Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.zu großen Trivialität, sowol in Beziehung aus Handlung, als Charakteristik und Dia¬ Die "Charakterbilder" des Frankfurter katholischen Stadtpfarrcrs Beda Weber Auch dies verdient Tadel, daß Herr Weber die in seinem Buche von ent¬ Gegen einen andern Vorwurf müssen wir Weber in Schutz nehmen, gegen den ^- Nach der warmen Lobrede, welche neuerdings Lord zu großen Trivialität, sowol in Beziehung aus Handlung, als Charakteristik und Dia¬ Die „Charakterbilder" des Frankfurter katholischen Stadtpfarrcrs Beda Weber Auch dies verdient Tadel, daß Herr Weber die in seinem Buche von ent¬ Gegen einen andern Vorwurf müssen wir Weber in Schutz nehmen, gegen den ^- Nach der warmen Lobrede, welche neuerdings Lord <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0119" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96824"/> <p xml:id="ID_309" prev="#ID_308"> zu großen Trivialität, sowol in Beziehung aus Handlung, als Charakteristik und Dia¬<lb/> log. Die Hauptperson ist eine Caricatur, was den Dichter zwingt, auch die übrigen<lb/> Personen zu caricircn. Denn was soll man dazu sagen, daß die Hauptperson zwar<lb/> keinen Weltmann, aber einen edeldenkender, gesetzten, verständigen und streng rechtlichen<lb/> Mann vorstellt, der sich aber gleichzeitig um die Hand dreier gleich vorzüglicher Frauen¬<lb/> zimmer bewirbt und deren Ja erhält und annimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_310"> Die „Charakterbilder" des Frankfurter katholischen Stadtpfarrcrs Beda Weber<lb/> werden noch immer besprochen und sind besonders den in ihrer Gesammtheit darin an¬<lb/> gegriffenen Frankfurter Bürgern ein Stein des Anstoßes und Aergernisses. Gleichwol<lb/> wäre die Charakteristik der Frankfurter noch das Beste und Wahrste in dem Weberschen<lb/> Buche, wenn ihr Verfasser sich vor Uebertreibungen und gemeinen Ausfällen zu bewahren<lb/> gewußt hätte. An diese hat sich der Frankfurter, der selbst den leisesten Tadel weniger<lb/> verträgt, als das ausschweifendste Lob, geklammert, um die Wahrheiten von sich ab¬<lb/> gleiten zu lassen, welche der humoristische und übermüthige Pfaffe ihm ins Gesicht schleu¬<lb/> dert, so daß es Herrn Weber mit seinem Angriffe auf die Frankfurter ähnlich ergeht,<lb/> wie einst Heine mit seinem Buche über Börne. Während er nämlich Börnes<lb/> politische Thorheiten und Tollheiten auss treffendste darin geißelte, vergaß er sich zu¬<lb/> gleich soweit, über dessen Privatleben in schmutziger Weise zu klatschen, und Gutzkow,<lb/> dem gewiß niemand einen seinen und glücklichen — Speculationsgeist absprechen wird, über¬<lb/> nahm Bornes Vertheidigung mit so sittlicher Entrüstung über Heines Jmmoralität,<lb/> daß mir ein israelitischer Verehrer des ersten, gestand, er habe das Gutzkowschc Buch<lb/> (Das Leben Börnes) mit Goldschnitt binden lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_311"> Auch dies verdient Tadel, daß Herr Weber die in seinem Buche von ent¬<lb/> haltenen Aufsätze in eine Zeit zurückverlegt, wo er sie gar nicht oder doch wesentlich<lb/> anders versaßt hatte. Wenn er im Jahre 18i8 Demokraten, Liberale und National¬<lb/> versammlung wie in dem Buche angegriffen hätte, so könnte er das, wenigstens von<lb/> dieser Seite, auch noch heute mit Ehren wieder abdrucken lassen; jetzt aber hat er sich<lb/> selbst mit unverdienten Lorbeeren geschmückt. Politische Gegner während der Hitze des<lb/> Gefechts schonungslos angreifen, ist verzeihlich, es aber nach beendigtem Kampfe fort¬<lb/> setzen, unedel und unnatürlich. Auch mochte es Herrn Weber schwer fallen, für alles,<lb/> was er zur Charakteristik selbst von Männern, wie Robert Blum, sagt, die Beweise<lb/> beizubringen, durch welche er sich und die Leser von der Wahrheit seiner Beschuldigungen<lb/> überzeugen könnte. Ein begabter Mann war Robert Blum, wie Beda Weber,<lb/> und im übrigen nicht weniger ein Kind der Zeit und der Umstände, als dieser.</p><lb/> <p xml:id="ID_312"> Gegen einen andern Vorwurf müssen wir Weber in Schutz nehmen, gegen den<lb/> Vorwurf »änlich, daß er als Geistlicher nicht so habe schreiben dürfen. So lange er<lb/> nur nicht als Geistlicher auch so predigt, hat niemand ein Recht, ihm einen Vorwurf zu<lb/> machen, wenn er sich mit dem Chorrock auch des lästigen Zwanges entledigt, den ihm<lb/> seine Kirche auferlegt.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> </head> <p xml:id="ID_313" next="#ID_314"> ^- Nach der warmen Lobrede, welche neuerdings Lord<lb/> Palmerston in Greenoek der auswärtigen Politik seines College» Lord Clarendon ge¬<lb/> halten hat, kann wol kein Zweifel mehr sein, daß der angebliche Zwiespalt im Cabinet, —</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0119]
zu großen Trivialität, sowol in Beziehung aus Handlung, als Charakteristik und Dia¬
log. Die Hauptperson ist eine Caricatur, was den Dichter zwingt, auch die übrigen
Personen zu caricircn. Denn was soll man dazu sagen, daß die Hauptperson zwar
keinen Weltmann, aber einen edeldenkender, gesetzten, verständigen und streng rechtlichen
Mann vorstellt, der sich aber gleichzeitig um die Hand dreier gleich vorzüglicher Frauen¬
zimmer bewirbt und deren Ja erhält und annimmt.
Die „Charakterbilder" des Frankfurter katholischen Stadtpfarrcrs Beda Weber
werden noch immer besprochen und sind besonders den in ihrer Gesammtheit darin an¬
gegriffenen Frankfurter Bürgern ein Stein des Anstoßes und Aergernisses. Gleichwol
wäre die Charakteristik der Frankfurter noch das Beste und Wahrste in dem Weberschen
Buche, wenn ihr Verfasser sich vor Uebertreibungen und gemeinen Ausfällen zu bewahren
gewußt hätte. An diese hat sich der Frankfurter, der selbst den leisesten Tadel weniger
verträgt, als das ausschweifendste Lob, geklammert, um die Wahrheiten von sich ab¬
gleiten zu lassen, welche der humoristische und übermüthige Pfaffe ihm ins Gesicht schleu¬
dert, so daß es Herrn Weber mit seinem Angriffe auf die Frankfurter ähnlich ergeht,
wie einst Heine mit seinem Buche über Börne. Während er nämlich Börnes
politische Thorheiten und Tollheiten auss treffendste darin geißelte, vergaß er sich zu¬
gleich soweit, über dessen Privatleben in schmutziger Weise zu klatschen, und Gutzkow,
dem gewiß niemand einen seinen und glücklichen — Speculationsgeist absprechen wird, über¬
nahm Bornes Vertheidigung mit so sittlicher Entrüstung über Heines Jmmoralität,
daß mir ein israelitischer Verehrer des ersten, gestand, er habe das Gutzkowschc Buch
(Das Leben Börnes) mit Goldschnitt binden lassen.
Auch dies verdient Tadel, daß Herr Weber die in seinem Buche von ent¬
haltenen Aufsätze in eine Zeit zurückverlegt, wo er sie gar nicht oder doch wesentlich
anders versaßt hatte. Wenn er im Jahre 18i8 Demokraten, Liberale und National¬
versammlung wie in dem Buche angegriffen hätte, so könnte er das, wenigstens von
dieser Seite, auch noch heute mit Ehren wieder abdrucken lassen; jetzt aber hat er sich
selbst mit unverdienten Lorbeeren geschmückt. Politische Gegner während der Hitze des
Gefechts schonungslos angreifen, ist verzeihlich, es aber nach beendigtem Kampfe fort¬
setzen, unedel und unnatürlich. Auch mochte es Herrn Weber schwer fallen, für alles,
was er zur Charakteristik selbst von Männern, wie Robert Blum, sagt, die Beweise
beizubringen, durch welche er sich und die Leser von der Wahrheit seiner Beschuldigungen
überzeugen könnte. Ein begabter Mann war Robert Blum, wie Beda Weber,
und im übrigen nicht weniger ein Kind der Zeit und der Umstände, als dieser.
Gegen einen andern Vorwurf müssen wir Weber in Schutz nehmen, gegen den
Vorwurf »änlich, daß er als Geistlicher nicht so habe schreiben dürfen. So lange er
nur nicht als Geistlicher auch so predigt, hat niemand ein Recht, ihm einen Vorwurf zu
machen, wenn er sich mit dem Chorrock auch des lästigen Zwanges entledigt, den ihm
seine Kirche auferlegt.
^- Nach der warmen Lobrede, welche neuerdings Lord
Palmerston in Greenoek der auswärtigen Politik seines College» Lord Clarendon ge¬
halten hat, kann wol kein Zweifel mehr sein, daß der angebliche Zwiespalt im Cabinet, —
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