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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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amerikanische Race unausgesetzt daran arbeitet, die spanische Welt jenseits des
Oceans sich zu unterwerfe"; sie drängt und umfängt sie von allen Seiten; sie
bedroht Cuba, verschlingt Provinzen, wie Texas und Kalifornien, setzt sich in dem
Herzen von Mexiko fest, um dieses Land aufzulösen. Gegenwärtig faßt sie in
Panama, in Neugranada selbst, Fuß. Ihre Art und Weise zu erobern ist nicht
die der europäische" Mächte, welche ihre Flotten absenden und ihre Flaggen ans
einem Gebiete aufpflanzen; sie erobert ein Land durch die Industrie ihrer Emi¬
granten, die in demselben sich niederlassen, sich bereichern und ihren Einfluß zu
dem vorherrschenden machen. Panama gehört in dieser Weise schon jetzt den
Angloamerikanern; sie sind dort die Herren aller Interessen und aller Gewerbe.
Die Eisenbahn, welche auf dem Punkte steht, die beideu Oceane zu verbinden,
ist ihr Werk und ihr Eigenthum. Sie haben ein Journal unter, dem bezeichnenden
Namen "Panama-Stern" gegründet, sie ändern die Namen der Oerter: die
Limonbay heißt jetzt Navpbay. Ein Theil des Districts Chagres, Furnia,
nennt sich Amerikau-Poor; dort haben sie ihre eigene Administration und Justiz,
unabhängig von den granadischen Autoritäten. Die ,,Jsthinel>os" selbst sehen
bereits den Tag, wo sie einen Unionsstaat bilden werden. Das ist sehr einfach;
vor einigen Jahren noch war der Isthmus mit wunderbaren Elementen der
Fruchtbarkeit eine Einöde, verlassen und voll Elend; gegenwärtig durchziehen ihn
täglich zahllose Emigranten; Gold circulirt überall; neue Cantone der Bevölkerung
bilden sich; Industrie blüht auf. Wenn ein unvorhergesehenes Ereigniß, die
Entdeckung der Bergwerke Kaliforniens, der Aufschwung dieses neuen Wohlstandes
entschieden hat, so sind die Angloamerikaner die Haupturheber desselben und
unterhalten ihn. Die Jsthmelws haben das Schauspiel vor Ange", und es ist
merkwürdig zu sehe", wie diese mittellose Bevölkerung dem Uebergewicht der
Arbeit und Einsicht weicht, welches der Uankec in seinen Eroberungen entwickelt,
"ut wie sie sich vorbereitet, Nordamerika anheimzufallen. "Der Isthmus von
Panama wird ein amerikanischer Bundesstaat werde", das ist unzweifelhaft, schreibt
ein grauadischcS Journal. Er ist bestimmt, einen der erste" Plätze in der
Handelswelt einzunehmen, auf ihn richten sich die Bestrebungen der Uuiousbürger,
er wird ihnen unfehlbar zu Theil werden." Schon discutirt man öffentlich über
eine Abtretung dieses Gebietes für eine Geldsiunme. Nun aber ist Panama der
Schlüssel des südamerikanischen Continents. So geht mit Riesenschritten diese
unermüdliche Na^e vorwärts, entschlossen, die merkwürdige Prophezeihung zu
bewahrheite", welche vor einigen Jahre" im Senate von Washington ausgesprochen
wurde, daß die Grenzen ihrer Macht Patagonien und das Cap, Horn sei"
würden. Die socialistischen Formeln Neugranadas werden diese Gefahr nicht
beschwören. Aber wird Europa es dulden, daß diese langsame u"d allmälige
Besitzergreifung eines Continents dnrch ein ehrgeiziges Volk sich vollziehe? Es ist


amerikanische Race unausgesetzt daran arbeitet, die spanische Welt jenseits des
Oceans sich zu unterwerfe»; sie drängt und umfängt sie von allen Seiten; sie
bedroht Cuba, verschlingt Provinzen, wie Texas und Kalifornien, setzt sich in dem
Herzen von Mexiko fest, um dieses Land aufzulösen. Gegenwärtig faßt sie in
Panama, in Neugranada selbst, Fuß. Ihre Art und Weise zu erobern ist nicht
die der europäische» Mächte, welche ihre Flotten absenden und ihre Flaggen ans
einem Gebiete aufpflanzen; sie erobert ein Land durch die Industrie ihrer Emi¬
granten, die in demselben sich niederlassen, sich bereichern und ihren Einfluß zu
dem vorherrschenden machen. Panama gehört in dieser Weise schon jetzt den
Angloamerikanern; sie sind dort die Herren aller Interessen und aller Gewerbe.
Die Eisenbahn, welche auf dem Punkte steht, die beideu Oceane zu verbinden,
ist ihr Werk und ihr Eigenthum. Sie haben ein Journal unter, dem bezeichnenden
Namen „Panama-Stern" gegründet, sie ändern die Namen der Oerter: die
Limonbay heißt jetzt Navpbay. Ein Theil des Districts Chagres, Furnia,
nennt sich Amerikau-Poor; dort haben sie ihre eigene Administration und Justiz,
unabhängig von den granadischen Autoritäten. Die ,,Jsthinel>os" selbst sehen
bereits den Tag, wo sie einen Unionsstaat bilden werden. Das ist sehr einfach;
vor einigen Jahren noch war der Isthmus mit wunderbaren Elementen der
Fruchtbarkeit eine Einöde, verlassen und voll Elend; gegenwärtig durchziehen ihn
täglich zahllose Emigranten; Gold circulirt überall; neue Cantone der Bevölkerung
bilden sich; Industrie blüht auf. Wenn ein unvorhergesehenes Ereigniß, die
Entdeckung der Bergwerke Kaliforniens, der Aufschwung dieses neuen Wohlstandes
entschieden hat, so sind die Angloamerikaner die Haupturheber desselben und
unterhalten ihn. Die Jsthmelws haben das Schauspiel vor Ange», und es ist
merkwürdig zu sehe», wie diese mittellose Bevölkerung dem Uebergewicht der
Arbeit und Einsicht weicht, welches der Uankec in seinen Eroberungen entwickelt,
»ut wie sie sich vorbereitet, Nordamerika anheimzufallen. „Der Isthmus von
Panama wird ein amerikanischer Bundesstaat werde», das ist unzweifelhaft, schreibt
ein grauadischcS Journal. Er ist bestimmt, einen der erste» Plätze in der
Handelswelt einzunehmen, auf ihn richten sich die Bestrebungen der Uuiousbürger,
er wird ihnen unfehlbar zu Theil werden." Schon discutirt man öffentlich über
eine Abtretung dieses Gebietes für eine Geldsiunme. Nun aber ist Panama der
Schlüssel des südamerikanischen Continents. So geht mit Riesenschritten diese
unermüdliche Na^e vorwärts, entschlossen, die merkwürdige Prophezeihung zu
bewahrheite», welche vor einigen Jahre» im Senate von Washington ausgesprochen
wurde, daß die Grenzen ihrer Macht Patagonien und das Cap, Horn sei»
würden. Die socialistischen Formeln Neugranadas werden diese Gefahr nicht
beschwören. Aber wird Europa es dulden, daß diese langsame u»d allmälige
Besitzergreifung eines Continents dnrch ein ehrgeiziges Volk sich vollziehe? Es ist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/144>, abgerufen am 05.02.2025.