänerles Theaterzeitnng sucht ihr Heil in der Mannigfaltigkeit ihres bunten
Notizcnkrams, bei denen sie viele französische und dem größeren Publicum unzu¬
gängliche Quellen, wie z. B. die Gazette des Tribuneaux, namentlich für Mord¬
thaten, Vergiftungen, Ehestandömisercn und dergleichen Pikauterien zu be¬
nutzen pflegt.
Der Haus Jörgel von Gnmpoldskirchen, wohl zu unterscheiden vou seinem
jüngeren Concurrenten, dem Hans Jörgel von Speising, ist, wenn nicht die
Revue des deux mondes, doch in der That die Chroniqne de la Quinzaine der
Fiacres, Hausmeister, Köchinnen und aller alte» Weiber, el» literarisch-politisch-
svciales „Geplausch", ein Kaffeeklatsch im Wiener Dialekt über alle möglichen
Stadtbegebenheiten. Alle vierzehn Tage erscheint solch ein rothes, doch aber sehr
konservatives Heft und soll reißenden Absatz finden.
Ich kau» unmöglich aufzählen und charakterisiere», was Wien sonst noch an
Blättern »»d Blättchen besitzt und schweige daher von Herrn Johannes-Nordma»»-
Numpelmciers „Salon", vom „Wiener Feuilleton", zu dessen Begründung
vor Jahresfrist ein Cafitier in nobler literaturfreundlicher Anwandlung dem Heraus¬
geber, einem Herrn Baruch Märzroth (!), die nöthigen Gelder — man sprach
von 10,000 Fi. C.-M. — vorgestreckt haben soll, von Ebersbergs „Zuschauer",
vom „Soldatenfreund", von Herrn John Greis oder mit anagrammatischem
Antoruamcn: Rcyhougs „Oesterreichischer Illustrirter Zeitschrift" und
von so manchen andern Producten der Wiener Tagespresse, deren Herausgeber
durchaus keinen Grund haben, mir ob dieses Schweigens gram zu sein.
Man sollte denken, daß um so begieriger nach den ausländischen Zeitungen
gegriffen würde. Dem ist aber nicht so. Von ausländischen, d. h. zunächst von
deutschen Zeitungen, wird die Augsburger Allgemeine Zeitung allerdings stark
gelesen; es sollen »kehre tausend Exemplare nach Oestreich, und »ach Wien allein
7—800 gehen. In der Allgemeinen Zeitung liest man aber — wenigstens das
große Publicum in den Cafes — fast ausschließlich die östreichischen Artikel, und
betrachtet sie also gewissermaßen als Ergänzung der Rubrik „Inland" i» den
eigenen Landeszeitungen. Der übrige Theil der Zeitung wird weniger allgemein
beachtet, wie man überhaupt allem, was „draußen" vorgeht, entweder gar nicht
oder doch nur in seinen Beziehungen aufOestreich einiges Interesse scheust.
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