Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

großen Verlusten zurück. On-lan-tai selbst wurde verwundet und mußte sich einen
Arm abnehmen lassen.

Die Regierung von Peking macht nach dieser Niederlage wieder neue An¬
strengungen, Widerstand zu leisten. Die Truppen werden aufs neue zusammen¬
gezogen und diesmal muß sich der allzuvvrsichtige Sir selbst entschließen, vor¬
wärts zu gehen. Er versah sich wohl mit Geld, denn dies scheint die einzige
Waffe zu sein, die der Gouverneur der beiden Knäng wohl zu führen versteht.
Er wird schon gleich beim Auszuge auf die Schlauche Weise bestohlen und die Re¬
bellen schicken ihm überdies eine so verletzende Herausforderung zu, daß er in den
lächerlichsten Zorn geräth. Er schickt sich an, rasch vorwärts zu ziehen -- aber
schon einige Meilen von Schao-king bestimmt ihn--die zu große Hitze wieder
umzukehren. Und er hat wohl gethan, denn eine Abtheilung seiner Reiterei, die
sich zu weit vorgewagt, ^siel in einen Hinterhalt und ging jämmerlich zu Grunde.
Nur zehn konnten nach Knei-lin entkommen, um den Tod ihrer Kameraden
zu berichten. Indessen fährt die Pekinger Zeitung fort, die Siege der
chinesische" Generale dem Reiche zu verkünden. In einem der Bulletins wird
unter andern Wundern anch erzählt, wie eine einzige Kanonenkugel eine ganze
Reihe der feindlichen Armee niedergerissen. Die chinesischen Generale gehen droh
dieser Siege zu Grunde und werden vom Kaiser nach wie vor abgesetzt. Der
alte Sir stirbt, sein Nachfolger, Li-sing-guen kaun anch die Strapazen und Krän-
kungen inmitten dieser fortwährenden Niederlagen nicht ertragen. Er stirbt auf
der Rückkehr nach Peking. Der Kaiser beweint ihn und läßt ihn unter den
größten Ehrenbezeigungen beerdigen. Der Mittler des Generals schickt er um
zehn Tael (ungefähr zwanzig Thaler) tartarischen Ginseng. Diese Pflanze soll
nämlich die Gabe haben, das Leben zu verlängern nud der Kaiser deutete der
Mutter seines Lieblingsgenerals an, daß er wünsche, sie möge die Bahn leben,
welche das Schicksal ihrem Sohne geraubt.

Im Juli -I8S-I wurde im Parke des kaiserlichen Palastes selbst ein Attentat
auf das Leben des Kaisers gemacht. Ein Mann mit einem Dolche stürzte auf
ihn los, allein ein Kammerherr kam seinem Herrn zu Hilfe und wand dem Mör¬
der die Waffe aus der Hand. Infolge dieses Ereignisses wurden achtzehn Man¬
darine und sämmtliche Mitglieder ihrer Familien hingerichtet. Man weiß nichts
Genaues über die eigentlichen Urheber dieses Attentats, doch glaubt man, daß
die Verwandten des Kaisers dieser That nicht ganz fremd seien. Man sprach
auch von Mu-tschang-ha und Kien. Das waren Burrus und Seneca, die dem
jungen Nerv nach dem Leben steuerten, wie die Verfasser unseres Buches bemerken!
Die Eunuchen des Palastes scheinen über eher an diesem Versuche betheiligt ge¬
wesen zu sein, wenigstens liegt das so ziemlich in der Tradition der Verschnittenen.
Die Insurgenten benutzten dieses Attentat, indem sie Sapeken (chinesische Einheits¬
münze, thier genannt) mit dem Namen von Tim-te prägen und in Umlauf setzen


großen Verlusten zurück. On-lan-tai selbst wurde verwundet und mußte sich einen
Arm abnehmen lassen.

Die Regierung von Peking macht nach dieser Niederlage wieder neue An¬
strengungen, Widerstand zu leisten. Die Truppen werden aufs neue zusammen¬
gezogen und diesmal muß sich der allzuvvrsichtige Sir selbst entschließen, vor¬
wärts zu gehen. Er versah sich wohl mit Geld, denn dies scheint die einzige
Waffe zu sein, die der Gouverneur der beiden Knäng wohl zu führen versteht.
Er wird schon gleich beim Auszuge auf die Schlauche Weise bestohlen und die Re¬
bellen schicken ihm überdies eine so verletzende Herausforderung zu, daß er in den
lächerlichsten Zorn geräth. Er schickt sich an, rasch vorwärts zu ziehen — aber
schon einige Meilen von Schao-king bestimmt ihn--die zu große Hitze wieder
umzukehren. Und er hat wohl gethan, denn eine Abtheilung seiner Reiterei, die
sich zu weit vorgewagt, ^siel in einen Hinterhalt und ging jämmerlich zu Grunde.
Nur zehn konnten nach Knei-lin entkommen, um den Tod ihrer Kameraden
zu berichten. Indessen fährt die Pekinger Zeitung fort, die Siege der
chinesische» Generale dem Reiche zu verkünden. In einem der Bulletins wird
unter andern Wundern anch erzählt, wie eine einzige Kanonenkugel eine ganze
Reihe der feindlichen Armee niedergerissen. Die chinesischen Generale gehen droh
dieser Siege zu Grunde und werden vom Kaiser nach wie vor abgesetzt. Der
alte Sir stirbt, sein Nachfolger, Li-sing-guen kaun anch die Strapazen und Krän-
kungen inmitten dieser fortwährenden Niederlagen nicht ertragen. Er stirbt auf
der Rückkehr nach Peking. Der Kaiser beweint ihn und läßt ihn unter den
größten Ehrenbezeigungen beerdigen. Der Mittler des Generals schickt er um
zehn Tael (ungefähr zwanzig Thaler) tartarischen Ginseng. Diese Pflanze soll
nämlich die Gabe haben, das Leben zu verlängern nud der Kaiser deutete der
Mutter seines Lieblingsgenerals an, daß er wünsche, sie möge die Bahn leben,
welche das Schicksal ihrem Sohne geraubt.

Im Juli -I8S-I wurde im Parke des kaiserlichen Palastes selbst ein Attentat
auf das Leben des Kaisers gemacht. Ein Mann mit einem Dolche stürzte auf
ihn los, allein ein Kammerherr kam seinem Herrn zu Hilfe und wand dem Mör¬
der die Waffe aus der Hand. Infolge dieses Ereignisses wurden achtzehn Man¬
darine und sämmtliche Mitglieder ihrer Familien hingerichtet. Man weiß nichts
Genaues über die eigentlichen Urheber dieses Attentats, doch glaubt man, daß
die Verwandten des Kaisers dieser That nicht ganz fremd seien. Man sprach
auch von Mu-tschang-ha und Kien. Das waren Burrus und Seneca, die dem
jungen Nerv nach dem Leben steuerten, wie die Verfasser unseres Buches bemerken!
Die Eunuchen des Palastes scheinen über eher an diesem Versuche betheiligt ge¬
wesen zu sein, wenigstens liegt das so ziemlich in der Tradition der Verschnittenen.
Die Insurgenten benutzten dieses Attentat, indem sie Sapeken (chinesische Einheits¬
münze, thier genannt) mit dem Namen von Tim-te prägen und in Umlauf setzen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0180" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96355"/>
          <p xml:id="ID_585" prev="#ID_584"> großen Verlusten zurück. On-lan-tai selbst wurde verwundet und mußte sich einen<lb/>
Arm abnehmen lassen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_586"> Die Regierung von Peking macht nach dieser Niederlage wieder neue An¬<lb/>
strengungen, Widerstand zu leisten. Die Truppen werden aufs neue zusammen¬<lb/>
gezogen und diesmal muß sich der allzuvvrsichtige Sir selbst entschließen, vor¬<lb/>
wärts zu gehen. Er versah sich wohl mit Geld, denn dies scheint die einzige<lb/>
Waffe zu sein, die der Gouverneur der beiden Knäng wohl zu führen versteht.<lb/>
Er wird schon gleich beim Auszuge auf die Schlauche Weise bestohlen und die Re¬<lb/>
bellen schicken ihm überdies eine so verletzende Herausforderung zu, daß er in den<lb/>
lächerlichsten Zorn geräth.  Er schickt sich an, rasch vorwärts zu ziehen &#x2014; aber<lb/>
schon einige Meilen von Schao-king bestimmt ihn--die zu große Hitze wieder<lb/>
umzukehren. Und er hat wohl gethan, denn eine Abtheilung seiner Reiterei, die<lb/>
sich zu weit vorgewagt, ^siel in einen Hinterhalt und ging jämmerlich zu Grunde.<lb/>
Nur zehn konnten nach Knei-lin entkommen, um den Tod ihrer Kameraden<lb/>
zu berichten. Indessen fährt die Pekinger Zeitung fort, die Siege der<lb/>
chinesische» Generale dem Reiche zu verkünden. In einem der Bulletins wird<lb/>
unter andern Wundern anch erzählt, wie eine einzige Kanonenkugel eine ganze<lb/>
Reihe der feindlichen Armee niedergerissen. Die chinesischen Generale gehen droh<lb/>
dieser Siege zu Grunde und werden vom Kaiser nach wie vor abgesetzt. Der<lb/>
alte Sir stirbt, sein Nachfolger, Li-sing-guen kaun anch die Strapazen und Krän-<lb/>
kungen inmitten dieser fortwährenden Niederlagen nicht ertragen. Er stirbt auf<lb/>
der Rückkehr nach Peking. Der Kaiser beweint ihn und läßt ihn unter den<lb/>
größten Ehrenbezeigungen beerdigen. Der Mittler des Generals schickt er um<lb/>
zehn Tael (ungefähr zwanzig Thaler) tartarischen Ginseng. Diese Pflanze soll<lb/>
nämlich die Gabe haben, das Leben zu verlängern nud der Kaiser deutete der<lb/>
Mutter seines Lieblingsgenerals an, daß er wünsche, sie möge die Bahn leben,<lb/>
welche das Schicksal ihrem Sohne geraubt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_587" next="#ID_588"> Im Juli -I8S-I wurde im Parke des kaiserlichen Palastes selbst ein Attentat<lb/>
auf das Leben des Kaisers gemacht. Ein Mann mit einem Dolche stürzte auf<lb/>
ihn los, allein ein Kammerherr kam seinem Herrn zu Hilfe und wand dem Mör¬<lb/>
der die Waffe aus der Hand. Infolge dieses Ereignisses wurden achtzehn Man¬<lb/>
darine und sämmtliche Mitglieder ihrer Familien hingerichtet. Man weiß nichts<lb/>
Genaues über die eigentlichen Urheber dieses Attentats, doch glaubt man, daß<lb/>
die Verwandten des Kaisers dieser That nicht ganz fremd seien. Man sprach<lb/>
auch von Mu-tschang-ha und Kien. Das waren Burrus und Seneca, die dem<lb/>
jungen Nerv nach dem Leben steuerten, wie die Verfasser unseres Buches bemerken!<lb/>
Die Eunuchen des Palastes scheinen über eher an diesem Versuche betheiligt ge¬<lb/>
wesen zu sein, wenigstens liegt das so ziemlich in der Tradition der Verschnittenen.<lb/>
Die Insurgenten benutzten dieses Attentat, indem sie Sapeken (chinesische Einheits¬<lb/>
münze, thier genannt) mit dem Namen von Tim-te prägen und in Umlauf setzen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0180] großen Verlusten zurück. On-lan-tai selbst wurde verwundet und mußte sich einen Arm abnehmen lassen. Die Regierung von Peking macht nach dieser Niederlage wieder neue An¬ strengungen, Widerstand zu leisten. Die Truppen werden aufs neue zusammen¬ gezogen und diesmal muß sich der allzuvvrsichtige Sir selbst entschließen, vor¬ wärts zu gehen. Er versah sich wohl mit Geld, denn dies scheint die einzige Waffe zu sein, die der Gouverneur der beiden Knäng wohl zu führen versteht. Er wird schon gleich beim Auszuge auf die Schlauche Weise bestohlen und die Re¬ bellen schicken ihm überdies eine so verletzende Herausforderung zu, daß er in den lächerlichsten Zorn geräth. Er schickt sich an, rasch vorwärts zu ziehen — aber schon einige Meilen von Schao-king bestimmt ihn--die zu große Hitze wieder umzukehren. Und er hat wohl gethan, denn eine Abtheilung seiner Reiterei, die sich zu weit vorgewagt, ^siel in einen Hinterhalt und ging jämmerlich zu Grunde. Nur zehn konnten nach Knei-lin entkommen, um den Tod ihrer Kameraden zu berichten. Indessen fährt die Pekinger Zeitung fort, die Siege der chinesische» Generale dem Reiche zu verkünden. In einem der Bulletins wird unter andern Wundern anch erzählt, wie eine einzige Kanonenkugel eine ganze Reihe der feindlichen Armee niedergerissen. Die chinesischen Generale gehen droh dieser Siege zu Grunde und werden vom Kaiser nach wie vor abgesetzt. Der alte Sir stirbt, sein Nachfolger, Li-sing-guen kaun anch die Strapazen und Krän- kungen inmitten dieser fortwährenden Niederlagen nicht ertragen. Er stirbt auf der Rückkehr nach Peking. Der Kaiser beweint ihn und läßt ihn unter den größten Ehrenbezeigungen beerdigen. Der Mittler des Generals schickt er um zehn Tael (ungefähr zwanzig Thaler) tartarischen Ginseng. Diese Pflanze soll nämlich die Gabe haben, das Leben zu verlängern nud der Kaiser deutete der Mutter seines Lieblingsgenerals an, daß er wünsche, sie möge die Bahn leben, welche das Schicksal ihrem Sohne geraubt. Im Juli -I8S-I wurde im Parke des kaiserlichen Palastes selbst ein Attentat auf das Leben des Kaisers gemacht. Ein Mann mit einem Dolche stürzte auf ihn los, allein ein Kammerherr kam seinem Herrn zu Hilfe und wand dem Mör¬ der die Waffe aus der Hand. Infolge dieses Ereignisses wurden achtzehn Man¬ darine und sämmtliche Mitglieder ihrer Familien hingerichtet. Man weiß nichts Genaues über die eigentlichen Urheber dieses Attentats, doch glaubt man, daß die Verwandten des Kaisers dieser That nicht ganz fremd seien. Man sprach auch von Mu-tschang-ha und Kien. Das waren Burrus und Seneca, die dem jungen Nerv nach dem Leben steuerten, wie die Verfasser unseres Buches bemerken! Die Eunuchen des Palastes scheinen über eher an diesem Versuche betheiligt ge¬ wesen zu sein, wenigstens liegt das so ziemlich in der Tradition der Verschnittenen. Die Insurgenten benutzten dieses Attentat, indem sie Sapeken (chinesische Einheits¬ münze, thier genannt) mit dem Namen von Tim-te prägen und in Umlauf setzen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/180
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/180>, abgerufen am 03.07.2024.