Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.legenden fehlt, deutlich, vielleicht mit dem Bajonette in der Hand, formulirt zu Sie bringt Belgien aber auch Deutschland nicht näher, denn Oestreich als Allein wir glauben nicht wie der Verfasser, daß auch Oestreich nicht Grund Eine Annäherung Oestreichs an Frankreich und noch dazu aus katholischen Grenzbote". III. si
legenden fehlt, deutlich, vielleicht mit dem Bajonette in der Hand, formulirt zu Sie bringt Belgien aber auch Deutschland nicht näher, denn Oestreich als Allein wir glauben nicht wie der Verfasser, daß auch Oestreich nicht Grund Eine Annäherung Oestreichs an Frankreich und noch dazu aus katholischen Grenzbote». III. si
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96606"/> <p xml:id="ID_1489" prev="#ID_1488"> legenden fehlt, deutlich, vielleicht mit dem Bajonette in der Hand, formulirt zu<lb/> werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1490"> Sie bringt Belgien aber auch Deutschland nicht näher, denn Oestreich als<lb/> Ausdruck Deutschlands betrachten zu wollen, wird wol niemand einfallen. Man<lb/> mag sich offtciell noch so über die gegenwärtige Freundschaft Oestreichs mit<lb/> Preußen freuen, Deutschland, nicht blos das revolutionäre, nicht blos das demo¬<lb/> kratische, auch das conservative Deutschland muß hierüber andere Gefühle<lb/> hegen. Aber selbst Preußen, dem preußischen Hofe kann diese Alliance Belgiens<lb/> mit Oestreich uicht angenehm sein. Der Verfasser hat, glauben wir, uicht ganz<lb/> so unrecht, wenn er sagt: „Um letzteres (Preußen) aus seiner Erschlaffung zu<lb/> reißen, um seiner nach außen wie nach innen unentschlossenen Regierung Kraft<lb/> zu gebe», bedürfte es blos, daß die Vorsehung morgen einen Mann auf den<lb/> Thron Preußens berufe, der entschlossen wäre, das politische Testament Friedrichs<lb/> des Großen aufzunehmen, das dieser in allen seinen Acten hinterlasse». Dieser<lb/> Mann würde dem östreichischen Einfluß seine wahren Grenzen setzen und die<lb/> östreichische Heirat!) würde für Belgien die gefährlichsten Verlegenheiten in<lb/> seinem Verhältnisse zu Deutschland bereiten."</p><lb/> <p xml:id="ID_1491"> Allein wir glauben nicht wie der Verfasser, daß auch Oestreich nicht Grund<lb/> habe, sich zu diesem Bunde zu gratuliren und er ist in dieser Beziehung in einem<lb/> starken Widerspruche mit sich selber. Man weiß überhaupt nicht recht, wie er<lb/> sich die künftige Herstellung der jetzigen Regieruugsbündnisse in Europa denkt.<lb/> Denn auf der einen Seite sagt er, daß die Freundschaft Englands mit Frankreich<lb/> nicht von Dauer sein könne, »ud auf der audern sagt er wieder, Oestreich<lb/> müsse von seiner Alliance mit Rußland zurückkommen und dürfe nie Englands<lb/> Freundschaft suchen. Oestreich müsse Frankreichs Freundschaft erstreben, weil<lb/> beide .katholische Mächte seien. Wenn aber die östreichische und französische<lb/> Alliance als Gegensatz zu der russisch-despotischen und der englischen (zu liberalen!)<lb/> als wahrscheinliche Folge der wohlverstandenen Interessen Frankreichs dargestellt<lb/> wird, dann hört aber auch die belgisch-östreichische Heirath auf, eine Gefahr zu<lb/> sein, und dann wird man Belgien auch nicht mehr im Verdacht haben, gegen<lb/> Frankreich ein Ageur der Orleauistischeu Interessen zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1492"> Eine Annäherung Oestreichs an Frankreich und noch dazu aus katholischen<lb/> Interessen als eine Wahrscheinlichkeit' der Zukunft vorauszusetzen und zwar im<lb/> Gegensatze zu Rußland und England ist ebenso sonderbar, wie diese Allianz als<lb/> das einzige Ceutralgegeugewicht gegen Rußlands Gelüste auf den Westen und<lb/> Osten einerseits, und gegen die Ungeduld der Amerikaner, sich in die europäischen<lb/> Angelegenheiten zu mengen, darzustellen. Damit der Abenteuerlichkeit dieser<lb/> Hypothesensucht gar nichts fehle, wird gleichfalls aus katholischen Voraussetzungen<lb/> gefolgert, daß ja Italien auch uuter dem Schutze dieser beiden katholischen<lb/> Mächte wiederhergestellt werden konnte.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbote». III. si</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
legenden fehlt, deutlich, vielleicht mit dem Bajonette in der Hand, formulirt zu
werden.
Sie bringt Belgien aber auch Deutschland nicht näher, denn Oestreich als
Ausdruck Deutschlands betrachten zu wollen, wird wol niemand einfallen. Man
mag sich offtciell noch so über die gegenwärtige Freundschaft Oestreichs mit
Preußen freuen, Deutschland, nicht blos das revolutionäre, nicht blos das demo¬
kratische, auch das conservative Deutschland muß hierüber andere Gefühle
hegen. Aber selbst Preußen, dem preußischen Hofe kann diese Alliance Belgiens
mit Oestreich uicht angenehm sein. Der Verfasser hat, glauben wir, uicht ganz
so unrecht, wenn er sagt: „Um letzteres (Preußen) aus seiner Erschlaffung zu
reißen, um seiner nach außen wie nach innen unentschlossenen Regierung Kraft
zu gebe», bedürfte es blos, daß die Vorsehung morgen einen Mann auf den
Thron Preußens berufe, der entschlossen wäre, das politische Testament Friedrichs
des Großen aufzunehmen, das dieser in allen seinen Acten hinterlasse». Dieser
Mann würde dem östreichischen Einfluß seine wahren Grenzen setzen und die
östreichische Heirat!) würde für Belgien die gefährlichsten Verlegenheiten in
seinem Verhältnisse zu Deutschland bereiten."
Allein wir glauben nicht wie der Verfasser, daß auch Oestreich nicht Grund
habe, sich zu diesem Bunde zu gratuliren und er ist in dieser Beziehung in einem
starken Widerspruche mit sich selber. Man weiß überhaupt nicht recht, wie er
sich die künftige Herstellung der jetzigen Regieruugsbündnisse in Europa denkt.
Denn auf der einen Seite sagt er, daß die Freundschaft Englands mit Frankreich
nicht von Dauer sein könne, »ud auf der audern sagt er wieder, Oestreich
müsse von seiner Alliance mit Rußland zurückkommen und dürfe nie Englands
Freundschaft suchen. Oestreich müsse Frankreichs Freundschaft erstreben, weil
beide .katholische Mächte seien. Wenn aber die östreichische und französische
Alliance als Gegensatz zu der russisch-despotischen und der englischen (zu liberalen!)
als wahrscheinliche Folge der wohlverstandenen Interessen Frankreichs dargestellt
wird, dann hört aber auch die belgisch-östreichische Heirath auf, eine Gefahr zu
sein, und dann wird man Belgien auch nicht mehr im Verdacht haben, gegen
Frankreich ein Ageur der Orleauistischeu Interessen zu sein.
Eine Annäherung Oestreichs an Frankreich und noch dazu aus katholischen
Interessen als eine Wahrscheinlichkeit' der Zukunft vorauszusetzen und zwar im
Gegensatze zu Rußland und England ist ebenso sonderbar, wie diese Allianz als
das einzige Ceutralgegeugewicht gegen Rußlands Gelüste auf den Westen und
Osten einerseits, und gegen die Ungeduld der Amerikaner, sich in die europäischen
Angelegenheiten zu mengen, darzustellen. Damit der Abenteuerlichkeit dieser
Hypothesensucht gar nichts fehle, wird gleichfalls aus katholischen Voraussetzungen
gefolgert, daß ja Italien auch uuter dem Schutze dieser beiden katholischen
Mächte wiederhergestellt werden konnte.
Grenzbote». III. si
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