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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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desselben durch die Todesstrafe gegen jede andere Mode geschützt war. Dieser
gänzliche Bruch mit dem Bestehenden zeigte also von der Entschlossenheit der
Rebellen,' zu siegen oder zu sterbe".

Um dem üblen Eindrucke entgegenzuarbeiten und den Muth der Kaiserlichen
wieder zu erwecken, nahm man wieder zur Lüge Zuflucht. Man that, als ob die
Rebellen ihre Unterwürfigkeit angezeigt hätten, und in den vfstciellen Zeitungen
von Peking war der Unterwerfungsact zu lesen, der komisch genug klingt. Die
Rebellen scheinen im Monat März 18S1 unthätig gewesen zu sein, wenigstens er¬
fuhr man nur Gerüchte. Die Mandarine behaupteten, man habe den Rebellen ihre
wunderthätige Fahne genommen, während man von anderer Seite berichtete, Sin-
Tschu-su sei in ihren Händen und daß sie sich der Hauptstadt von Südwester-,
(von Knäng-si) Kueilins, bemächtigt hätten.

Letzteres war offenbar falsch, da die Rebellen dieser festen Stadt noch immer
nicht Meister geworden sind. Zu jener Zeit war Li dafselbst kaiserlicher Kom¬
missär, und dieser hatte den fürchterlichen Tschang-lieu-esto zu seinem Adjutanten
gemacht. Er ist derselbe, welcher alle" Opiumrauchern, welche man auf der That
ertappte, die Unterlippe abschneiden ließ. Allein der Name dieses schrecklichen
Mannes machte keinen großen Eindruck auf die Rebellen, ebensowenig als seine
früheren Grausamkeiten dem Opiumgenusse gesteuert hatten.

Die Rebellion nahm nachgerade den Charakter eines Bürgerkrieges an. Der
junge Kaiser weiß sich nicht anders zu helfen, als indem er seine Generale ab¬
setzt. So wie früher Li-fing-inen abgesetzt und der Gouverner der beiden Knäng
einiger Grade beraubt wurden, so wurde jetzt wieder nach Kuei-Lin, der Haupt¬
stadt vou Knäng-si, ein neuer General geschickt. Diesmal schickte Hieu-fung sei¬
nen ersten Minister Sai-schang-ha zur Armee, er wurde von zwei tartarischen
Generalen, Te-Haig und Ta-lang^ha, begleitet. Das erste Lebenszeichen, das die
neuen Befehlshaber vou sich gaben, war wieder eine neue Aushebung vou Steuern.
Der Revolution fügten sie nur wenig Schaden z". Diese dehnte sich vielmehr
im Westen der Provinz Knäng-ton aus. Die Rebellen nahmen unter anderen
Kao-tscheu-su zehn Meilen von der Grenze von Knäng-si und ganz in der Nähe
des Meeres. Dieser Punkt sollte ihnen den Rückzug decken und vermuthlich
gegen die erschreckten Chinesen Gelegenheit geben, einen Versuch zu Meere zu
machen. Um diese Zeit weigerte sich auch ein Theil der Knäng-louer (Kan¬
tiner), die drückenden Steuern zu bezahle".

In den Monaten Juni und Juli ließen die Rebellen wenig von sich hören.
Man erfährt blos, daß der tartarische General On-lan-tai von Canton ans den
Jnsurgenten entgegengegangen sei. Wider ihre Gewohnheit warten diese nicht
erst auf einen Angriff, verstellen ihm den Weg bei Lo-on-i und werfen ihn unter


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desselben durch die Todesstrafe gegen jede andere Mode geschützt war. Dieser
gänzliche Bruch mit dem Bestehenden zeigte also von der Entschlossenheit der
Rebellen,' zu siegen oder zu sterbe».

Um dem üblen Eindrucke entgegenzuarbeiten und den Muth der Kaiserlichen
wieder zu erwecken, nahm man wieder zur Lüge Zuflucht. Man that, als ob die
Rebellen ihre Unterwürfigkeit angezeigt hätten, und in den vfstciellen Zeitungen
von Peking war der Unterwerfungsact zu lesen, der komisch genug klingt. Die
Rebellen scheinen im Monat März 18S1 unthätig gewesen zu sein, wenigstens er¬
fuhr man nur Gerüchte. Die Mandarine behaupteten, man habe den Rebellen ihre
wunderthätige Fahne genommen, während man von anderer Seite berichtete, Sin-
Tschu-su sei in ihren Händen und daß sie sich der Hauptstadt von Südwester-,
(von Knäng-si) Kueilins, bemächtigt hätten.

Letzteres war offenbar falsch, da die Rebellen dieser festen Stadt noch immer
nicht Meister geworden sind. Zu jener Zeit war Li dafselbst kaiserlicher Kom¬
missär, und dieser hatte den fürchterlichen Tschang-lieu-esto zu seinem Adjutanten
gemacht. Er ist derselbe, welcher alle» Opiumrauchern, welche man auf der That
ertappte, die Unterlippe abschneiden ließ. Allein der Name dieses schrecklichen
Mannes machte keinen großen Eindruck auf die Rebellen, ebensowenig als seine
früheren Grausamkeiten dem Opiumgenusse gesteuert hatten.

Die Rebellion nahm nachgerade den Charakter eines Bürgerkrieges an. Der
junge Kaiser weiß sich nicht anders zu helfen, als indem er seine Generale ab¬
setzt. So wie früher Li-fing-inen abgesetzt und der Gouverner der beiden Knäng
einiger Grade beraubt wurden, so wurde jetzt wieder nach Kuei-Lin, der Haupt¬
stadt vou Knäng-si, ein neuer General geschickt. Diesmal schickte Hieu-fung sei¬
nen ersten Minister Sai-schang-ha zur Armee, er wurde von zwei tartarischen
Generalen, Te-Haig und Ta-lang^ha, begleitet. Das erste Lebenszeichen, das die
neuen Befehlshaber vou sich gaben, war wieder eine neue Aushebung vou Steuern.
Der Revolution fügten sie nur wenig Schaden z». Diese dehnte sich vielmehr
im Westen der Provinz Knäng-ton aus. Die Rebellen nahmen unter anderen
Kao-tscheu-su zehn Meilen von der Grenze von Knäng-si und ganz in der Nähe
des Meeres. Dieser Punkt sollte ihnen den Rückzug decken und vermuthlich
gegen die erschreckten Chinesen Gelegenheit geben, einen Versuch zu Meere zu
machen. Um diese Zeit weigerte sich auch ein Theil der Knäng-louer (Kan¬
tiner), die drückenden Steuern zu bezahle».

In den Monaten Juni und Juli ließen die Rebellen wenig von sich hören.
Man erfährt blos, daß der tartarische General On-lan-tai von Canton ans den
Jnsurgenten entgegengegangen sei. Wider ihre Gewohnheit warten diese nicht
erst auf einen Angriff, verstellen ihm den Weg bei Lo-on-i und werfen ihn unter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/179>, abgerufen am 03.07.2024.