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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Wenn nun der Verfasser, indem er nachweist, wie in Belgien französische
Interessen und französische Bildung vorherrschen, Belgien den Rath zu geben
scheint, seine Eroberung durch Frankreich gar nicht erst abzuwarten, so ist das
wieder ein Raisonnement wie das, von dem er ausgegangen, wenn er behauptet,
Belgien habe seine Unabhängigkeit aufgegeben, indem es sich von Holland losgesagt.

An und für sich begreife" wir zwar sehr wohl die Existenz einer französischen
Partei in Belgien. Wir glauben mit dem Verfasser, daß Belgiens Interessen,
seine geistigen wie die materiellen, sich nicht schlechter dabei befinden würden, ein¬
mal wieder einen Bestandtheil Frankreichs auszumachen -- aber wir begreifen
nicht, wie man einem Lande und angeblich seinem Vaterlande eine solche Zu-
muthung stellen könne, wo Belgien seine Freiheit und nicht blos seine Unab¬
hängigkeit aufgeben müßte. Der Verfasser hält freilich nicht viel vom Parlamen¬
tarismus und er spricht davon wie "user Moniteur. Am Ende haben die feinen
Spürnasen von Paris doch recht, indem sie eine" Publicisten ans der ueukaiser-
lichen Schule hinter dem verkappten Belgier heranögewittert haben.




Das Bulletin von Waterloo.
I^v Due d" V^ollinKton.

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Knuxellvs el. I^eipülg, lvies"Il"Z K Loup.

Wir haben von dieser Schrift zwar schon eine vorläufige Anzeige gemacht,
aber wir müssen die Aufmerksamkeit unserer Leser noch einmal darauf hinlenken. Sie
verdient uäiulich um so mehr Beachtung, als sie von einem Franzosen geschrieben
ist. Sie hat nicht die Absicht, eine Geschichte des berühmte" britischen Feld¬
herrn zu geben, was ihr geringer Umfang schon nicht gestatten würde. Aber
sie gibt eine höchst treffende Beleuchtung, nicht blos seiner militärischen Erfolge,
die mit vieler Klarheit und Sachkenntnis) besprochen sind, sondern auch seines
Charakters im allgemeinen. Die zu diesem Zweck aus der Korrespondenz
Wellingtons und den Werken verschiedener Autoren über den Halbinselkrieg ent¬
nommenen Züge sind treffend gewählt und zum größten Theil von hohem In¬
teresse. Herr Jules Maurel, der nicht die geringste nationale Schwache für den
"Gloire" der Napoleonischen Zeit besitzt, sondern sie mit nüchternem Auge als
das, was sie war, ansieht, ist ein warmer Verehrer des eisernen Herzogs; es
gelingt ihm, mit Geist und ohne Uebertreibung die seltenen Eigenschaften desselben,
seine unerschütterliche Sündhaftigkeit, seiue Rechtlichkeit, Wahrhaftigkeit und Be¬
scheidenheit in das klarste Licht zu setzen. Aber eine andere nicht weniger


Wenn nun der Verfasser, indem er nachweist, wie in Belgien französische
Interessen und französische Bildung vorherrschen, Belgien den Rath zu geben
scheint, seine Eroberung durch Frankreich gar nicht erst abzuwarten, so ist das
wieder ein Raisonnement wie das, von dem er ausgegangen, wenn er behauptet,
Belgien habe seine Unabhängigkeit aufgegeben, indem es sich von Holland losgesagt.

An und für sich begreife» wir zwar sehr wohl die Existenz einer französischen
Partei in Belgien. Wir glauben mit dem Verfasser, daß Belgiens Interessen,
seine geistigen wie die materiellen, sich nicht schlechter dabei befinden würden, ein¬
mal wieder einen Bestandtheil Frankreichs auszumachen — aber wir begreifen
nicht, wie man einem Lande und angeblich seinem Vaterlande eine solche Zu-
muthung stellen könne, wo Belgien seine Freiheit und nicht blos seine Unab¬
hängigkeit aufgeben müßte. Der Verfasser hält freilich nicht viel vom Parlamen¬
tarismus und er spricht davon wie »user Moniteur. Am Ende haben die feinen
Spürnasen von Paris doch recht, indem sie eine» Publicisten ans der ueukaiser-
lichen Schule hinter dem verkappten Belgier heranögewittert haben.




Das Bulletin von Waterloo.
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Wir haben von dieser Schrift zwar schon eine vorläufige Anzeige gemacht,
aber wir müssen die Aufmerksamkeit unserer Leser noch einmal darauf hinlenken. Sie
verdient uäiulich um so mehr Beachtung, als sie von einem Franzosen geschrieben
ist. Sie hat nicht die Absicht, eine Geschichte des berühmte» britischen Feld¬
herrn zu geben, was ihr geringer Umfang schon nicht gestatten würde. Aber
sie gibt eine höchst treffende Beleuchtung, nicht blos seiner militärischen Erfolge,
die mit vieler Klarheit und Sachkenntnis) besprochen sind, sondern auch seines
Charakters im allgemeinen. Die zu diesem Zweck aus der Korrespondenz
Wellingtons und den Werken verschiedener Autoren über den Halbinselkrieg ent¬
nommenen Züge sind treffend gewählt und zum größten Theil von hohem In¬
teresse. Herr Jules Maurel, der nicht die geringste nationale Schwache für den
„Gloire" der Napoleonischen Zeit besitzt, sondern sie mit nüchternem Auge als
das, was sie war, ansieht, ist ein warmer Verehrer des eisernen Herzogs; es
gelingt ihm, mit Geist und ohne Uebertreibung die seltenen Eigenschaften desselben,
seine unerschütterliche Sündhaftigkeit, seiue Rechtlichkeit, Wahrhaftigkeit und Be¬
scheidenheit in das klarste Licht zu setzen. Aber eine andere nicht weniger


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[0432] Wenn nun der Verfasser, indem er nachweist, wie in Belgien französische Interessen und französische Bildung vorherrschen, Belgien den Rath zu geben scheint, seine Eroberung durch Frankreich gar nicht erst abzuwarten, so ist das wieder ein Raisonnement wie das, von dem er ausgegangen, wenn er behauptet, Belgien habe seine Unabhängigkeit aufgegeben, indem es sich von Holland losgesagt. An und für sich begreife» wir zwar sehr wohl die Existenz einer französischen Partei in Belgien. Wir glauben mit dem Verfasser, daß Belgiens Interessen, seine geistigen wie die materiellen, sich nicht schlechter dabei befinden würden, ein¬ mal wieder einen Bestandtheil Frankreichs auszumachen — aber wir begreifen nicht, wie man einem Lande und angeblich seinem Vaterlande eine solche Zu- muthung stellen könne, wo Belgien seine Freiheit und nicht blos seine Unab¬ hängigkeit aufgeben müßte. Der Verfasser hält freilich nicht viel vom Parlamen¬ tarismus und er spricht davon wie »user Moniteur. Am Ende haben die feinen Spürnasen von Paris doch recht, indem sie eine» Publicisten ans der ueukaiser- lichen Schule hinter dem verkappten Belgier heranögewittert haben. Das Bulletin von Waterloo. I^v Due d« V^ollinKton. lZssill sur l'histoire! el, sur ki» bwAi'uplnö ein eine, sie Wi-llmAlcin, s>!»' .into» Aiiurel. Knuxellvs el. I^eipülg, lvies»Il»Z K Loup. Wir haben von dieser Schrift zwar schon eine vorläufige Anzeige gemacht, aber wir müssen die Aufmerksamkeit unserer Leser noch einmal darauf hinlenken. Sie verdient uäiulich um so mehr Beachtung, als sie von einem Franzosen geschrieben ist. Sie hat nicht die Absicht, eine Geschichte des berühmte» britischen Feld¬ herrn zu geben, was ihr geringer Umfang schon nicht gestatten würde. Aber sie gibt eine höchst treffende Beleuchtung, nicht blos seiner militärischen Erfolge, die mit vieler Klarheit und Sachkenntnis) besprochen sind, sondern auch seines Charakters im allgemeinen. Die zu diesem Zweck aus der Korrespondenz Wellingtons und den Werken verschiedener Autoren über den Halbinselkrieg ent¬ nommenen Züge sind treffend gewählt und zum größten Theil von hohem In¬ teresse. Herr Jules Maurel, der nicht die geringste nationale Schwache für den „Gloire" der Napoleonischen Zeit besitzt, sondern sie mit nüchternem Auge als das, was sie war, ansieht, ist ein warmer Verehrer des eisernen Herzogs; es gelingt ihm, mit Geist und ohne Uebertreibung die seltenen Eigenschaften desselben, seine unerschütterliche Sündhaftigkeit, seiue Rechtlichkeit, Wahrhaftigkeit und Be¬ scheidenheit in das klarste Licht zu setzen. Aber eine andere nicht weniger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/432>, abgerufen am 23.07.2024.