Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.theils in den Grangen auf den Vorbergen, wo auch der Ertrag der Gebirgswiesen Unsre Führerin Urraca, aus Ustaritz gebürtig, war besonders munter und Sie hatte recht: Wie eine Kette von Landhäusern ziehen sie sich stunden¬ theils in den Grangen auf den Vorbergen, wo auch der Ertrag der Gebirgswiesen Unsre Führerin Urraca, aus Ustaritz gebürtig, war besonders munter und Sie hatte recht: Wie eine Kette von Landhäusern ziehen sie sich stunden¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96505"/> <p xml:id="ID_1129" prev="#ID_1128"> theils in den Grangen auf den Vorbergen, wo auch der Ertrag der Gebirgswiesen<lb/> verwahrt wird. Nur Ziegen, Schweine und Geflügel wohnen in der Nähe<lb/> ihrer Besitzer, beleben den Hof neben dem Hause und spielen mit den Kindern<lb/> und dem zottigen Hunde. Die Häuser selbst sind einstöckig, wie in Bvarn.<lb/> Große Eichenbalkeu oder gröbere Marmorarten bilden das Gerippe; die Zwischen-<lb/> räume sind mit Kieselsteinen ausgefüllt, die ein fester Mörtel bindet und das<lb/> Ganze bedeckt ein weißer Kalkanwurf. Simse, Schwellen, Thür und Fenster¬<lb/> einfassungen und der weite Kaminmantel des Wohnzimmers, das zugleich als<lb/> Küche dient, sind von graublauem pyrenäischen Marmor. Das Dach ist mit<lb/> Ziegeln gedeckt, der Fußboden mit Backsteinen belegt. Thüren und Laden bestehen<lb/> aus roth oder grün angestrichenen Holze. Hier und da sieht man auch Fenster-<lb/> scheiben, der größte Luxus für den Landmann im Süden. Ueberall aber<lb/> schützen weiße Vorhänge vor den Sonnenstrahlen und dem Eindringen der<lb/> Insekten. Und sauber wie sie ist aller Hausrath: Tisch, Bank und Schemel von<lb/> Eichenholz, das irdene und kupferne Geschirr, das große Bett mit dunklen Vor¬<lb/> hängen, das Muttergottesbild, das Crucifix, das Weihwasserbecken und die an<lb/> den Wänden hängenden Waffen des Hausherrn sind sorgfältig vom Staube befreit,<lb/> gescheuert oder geputzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1130"> Unsre Führerin Urraca, aus Ustaritz gebürtig, war besonders munter und<lb/> stolz, indem sie uns die Schönheiten ihrer Heimat zeigte, und nahm unsern<lb/> Beifall in Empfang, als ob er ihr selbst gespendet würde, setzte aber immer mit<lb/> hochmüthiger Miene hinzu: in Ustaritz ist alles schöner.</p><lb/> <p xml:id="ID_1131" next="#ID_1132"> Sie hatte recht: Wie eine Kette von Landhäusern ziehen sie sich stunden¬<lb/> weit, die vier vereinigten Ortschaften von Arraüntz, Lroritz, Herry-Bessre und<lb/> Pourgonia zwischen Maisfeldern und Obstgärten hin. Die Rive begrenzt die<lb/> tiefer liegenden Wiesen, unzählige Bäche und Quellen strömen ihr zu, oder fallen<lb/> über moosbedeckte Steine in Marmorbecken. Herrliche Eichen und Nußbäume<lb/> beschatten die Wege und den großen Gemeindeplatz vor dem Gottesacker, und<lb/> weil es ein Maricntag war, der schwere Arbeit nicht gestattet, hatten sich zahlreiche<lb/> Gruppen unter den Bäumen zusammengefunden und das Pilota-Spiel war in vollem<lb/> Gange. Die Spielenden waren auf einem großen baumleeren Raum in der Mitte des<lb/> Platzes versammelt; sie hatten Weste, Halstuch und Barett abgeworfen und die<lb/> langen Haare hielt ein seidnes Netz. Wie der Ball in den Lüften, fliegt der<lb/> Pilota-Schläger auf dem Rasenplatze hin; die Füße scheinen den Boden nicht zu<lb/> berühren, die Bewegung ist rasch, wie der Blick, und der Blick ist sicher, wie<lb/> der des Adlers. Welch ein Jnbel, wenn der Ball sich zu ungewöhnlicher Höhe<lb/> aufschwingt, mit geübtem Auge verfolgt, mit geübter Hand aufgefangen und dem<lb/> Gegner zurückgeschleudert wird, bevor er im jähen Sturz die Erde erreicht. Die<lb/> Männer, die seit Jahren das Amt der Kampfrichter versehen, rufen Beifall,<lb/> die Frauen verfolgen jede Bewegung des Gatten, des Bruders, des Geliebten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0330]
theils in den Grangen auf den Vorbergen, wo auch der Ertrag der Gebirgswiesen
verwahrt wird. Nur Ziegen, Schweine und Geflügel wohnen in der Nähe
ihrer Besitzer, beleben den Hof neben dem Hause und spielen mit den Kindern
und dem zottigen Hunde. Die Häuser selbst sind einstöckig, wie in Bvarn.
Große Eichenbalkeu oder gröbere Marmorarten bilden das Gerippe; die Zwischen-
räume sind mit Kieselsteinen ausgefüllt, die ein fester Mörtel bindet und das
Ganze bedeckt ein weißer Kalkanwurf. Simse, Schwellen, Thür und Fenster¬
einfassungen und der weite Kaminmantel des Wohnzimmers, das zugleich als
Küche dient, sind von graublauem pyrenäischen Marmor. Das Dach ist mit
Ziegeln gedeckt, der Fußboden mit Backsteinen belegt. Thüren und Laden bestehen
aus roth oder grün angestrichenen Holze. Hier und da sieht man auch Fenster-
scheiben, der größte Luxus für den Landmann im Süden. Ueberall aber
schützen weiße Vorhänge vor den Sonnenstrahlen und dem Eindringen der
Insekten. Und sauber wie sie ist aller Hausrath: Tisch, Bank und Schemel von
Eichenholz, das irdene und kupferne Geschirr, das große Bett mit dunklen Vor¬
hängen, das Muttergottesbild, das Crucifix, das Weihwasserbecken und die an
den Wänden hängenden Waffen des Hausherrn sind sorgfältig vom Staube befreit,
gescheuert oder geputzt.
Unsre Führerin Urraca, aus Ustaritz gebürtig, war besonders munter und
stolz, indem sie uns die Schönheiten ihrer Heimat zeigte, und nahm unsern
Beifall in Empfang, als ob er ihr selbst gespendet würde, setzte aber immer mit
hochmüthiger Miene hinzu: in Ustaritz ist alles schöner.
Sie hatte recht: Wie eine Kette von Landhäusern ziehen sie sich stunden¬
weit, die vier vereinigten Ortschaften von Arraüntz, Lroritz, Herry-Bessre und
Pourgonia zwischen Maisfeldern und Obstgärten hin. Die Rive begrenzt die
tiefer liegenden Wiesen, unzählige Bäche und Quellen strömen ihr zu, oder fallen
über moosbedeckte Steine in Marmorbecken. Herrliche Eichen und Nußbäume
beschatten die Wege und den großen Gemeindeplatz vor dem Gottesacker, und
weil es ein Maricntag war, der schwere Arbeit nicht gestattet, hatten sich zahlreiche
Gruppen unter den Bäumen zusammengefunden und das Pilota-Spiel war in vollem
Gange. Die Spielenden waren auf einem großen baumleeren Raum in der Mitte des
Platzes versammelt; sie hatten Weste, Halstuch und Barett abgeworfen und die
langen Haare hielt ein seidnes Netz. Wie der Ball in den Lüften, fliegt der
Pilota-Schläger auf dem Rasenplatze hin; die Füße scheinen den Boden nicht zu
berühren, die Bewegung ist rasch, wie der Blick, und der Blick ist sicher, wie
der des Adlers. Welch ein Jnbel, wenn der Ball sich zu ungewöhnlicher Höhe
aufschwingt, mit geübtem Auge verfolgt, mit geübter Hand aufgefangen und dem
Gegner zurückgeschleudert wird, bevor er im jähen Sturz die Erde erreicht. Die
Männer, die seit Jahren das Amt der Kampfrichter versehen, rufen Beifall,
die Frauen verfolgen jede Bewegung des Gatten, des Bruders, des Geliebten
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