Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Die neuen Minister legten den Ständen am folgenden 2. Mai einen Gesetz¬ Bis zum Zusammentritt des neuen Landtages wurde der Entwurf der Re¬ Die erste Sitzung in Oerebro am i. Juni 18i9 zählte 32 Abgeordnete. GreuMe". IV, ,>8"3, Z
Die neuen Minister legten den Ständen am folgenden 2. Mai einen Gesetz¬ Bis zum Zusammentritt des neuen Landtages wurde der Entwurf der Re¬ Die erste Sitzung in Oerebro am i. Juni 18i9 zählte 32 Abgeordnete. GreuMe». IV, ,>8»3, Z
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0017" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96722"/> <p xml:id="ID_27"> Die neuen Minister legten den Ständen am folgenden 2. Mai einen Gesetz¬<lb/> entwurf vor, der zwei Kammern an die Stelle der vier Stände setzte, aber den<lb/> Adel bestehen ließ, überdies das Recht zu wählen und gewählt zu werden allen<lb/> denen ließ, die einen mäßigen Wahlcensus bezahlten oder gewissen Bedingungen<lb/> geistiger Fähigkeiten genügten. Dieser Entwurf mußte den folgenden Landtag<lb/> erwarten, um vou den vier Ständen discutirt zu werden. Als der König am<lb/> 24. October 1848 den Schluß des Landtags verkündigte, konnte er, nachdem<lb/> er Schweden beglückwünscht, den Stürmen dieses Jahres entgangen zu sein,<lb/> sagen: „Ich habe unablässig mit größter Aufmerksamkeit Ihre Debatten über<lb/> unsere Nationalrepräsentation verfolgt. Da die Erfahrung die Schwierigkeit ge¬<lb/> zeigt hat, ohne meine Vermittelung die verschiedenen Ansichten zu versöhnen, so<lb/> habe ich Ihnen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zugleich eine bedeutende<lb/> Ausdehnung des Wahlrechts und die Garantien enthält, welche für die Erhaltung<lb/> nud ruhige Entwickelung der socialen Ordnung nothwendig sind. Ich halte mich<lb/> versichert, daß Sie dieser wichtigen Frage in Ihrer nächsten Versammlung die<lb/> Aufmerksamkeit schenken werden, welche sie so gebieterisch erheischt."</p><lb/> <p xml:id="ID_28"> Bis zum Zusammentritt des neuen Landtages wurde der Entwurf der Re¬<lb/> gierung von der öffentlichen Meinung discutirt. Er erhielt den Beifall einer<lb/> großen Zahl von Mitgliedern des Stockholmer Neformvereins, welche fortan mit<lb/> dem Ministerium sich vereinigten nud von ihren bisherigen Freunden sich trennten.<lb/> Der Verein bestand nunmehr nur noch aus den vorgerücktesten Anhängern der<lb/> liberalen Partei, denen jedes Zugeständniß mißfiel, das nicht bis zum allgemeinen<lb/> Stimmrecht ging. Der so verstümmelte Verein behauptete nicht mehr sein frühe¬<lb/> res Uebergewicht, und als er den Vorschlag machte, an die Regierung eine Pe¬<lb/> tition zu richten, um einen außerordentlichen Landtag zu erwecken, so entsprachen<lb/> die Provinzialvereiue, obgleich sie keineswegs den ministeriellen Entwurf durch¬<lb/> weg annahmen, doch nicht diesem Eiser; das Land war nicht mehr mit den Re¬<lb/> formern vou Stockholm, die sich zerstreuten. Die Aufregung jedoch, welche sie<lb/> angefacht hatten, dauerte fort; die Localvereine wollten fortan die Organe der¬<lb/> selben sein. Der Verein der Provinz Nericia hatte vorgeschlagen, die Abgeord¬<lb/> neten aller schwedischen Reformvereine in der Stadt Oerebro, die im Mittelpunkte<lb/> Schwedens liegt, zu versammeln. Die Idee wurde mit Enthusiasmus aufgenom¬<lb/> men und die Versammlung sofort ausgeschrieben. So hatte Schwede» zwischen<lb/> zwei Landtagen eine Art Nationalconvent.</p><lb/> <p xml:id="ID_29" next="#ID_30"> Die erste Sitzung in Oerebro am i. Juni 18i9 zählte 32 Abgeordnete.<lb/> Man beschäftigte sich zuvörderst mit der Prüfung und Discussion der Regierungs¬<lb/> vorlage. Nur der Capitän Kilbcrg vou Lidköping und der Graf Ankaröwärd<lb/> unterstützten dieselbe; die Versammlung erklärte, daß der Entwurf in keiner Weise<lb/> den Bedürfnisse» der Gegenwart entspreche und daß kein Comite" ihn unterstützen<lb/> werde. Nach nnr fünftägiger Discussion verfaßte der Kongreß einen neuen Re-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> GreuMe». IV, ,>8»3, Z</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
Die neuen Minister legten den Ständen am folgenden 2. Mai einen Gesetz¬
entwurf vor, der zwei Kammern an die Stelle der vier Stände setzte, aber den
Adel bestehen ließ, überdies das Recht zu wählen und gewählt zu werden allen
denen ließ, die einen mäßigen Wahlcensus bezahlten oder gewissen Bedingungen
geistiger Fähigkeiten genügten. Dieser Entwurf mußte den folgenden Landtag
erwarten, um vou den vier Ständen discutirt zu werden. Als der König am
24. October 1848 den Schluß des Landtags verkündigte, konnte er, nachdem
er Schweden beglückwünscht, den Stürmen dieses Jahres entgangen zu sein,
sagen: „Ich habe unablässig mit größter Aufmerksamkeit Ihre Debatten über
unsere Nationalrepräsentation verfolgt. Da die Erfahrung die Schwierigkeit ge¬
zeigt hat, ohne meine Vermittelung die verschiedenen Ansichten zu versöhnen, so
habe ich Ihnen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zugleich eine bedeutende
Ausdehnung des Wahlrechts und die Garantien enthält, welche für die Erhaltung
nud ruhige Entwickelung der socialen Ordnung nothwendig sind. Ich halte mich
versichert, daß Sie dieser wichtigen Frage in Ihrer nächsten Versammlung die
Aufmerksamkeit schenken werden, welche sie so gebieterisch erheischt."
Bis zum Zusammentritt des neuen Landtages wurde der Entwurf der Re¬
gierung von der öffentlichen Meinung discutirt. Er erhielt den Beifall einer
großen Zahl von Mitgliedern des Stockholmer Neformvereins, welche fortan mit
dem Ministerium sich vereinigten nud von ihren bisherigen Freunden sich trennten.
Der Verein bestand nunmehr nur noch aus den vorgerücktesten Anhängern der
liberalen Partei, denen jedes Zugeständniß mißfiel, das nicht bis zum allgemeinen
Stimmrecht ging. Der so verstümmelte Verein behauptete nicht mehr sein frühe¬
res Uebergewicht, und als er den Vorschlag machte, an die Regierung eine Pe¬
tition zu richten, um einen außerordentlichen Landtag zu erwecken, so entsprachen
die Provinzialvereiue, obgleich sie keineswegs den ministeriellen Entwurf durch¬
weg annahmen, doch nicht diesem Eiser; das Land war nicht mehr mit den Re¬
formern vou Stockholm, die sich zerstreuten. Die Aufregung jedoch, welche sie
angefacht hatten, dauerte fort; die Localvereine wollten fortan die Organe der¬
selben sein. Der Verein der Provinz Nericia hatte vorgeschlagen, die Abgeord¬
neten aller schwedischen Reformvereine in der Stadt Oerebro, die im Mittelpunkte
Schwedens liegt, zu versammeln. Die Idee wurde mit Enthusiasmus aufgenom¬
men und die Versammlung sofort ausgeschrieben. So hatte Schwede» zwischen
zwei Landtagen eine Art Nationalconvent.
Die erste Sitzung in Oerebro am i. Juni 18i9 zählte 32 Abgeordnete.
Man beschäftigte sich zuvörderst mit der Prüfung und Discussion der Regierungs¬
vorlage. Nur der Capitän Kilbcrg vou Lidköping und der Graf Ankaröwärd
unterstützten dieselbe; die Versammlung erklärte, daß der Entwurf in keiner Weise
den Bedürfnisse» der Gegenwart entspreche und daß kein Comite" ihn unterstützen
werde. Nach nnr fünftägiger Discussion verfaßte der Kongreß einen neuen Re-
GreuMe». IV, ,>8»3, Z
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