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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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der wachsenden finanziellen Einsicht der leitenden Kreise bald von selbst gewichen
wäre. Es war der Stiftung des nordwestdentschen Steuervereins -- Hannover
Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe -- vorbehalten, die zweifelhaften
Wohlthaten indirecter Besteuerung bis in diese Küstenstriche zu tragen und
Oldenburg gleich den übrigen Bundesstaaten mit einem Cordon von Zollschranken
und Grenzwächtern zu umsäumen. Seitdem ist es durch die allgemeine Entwick¬
lung der deutschen Zustände genöthigt worden, in diese etwas abschüssige Bahn
der Zollsysteme immer rascher einzulenken und von den erprobten Vortheilen der
Handelsfreiheit sich immer weiter zu entfernen. Daß es der Sache des gemein¬
samen Vaterlandes seine eigne Autonomie in Sachen der Zollgesetzgebung, ja
seine richtigen und bewährten Principien ohne viel Widerstreben zum Opfer
gebracht hat, zeugt auf das beredteste von dem warmen und erleuchteten Patri-
> otismus seiner Bevölkerung. Regierung und Landtag von Oldenburg sind
bekanntlich weit bereitwilliger als dieselben Instanzen in Hannover dem September-
vcrtrag von 1831 wie dem Febrnarvcrtrag von 1833 beigetreten -- nicht aus
leichtfertiger Uebereilung, sondern weil sie die entscheidenden Erwägungen rasch
in aller Schärfe herausfanden.

Nach dem revidirten Staatsgrundgesetz vom 22. November 1832 steht dem
vereinigten Landtag des Großherzogthums in Zukunft das constitutionelle Recht
der Steuerbewilligung für die drei Provinzen, für das Herzogthum Oldenburg wie
für die Fürstentümer Lübek und Birkenfeld zu. Wie bei allen deutschen Einzeln¬
verfassungen versteht es sich von selbst, daß der Landtag die Ausgaben für
Bundeszwecke, sowie die Kosten einer "bundesgesetzmäßigen" Regierung bei
Strafe der Nichtigkeit nicht verweigern darf. Was den Großherzog, sein Haus
und seine Hofhaltung betrifft, so ist für sie ein Einkommen von zusammen
170,000 Thalern ausgesetzt, das zur Hälfte aus einer baar entrichteten Civilliste
und halb aus Theilen des ehemaligen Krongnts zu solchem Werthe besteht. Das
Budget wird allemal auf höchstens drei Jahre bewilligt, welche Frist z. B. für
die jetzt laufende Finauzperiode aus die beiden Jahre 1833 und 1834 herabgesetzt
ist. Es zerfällt seinem gestimmten Umfang nach in vier Stücke, eines für die
Finanzen des Großherzogthums, und je eins für jede der drei Provinzen. Da
das Großherzogthum als solches keine Einkünfte hat, so werden die Ausgaben
seines Etats dergestalt vertheilt, daß ans Oldenburg 80, auf Lübeck (Eutin) 13,
auf Birkenfeld 7 Procent des Bedarfes fallen.

Nach dem Voranschlag der gegenwärtigen Bndgetperiode belaufen sich die
Centralcmsgaben des Großherzogthums auf 397,800 Thlr. für 1833 und
381,300 Thlr. für 1834. Die Hauptmasse dieser Summe verschlingt das stehende
Heer, an dem als einem "Bundescontiugent" nichts zu ersparen und abzuknappen
ist, mit deu beide" Posten von 263,817 Thlr. und 232,964 Thlr. Als Zinsen
und Abtragsgelder der Staatsschuld figuriren über 18,000 Thlr. Für die An-


der wachsenden finanziellen Einsicht der leitenden Kreise bald von selbst gewichen
wäre. Es war der Stiftung des nordwestdentschen Steuervereins — Hannover
Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe — vorbehalten, die zweifelhaften
Wohlthaten indirecter Besteuerung bis in diese Küstenstriche zu tragen und
Oldenburg gleich den übrigen Bundesstaaten mit einem Cordon von Zollschranken
und Grenzwächtern zu umsäumen. Seitdem ist es durch die allgemeine Entwick¬
lung der deutschen Zustände genöthigt worden, in diese etwas abschüssige Bahn
der Zollsysteme immer rascher einzulenken und von den erprobten Vortheilen der
Handelsfreiheit sich immer weiter zu entfernen. Daß es der Sache des gemein¬
samen Vaterlandes seine eigne Autonomie in Sachen der Zollgesetzgebung, ja
seine richtigen und bewährten Principien ohne viel Widerstreben zum Opfer
gebracht hat, zeugt auf das beredteste von dem warmen und erleuchteten Patri-
> otismus seiner Bevölkerung. Regierung und Landtag von Oldenburg sind
bekanntlich weit bereitwilliger als dieselben Instanzen in Hannover dem September-
vcrtrag von 1831 wie dem Febrnarvcrtrag von 1833 beigetreten — nicht aus
leichtfertiger Uebereilung, sondern weil sie die entscheidenden Erwägungen rasch
in aller Schärfe herausfanden.

Nach dem revidirten Staatsgrundgesetz vom 22. November 1832 steht dem
vereinigten Landtag des Großherzogthums in Zukunft das constitutionelle Recht
der Steuerbewilligung für die drei Provinzen, für das Herzogthum Oldenburg wie
für die Fürstentümer Lübek und Birkenfeld zu. Wie bei allen deutschen Einzeln¬
verfassungen versteht es sich von selbst, daß der Landtag die Ausgaben für
Bundeszwecke, sowie die Kosten einer „bundesgesetzmäßigen" Regierung bei
Strafe der Nichtigkeit nicht verweigern darf. Was den Großherzog, sein Haus
und seine Hofhaltung betrifft, so ist für sie ein Einkommen von zusammen
170,000 Thalern ausgesetzt, das zur Hälfte aus einer baar entrichteten Civilliste
und halb aus Theilen des ehemaligen Krongnts zu solchem Werthe besteht. Das
Budget wird allemal auf höchstens drei Jahre bewilligt, welche Frist z. B. für
die jetzt laufende Finauzperiode aus die beiden Jahre 1833 und 1834 herabgesetzt
ist. Es zerfällt seinem gestimmten Umfang nach in vier Stücke, eines für die
Finanzen des Großherzogthums, und je eins für jede der drei Provinzen. Da
das Großherzogthum als solches keine Einkünfte hat, so werden die Ausgaben
seines Etats dergestalt vertheilt, daß ans Oldenburg 80, auf Lübeck (Eutin) 13,
auf Birkenfeld 7 Procent des Bedarfes fallen.

Nach dem Voranschlag der gegenwärtigen Bndgetperiode belaufen sich die
Centralcmsgaben des Großherzogthums auf 397,800 Thlr. für 1833 und
381,300 Thlr. für 1834. Die Hauptmasse dieser Summe verschlingt das stehende
Heer, an dem als einem „Bundescontiugent" nichts zu ersparen und abzuknappen
ist, mit deu beide» Posten von 263,817 Thlr. und 232,964 Thlr. Als Zinsen
und Abtragsgelder der Staatsschuld figuriren über 18,000 Thlr. Für die An-


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[0338] der wachsenden finanziellen Einsicht der leitenden Kreise bald von selbst gewichen wäre. Es war der Stiftung des nordwestdentschen Steuervereins — Hannover Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe — vorbehalten, die zweifelhaften Wohlthaten indirecter Besteuerung bis in diese Küstenstriche zu tragen und Oldenburg gleich den übrigen Bundesstaaten mit einem Cordon von Zollschranken und Grenzwächtern zu umsäumen. Seitdem ist es durch die allgemeine Entwick¬ lung der deutschen Zustände genöthigt worden, in diese etwas abschüssige Bahn der Zollsysteme immer rascher einzulenken und von den erprobten Vortheilen der Handelsfreiheit sich immer weiter zu entfernen. Daß es der Sache des gemein¬ samen Vaterlandes seine eigne Autonomie in Sachen der Zollgesetzgebung, ja seine richtigen und bewährten Principien ohne viel Widerstreben zum Opfer gebracht hat, zeugt auf das beredteste von dem warmen und erleuchteten Patri- > otismus seiner Bevölkerung. Regierung und Landtag von Oldenburg sind bekanntlich weit bereitwilliger als dieselben Instanzen in Hannover dem September- vcrtrag von 1831 wie dem Febrnarvcrtrag von 1833 beigetreten — nicht aus leichtfertiger Uebereilung, sondern weil sie die entscheidenden Erwägungen rasch in aller Schärfe herausfanden. Nach dem revidirten Staatsgrundgesetz vom 22. November 1832 steht dem vereinigten Landtag des Großherzogthums in Zukunft das constitutionelle Recht der Steuerbewilligung für die drei Provinzen, für das Herzogthum Oldenburg wie für die Fürstentümer Lübek und Birkenfeld zu. Wie bei allen deutschen Einzeln¬ verfassungen versteht es sich von selbst, daß der Landtag die Ausgaben für Bundeszwecke, sowie die Kosten einer „bundesgesetzmäßigen" Regierung bei Strafe der Nichtigkeit nicht verweigern darf. Was den Großherzog, sein Haus und seine Hofhaltung betrifft, so ist für sie ein Einkommen von zusammen 170,000 Thalern ausgesetzt, das zur Hälfte aus einer baar entrichteten Civilliste und halb aus Theilen des ehemaligen Krongnts zu solchem Werthe besteht. Das Budget wird allemal auf höchstens drei Jahre bewilligt, welche Frist z. B. für die jetzt laufende Finauzperiode aus die beiden Jahre 1833 und 1834 herabgesetzt ist. Es zerfällt seinem gestimmten Umfang nach in vier Stücke, eines für die Finanzen des Großherzogthums, und je eins für jede der drei Provinzen. Da das Großherzogthum als solches keine Einkünfte hat, so werden die Ausgaben seines Etats dergestalt vertheilt, daß ans Oldenburg 80, auf Lübeck (Eutin) 13, auf Birkenfeld 7 Procent des Bedarfes fallen. Nach dem Voranschlag der gegenwärtigen Bndgetperiode belaufen sich die Centralcmsgaben des Großherzogthums auf 397,800 Thlr. für 1833 und 381,300 Thlr. für 1834. Die Hauptmasse dieser Summe verschlingt das stehende Heer, an dem als einem „Bundescontiugent" nichts zu ersparen und abzuknappen ist, mit deu beide» Posten von 263,817 Thlr. und 232,964 Thlr. Als Zinsen und Abtragsgelder der Staatsschuld figuriren über 18,000 Thlr. Für die An-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/338>, abgerufen am 23.07.2024.