Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Jahre hervorgegangen wäre^ Der Staatshaushalt Hannovers hat eine ganz eigen¬
thümliche, an Erfahrungen äußerst fruchtbare Entwickelung genommen. Die Geschichte
seines Budgets, seiner bald vereinigten, bald getrennten, und endlich doch wieder
in Eins verschmolzenen Kassen, die Geschichte der stärkeren oder geringeren Ein¬
wirkungen auf die Verwendung der öffentlichen Einnahmen ist bei weitem nicht
blos für den hannoverschen Politiker ein Gegenstand lehrreichster Beschäftigung.
Wir würden sie dringend jedem empfehlen, der sich in deutschen Finanzen mehr
als oberflächlich orientiren möchte, auch wenn sie nicht in so ausgezeichneten
Werken eigens und cinssührlich behandelt wären, wie es wirklich der Fall ist. Das
ältere Werk des Finanzraths Ubbelohde, aus dem Jahre 183i, ist mindestens
den Leuten von Fach in ganz Deutschland bekannt genng. Es schließt indessen
schon vor einem Zeitpunkt, der die interessantesten Punkte dieser Geschichte erst
eröffnet, und war um so mehr einer aufnehmenden Fortsetzung bedürftig, als
grade in deu letzten Jahren sowol der ständische Einfluß auf die Finanzen des
Königreichs, wie namentlich auch die Theilnahme des Publicums an solchen Dingen
beständig zugenommen hat. Diese Fortsetzung liefert nun das überschriftlich an¬
geführte Buch von Lchzen, dessen erster Theil vor wenigen Wochen erschienen ist,
in der befriedigendsten Weise. Rücksichten, die der vormärzliche Finanzrath in
ziemlich ausgedehntem Umfang zu nehmen hatte, fallen bei dem nachmärzlichen
Finanzminister völlig weg -- gewiß ein günstiges Zeichen für das Land, dessen
Verwaltung auch an der Achillesferse aller Regierungen noch die rauhe Berührung
der Oeffentlichkeit ertragen kann. Desto brauchbarer aber wird Lehzcn's verdienst¬
volle Arbeit/ ein Handbuch für alle solche zu werden, die sich auch außerhalb
Hannovers mit der öffentlichen Wirthschaft der Staaten befassen wollen oder
sollen. Dazu hat der Verfasser mit gutem Takt es nicht versäumt, überall, wo
es irgeud zu verlangen war, Bemerkungen von allgemeinerem Gehalt beizufügen,
vor allem volkswirthschaftliche Fingerzeige zu ertheilen oder historisch-politische
Erläuterungen anzuknüpfen. Es mag deshalb nicht allzugewagt erscheinen, wenn
wir den Lesern dieser Blätter einige der schönsten Ergebnisse aus Lchzen's Schrift
in übersichtlicher Folge reproduciren.

Die Einnahmen sondern sich in zwei große Massen. Die eine weniger ver¬
änderliche und flüssige Masse biltM die regelmäßigen Einkünfte des Kronguts und die
Erträge der Regalien, z.B. der Posten; die zweite Masse, welcher ihrer Natur nach
dehnbar ist, im graben Verhältniß zu den Bedürfnissen des Ausgabebudgets
steigen oder fallen kann und ohnehin mit hen Fortschritten des allgemeinen Wohl¬
standes beständig wächst, besteht ans den Summen, welche durch directe und
indirecte Steuern aufgebracht werden. Genau dieser natürlichen Unterscheidung
gemäß war nun auch das Ganze der öffentlichen Einnahmen ursprünglich in zwei
getrennte Kassen auseinandergelegt, die königliche Generalkasse, und die General¬
steuerkasse ,^ und nur über das, was mit dem Inhalt der letzten geschehen sollte,'


3*

Jahre hervorgegangen wäre^ Der Staatshaushalt Hannovers hat eine ganz eigen¬
thümliche, an Erfahrungen äußerst fruchtbare Entwickelung genommen. Die Geschichte
seines Budgets, seiner bald vereinigten, bald getrennten, und endlich doch wieder
in Eins verschmolzenen Kassen, die Geschichte der stärkeren oder geringeren Ein¬
wirkungen auf die Verwendung der öffentlichen Einnahmen ist bei weitem nicht
blos für den hannoverschen Politiker ein Gegenstand lehrreichster Beschäftigung.
Wir würden sie dringend jedem empfehlen, der sich in deutschen Finanzen mehr
als oberflächlich orientiren möchte, auch wenn sie nicht in so ausgezeichneten
Werken eigens und cinssührlich behandelt wären, wie es wirklich der Fall ist. Das
ältere Werk des Finanzraths Ubbelohde, aus dem Jahre 183i, ist mindestens
den Leuten von Fach in ganz Deutschland bekannt genng. Es schließt indessen
schon vor einem Zeitpunkt, der die interessantesten Punkte dieser Geschichte erst
eröffnet, und war um so mehr einer aufnehmenden Fortsetzung bedürftig, als
grade in deu letzten Jahren sowol der ständische Einfluß auf die Finanzen des
Königreichs, wie namentlich auch die Theilnahme des Publicums an solchen Dingen
beständig zugenommen hat. Diese Fortsetzung liefert nun das überschriftlich an¬
geführte Buch von Lchzen, dessen erster Theil vor wenigen Wochen erschienen ist,
in der befriedigendsten Weise. Rücksichten, die der vormärzliche Finanzrath in
ziemlich ausgedehntem Umfang zu nehmen hatte, fallen bei dem nachmärzlichen
Finanzminister völlig weg — gewiß ein günstiges Zeichen für das Land, dessen
Verwaltung auch an der Achillesferse aller Regierungen noch die rauhe Berührung
der Oeffentlichkeit ertragen kann. Desto brauchbarer aber wird Lehzcn's verdienst¬
volle Arbeit/ ein Handbuch für alle solche zu werden, die sich auch außerhalb
Hannovers mit der öffentlichen Wirthschaft der Staaten befassen wollen oder
sollen. Dazu hat der Verfasser mit gutem Takt es nicht versäumt, überall, wo
es irgeud zu verlangen war, Bemerkungen von allgemeinerem Gehalt beizufügen,
vor allem volkswirthschaftliche Fingerzeige zu ertheilen oder historisch-politische
Erläuterungen anzuknüpfen. Es mag deshalb nicht allzugewagt erscheinen, wenn
wir den Lesern dieser Blätter einige der schönsten Ergebnisse aus Lchzen's Schrift
in übersichtlicher Folge reproduciren.

Die Einnahmen sondern sich in zwei große Massen. Die eine weniger ver¬
änderliche und flüssige Masse biltM die regelmäßigen Einkünfte des Kronguts und die
Erträge der Regalien, z.B. der Posten; die zweite Masse, welcher ihrer Natur nach
dehnbar ist, im graben Verhältniß zu den Bedürfnissen des Ausgabebudgets
steigen oder fallen kann und ohnehin mit hen Fortschritten des allgemeinen Wohl¬
standes beständig wächst, besteht ans den Summen, welche durch directe und
indirecte Steuern aufgebracht werden. Genau dieser natürlichen Unterscheidung
gemäß war nun auch das Ganze der öffentlichen Einnahmen ursprünglich in zwei
getrennte Kassen auseinandergelegt, die königliche Generalkasse, und die General¬
steuerkasse ,^ und nur über das, was mit dem Inhalt der letzten geschehen sollte,'


3*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96202"/>
          <p xml:id="ID_63" prev="#ID_62"> Jahre hervorgegangen wäre^ Der Staatshaushalt Hannovers hat eine ganz eigen¬<lb/>
thümliche, an Erfahrungen äußerst fruchtbare Entwickelung genommen. Die Geschichte<lb/>
seines Budgets, seiner bald vereinigten, bald getrennten, und endlich doch wieder<lb/>
in Eins verschmolzenen Kassen, die Geschichte der stärkeren oder geringeren Ein¬<lb/>
wirkungen auf die Verwendung der öffentlichen Einnahmen ist bei weitem nicht<lb/>
blos für den hannoverschen Politiker ein Gegenstand lehrreichster Beschäftigung.<lb/>
Wir würden sie dringend jedem empfehlen, der sich in deutschen Finanzen mehr<lb/>
als oberflächlich orientiren möchte, auch wenn sie nicht in so ausgezeichneten<lb/>
Werken eigens und cinssührlich behandelt wären, wie es wirklich der Fall ist. Das<lb/>
ältere Werk des Finanzraths Ubbelohde, aus dem Jahre 183i, ist mindestens<lb/>
den Leuten von Fach in ganz Deutschland bekannt genng. Es schließt indessen<lb/>
schon vor einem Zeitpunkt, der die interessantesten Punkte dieser Geschichte erst<lb/>
eröffnet, und war um so mehr einer aufnehmenden Fortsetzung bedürftig, als<lb/>
grade in deu letzten Jahren sowol der ständische Einfluß auf die Finanzen des<lb/>
Königreichs, wie namentlich auch die Theilnahme des Publicums an solchen Dingen<lb/>
beständig zugenommen hat. Diese Fortsetzung liefert nun das überschriftlich an¬<lb/>
geführte Buch von Lchzen, dessen erster Theil vor wenigen Wochen erschienen ist,<lb/>
in der befriedigendsten Weise. Rücksichten, die der vormärzliche Finanzrath in<lb/>
ziemlich ausgedehntem Umfang zu nehmen hatte, fallen bei dem nachmärzlichen<lb/>
Finanzminister völlig weg &#x2014; gewiß ein günstiges Zeichen für das Land, dessen<lb/>
Verwaltung auch an der Achillesferse aller Regierungen noch die rauhe Berührung<lb/>
der Oeffentlichkeit ertragen kann. Desto brauchbarer aber wird Lehzcn's verdienst¬<lb/>
volle Arbeit/ ein Handbuch für alle solche zu werden, die sich auch außerhalb<lb/>
Hannovers mit der öffentlichen Wirthschaft der Staaten befassen wollen oder<lb/>
sollen. Dazu hat der Verfasser mit gutem Takt es nicht versäumt, überall, wo<lb/>
es irgeud zu verlangen war, Bemerkungen von allgemeinerem Gehalt beizufügen,<lb/>
vor allem volkswirthschaftliche Fingerzeige zu ertheilen oder historisch-politische<lb/>
Erläuterungen anzuknüpfen. Es mag deshalb nicht allzugewagt erscheinen, wenn<lb/>
wir den Lesern dieser Blätter einige der schönsten Ergebnisse aus Lchzen's Schrift<lb/>
in übersichtlicher Folge reproduciren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_64" next="#ID_65"> Die Einnahmen sondern sich in zwei große Massen. Die eine weniger ver¬<lb/>
änderliche und flüssige Masse biltM die regelmäßigen Einkünfte des Kronguts und die<lb/>
Erträge der Regalien, z.B. der Posten; die zweite Masse, welcher ihrer Natur nach<lb/>
dehnbar ist, im graben Verhältniß zu den Bedürfnissen des Ausgabebudgets<lb/>
steigen oder fallen kann und ohnehin mit hen Fortschritten des allgemeinen Wohl¬<lb/>
standes beständig wächst, besteht ans den Summen, welche durch directe und<lb/>
indirecte Steuern aufgebracht werden. Genau dieser natürlichen Unterscheidung<lb/>
gemäß war nun auch das Ganze der öffentlichen Einnahmen ursprünglich in zwei<lb/>
getrennte Kassen auseinandergelegt, die königliche Generalkasse, und die General¬<lb/>
steuerkasse ,^ und nur über das, was mit dem Inhalt der letzten geschehen sollte,'</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 3* </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0027] Jahre hervorgegangen wäre^ Der Staatshaushalt Hannovers hat eine ganz eigen¬ thümliche, an Erfahrungen äußerst fruchtbare Entwickelung genommen. Die Geschichte seines Budgets, seiner bald vereinigten, bald getrennten, und endlich doch wieder in Eins verschmolzenen Kassen, die Geschichte der stärkeren oder geringeren Ein¬ wirkungen auf die Verwendung der öffentlichen Einnahmen ist bei weitem nicht blos für den hannoverschen Politiker ein Gegenstand lehrreichster Beschäftigung. Wir würden sie dringend jedem empfehlen, der sich in deutschen Finanzen mehr als oberflächlich orientiren möchte, auch wenn sie nicht in so ausgezeichneten Werken eigens und cinssührlich behandelt wären, wie es wirklich der Fall ist. Das ältere Werk des Finanzraths Ubbelohde, aus dem Jahre 183i, ist mindestens den Leuten von Fach in ganz Deutschland bekannt genng. Es schließt indessen schon vor einem Zeitpunkt, der die interessantesten Punkte dieser Geschichte erst eröffnet, und war um so mehr einer aufnehmenden Fortsetzung bedürftig, als grade in deu letzten Jahren sowol der ständische Einfluß auf die Finanzen des Königreichs, wie namentlich auch die Theilnahme des Publicums an solchen Dingen beständig zugenommen hat. Diese Fortsetzung liefert nun das überschriftlich an¬ geführte Buch von Lchzen, dessen erster Theil vor wenigen Wochen erschienen ist, in der befriedigendsten Weise. Rücksichten, die der vormärzliche Finanzrath in ziemlich ausgedehntem Umfang zu nehmen hatte, fallen bei dem nachmärzlichen Finanzminister völlig weg — gewiß ein günstiges Zeichen für das Land, dessen Verwaltung auch an der Achillesferse aller Regierungen noch die rauhe Berührung der Oeffentlichkeit ertragen kann. Desto brauchbarer aber wird Lehzcn's verdienst¬ volle Arbeit/ ein Handbuch für alle solche zu werden, die sich auch außerhalb Hannovers mit der öffentlichen Wirthschaft der Staaten befassen wollen oder sollen. Dazu hat der Verfasser mit gutem Takt es nicht versäumt, überall, wo es irgeud zu verlangen war, Bemerkungen von allgemeinerem Gehalt beizufügen, vor allem volkswirthschaftliche Fingerzeige zu ertheilen oder historisch-politische Erläuterungen anzuknüpfen. Es mag deshalb nicht allzugewagt erscheinen, wenn wir den Lesern dieser Blätter einige der schönsten Ergebnisse aus Lchzen's Schrift in übersichtlicher Folge reproduciren. Die Einnahmen sondern sich in zwei große Massen. Die eine weniger ver¬ änderliche und flüssige Masse biltM die regelmäßigen Einkünfte des Kronguts und die Erträge der Regalien, z.B. der Posten; die zweite Masse, welcher ihrer Natur nach dehnbar ist, im graben Verhältniß zu den Bedürfnissen des Ausgabebudgets steigen oder fallen kann und ohnehin mit hen Fortschritten des allgemeinen Wohl¬ standes beständig wächst, besteht ans den Summen, welche durch directe und indirecte Steuern aufgebracht werden. Genau dieser natürlichen Unterscheidung gemäß war nun auch das Ganze der öffentlichen Einnahmen ursprünglich in zwei getrennte Kassen auseinandergelegt, die königliche Generalkasse, und die General¬ steuerkasse ,^ und nur über das, was mit dem Inhalt der letzten geschehen sollte,' 3*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/27
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/27>, abgerufen am 29.06.2024.