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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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sein Leben lang kehren, als unter diesen Bedingungen in das Kollegium der
Directoren treten. Daß dies keine bloße Redefigur ist, geht aus der wohlbekannten
Thatsache hervor, daß eine Anzahl der ausgezeichnetsten Beamten der Compagnie,
die gegenwärtig in England leben, sich entschieden geweigert haben, sich ans diese
Weise um Dircctvrstelleu zu bewerben.

Die Vertheilung der Stellen ist jedoch uicht die einzige Obliegenheit der
Directoren. nominell liegt die gesammte Regierung des ostindischen Reichs in
ihren Händen. Jede Mittwoch versammelt sich im Jndia-House in Leadeuhall-
street das Plenum zur Besorgung der Regierungsgeschäfte. Außerdem bilden die
Directoren drei Ausschüsse: für die Finanzen, für politische und militärische
Angelegenheiten, für die Steuern und die Justiz. Da die Mehrzahl der Directoren
aus Personen besteht, die durch eine langjährige amtliche Laufbahn in Ostindien
die dortigen Verhältnisse auf das genaueste keimen, so verrichten die Aus¬
schüsse ihre' Arbeiten sehr gründlich und alle Zeugen, die der vom Parlament
über die ostindischen Angelegenheiten niedergesetzte Ausschuß vernommen hat,
sprechen sich über diesen Punkt gleich lobend aus. Die übrigen Mitglieder
des Directoriums -- meistens Kaufleute und Banquiers der City, Schiffs-
capitäne ze. werden dadurch von Nutzen, daß sie ostindische Exklusivität nicht
aufkommen lassen, und die ostindischen Anschauungen und Erfahrungen mit
europäischen corrigiren.

Das Directorencollgium ist eine berathende Körperschaft. Unter ihm steht
eine Anzahl Execntivbeamte mit den Titeln: Secretäre, Examinatoren (Revisoren)
und Schreiber. Diese sammeln und ordnen die Thatsachen, welche den allgemeinen
Depeschen des Kollegiums'zu Grunde liegen, und entwerfen anch in den meisten
Fällen die Depeschen im Brouillon. Diese werden dann dem Vorsitzenden und
Vicevorsitzeudcu zur Correctur und alsdann dem Ausschuß, zu dessen Departement
die fragliche Depesche gehört, zur Billigung, Ausfertigung und Unterschrift vor¬
gelegt. Der Einfluß dieser Executivbemute" auf die Verwaltung Ostindiens ist
daher nicht gering, und man trägt Sorge, die wichtigsten Stellen mit talentvollen
und tüchtigen Männern zu besetzen. Auf diese Weise werden die innern Ver-
waltungsgeschäfte der ostindischen Regierung verrichtet, u"d soweit hat das von
der Regierung eingesetzte Controleamt nur ein Aufsichtsrecht über das Directoren-
colleginm. Anders ist es mit den auswärtigen Angelegenheiten der Compagnie.
Außer den drei obengenannten Ausschüssen besteht nämlich noch ein vierter, der geheime
Ausschuß, zusammengesetzt ans dem Vorsitzenden, dem Vicevvrsitzenden und dem
ältesten Director. Diesem besonderen Ausschuß ist das ganze diplomatische Fach anver¬
traut, alle mit der Kriegs- oder Friedensfrage in Berührung stehenden Angelegen¬
heiten, alle Beziehungen zu auswärtigen Staaten, oder einheimischen indischen Fürsten
gehören vor dieses geheime Departement. Von dem was hier geschieht, erfahren
die übrigen 21 Directoren nicht das mindeste. Dieses Dreier-Kollegium könnte


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sein Leben lang kehren, als unter diesen Bedingungen in das Kollegium der
Directoren treten. Daß dies keine bloße Redefigur ist, geht aus der wohlbekannten
Thatsache hervor, daß eine Anzahl der ausgezeichnetsten Beamten der Compagnie,
die gegenwärtig in England leben, sich entschieden geweigert haben, sich ans diese
Weise um Dircctvrstelleu zu bewerben.

Die Vertheilung der Stellen ist jedoch uicht die einzige Obliegenheit der
Directoren. nominell liegt die gesammte Regierung des ostindischen Reichs in
ihren Händen. Jede Mittwoch versammelt sich im Jndia-House in Leadeuhall-
street das Plenum zur Besorgung der Regierungsgeschäfte. Außerdem bilden die
Directoren drei Ausschüsse: für die Finanzen, für politische und militärische
Angelegenheiten, für die Steuern und die Justiz. Da die Mehrzahl der Directoren
aus Personen besteht, die durch eine langjährige amtliche Laufbahn in Ostindien
die dortigen Verhältnisse auf das genaueste keimen, so verrichten die Aus¬
schüsse ihre' Arbeiten sehr gründlich und alle Zeugen, die der vom Parlament
über die ostindischen Angelegenheiten niedergesetzte Ausschuß vernommen hat,
sprechen sich über diesen Punkt gleich lobend aus. Die übrigen Mitglieder
des Directoriums — meistens Kaufleute und Banquiers der City, Schiffs-
capitäne ze. werden dadurch von Nutzen, daß sie ostindische Exklusivität nicht
aufkommen lassen, und die ostindischen Anschauungen und Erfahrungen mit
europäischen corrigiren.

Das Directorencollgium ist eine berathende Körperschaft. Unter ihm steht
eine Anzahl Execntivbeamte mit den Titeln: Secretäre, Examinatoren (Revisoren)
und Schreiber. Diese sammeln und ordnen die Thatsachen, welche den allgemeinen
Depeschen des Kollegiums'zu Grunde liegen, und entwerfen anch in den meisten
Fällen die Depeschen im Brouillon. Diese werden dann dem Vorsitzenden und
Vicevorsitzeudcu zur Correctur und alsdann dem Ausschuß, zu dessen Departement
die fragliche Depesche gehört, zur Billigung, Ausfertigung und Unterschrift vor¬
gelegt. Der Einfluß dieser Executivbemute» auf die Verwaltung Ostindiens ist
daher nicht gering, und man trägt Sorge, die wichtigsten Stellen mit talentvollen
und tüchtigen Männern zu besetzen. Auf diese Weise werden die innern Ver-
waltungsgeschäfte der ostindischen Regierung verrichtet, u»d soweit hat das von
der Regierung eingesetzte Controleamt nur ein Aufsichtsrecht über das Directoren-
colleginm. Anders ist es mit den auswärtigen Angelegenheiten der Compagnie.
Außer den drei obengenannten Ausschüssen besteht nämlich noch ein vierter, der geheime
Ausschuß, zusammengesetzt ans dem Vorsitzenden, dem Vicevvrsitzenden und dem
ältesten Director. Diesem besonderen Ausschuß ist das ganze diplomatische Fach anver¬
traut, alle mit der Kriegs- oder Friedensfrage in Berührung stehenden Angelegen¬
heiten, alle Beziehungen zu auswärtigen Staaten, oder einheimischen indischen Fürsten
gehören vor dieses geheime Departement. Von dem was hier geschieht, erfahren
die übrigen 21 Directoren nicht das mindeste. Dieses Dreier-Kollegium könnte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/449>, abgerufen am 03.07.2024.