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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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das zugegangen ist. Er steht," fährt er in der Erzählung weiter fort, "hinter
dem Busche, Nees, und gute, Nees, gu--"--le -- (ein Puff ans der ewigen
Pfeife) gute -- gu--n--le (pnss, puff) und ick liege hinter der Klippe (puff, puff)
und gute, Nees, gu--uke (puff, puff)," aber obschon der Schall der Worte nicht
mehr das Ohr des ermüdeten Reisenden trifft und der Boor sich von dem hoff¬
nungslosen Zustande seines Opfers endlich überzeugt, beendigt er.doch seine Ge¬
schichte zu seiner eigenen Genugthuung, Endlich entsteht eine Bewegung und der
arme Gast hofft seine endliche Erlösung dnrch das Abendessen. Doch nein, es ist
ein schwarzes Weib mit einem Fasse Wasser und einem Tuche. Alle waschen
nun Gestalt, Hände und Füße in demselben Wasser und trocknen sich an dem¬
selben Tuch, dessen gewöhnlich blaue Farbe viel zu seiner reinlichen Erscheinung bei¬
trägt. In einem heißen, trocknen, staubigen Lande, wie das Capland, ist, zumal nach
einer Reise, eine Waschung oder ein Bad nicht allein der größte Luxus, den man
sich wünschen konnte, sondern durchaus nöthig; aber der Fremdling legt sich lieber
zur Ruhe in einer windigen, halboffenen Kammer, in steifen, feuchten Kleidern,
als von dem Waschapparat Gebrauch zu machen, wie er meistens am Cap ge¬
boten wird. Darauf bleibt die ganze Gesellschaft, Jung und Alt, mit bis zu den
Knieen nackten Beinen, noch eine Stunde sitzen im trägen Geschwätze. Endlich
kommt das Abendessen, gewöhnlich fettes Fleisch, nicht immer Brot. Jeder be¬
dient sich seines Taschenmessers, wetzt es an der Schuhsohle und schneidet daraus
los und ißt, nach Viehboormanier, das Fett als Fleisch und das Fleisch als Brot.
Gabel und Löffel werden aus den Tisch gelegt, aber nicht für jede Person. Das
Mahl beschließt eine Zoopie, gewiß eine weise Zugabe, um die Verdauung einer
solchen fetten Ladung möglich zu machen. ' Alles dies möchte noch gehen, denn der
hungrige Magen .eines Reisenden in jenem schwach bevölkerte" Lande erlangt eine
wunderbare Kraft und würde mit der Zeit Kiesel verdauen lernen, wie der des
Straußes; aber während die Speise ans die Tafel gesetzt wird, fegt, um alles
in höchste Reinlichkeit zu bringen, ein anderer schwarzer Diener eine solche Staub¬
wolke vom trockenen Lehmboden ans. daß man wie in einem dichten Nebel sitzt.
Wieder ein anderer setzt auf den Tisch eine Kerze mit einem darzubieten, aus alten
Lappen gedrehten Dochte, von dessen rother düsterer Flamme eine graue Rauch¬
säule aufsteigt; und auf die andere Seite eine Lampe, gefüllt mit halbgebratenen
knatternden Fettkriefen, aus denen ein alter brennender Lappen hervorragt und
noch mehrZQualm und Fettgestauk verbreitet. Aber die allerekelhafteste der Gewohn¬
heiten der Kolonisten ist ein immerwährendes Rülpsen; sowol der Viehboor in
groben Lederhosen und rohen Sandalen in einem llarctebsssttm^s (Lehmhütte)
an der Grenze, als der elegante vvorman ans seiner prächtigen Meierei im Ober^
lande -- alles rülpst kurwsamenlv; und wie der junge Germane zum Beweise
seiner Männlichkeit eine Pfeife raucht, führt der junge "Afrikandcr" den Beweis
der seinigen ans die angegebene Weise. Die Männer nennen es "'Mnäe ox, als


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das zugegangen ist. Er steht," fährt er in der Erzählung weiter fort, „hinter
dem Busche, Nees, und gute, Nees, gu—»—le — (ein Puff ans der ewigen
Pfeife) gute — gu—n—le (pnss, puff) und ick liege hinter der Klippe (puff, puff)
und gute, Nees, gu—uke (puff, puff)," aber obschon der Schall der Worte nicht
mehr das Ohr des ermüdeten Reisenden trifft und der Boor sich von dem hoff¬
nungslosen Zustande seines Opfers endlich überzeugt, beendigt er.doch seine Ge¬
schichte zu seiner eigenen Genugthuung, Endlich entsteht eine Bewegung und der
arme Gast hofft seine endliche Erlösung dnrch das Abendessen. Doch nein, es ist
ein schwarzes Weib mit einem Fasse Wasser und einem Tuche. Alle waschen
nun Gestalt, Hände und Füße in demselben Wasser und trocknen sich an dem¬
selben Tuch, dessen gewöhnlich blaue Farbe viel zu seiner reinlichen Erscheinung bei¬
trägt. In einem heißen, trocknen, staubigen Lande, wie das Capland, ist, zumal nach
einer Reise, eine Waschung oder ein Bad nicht allein der größte Luxus, den man
sich wünschen konnte, sondern durchaus nöthig; aber der Fremdling legt sich lieber
zur Ruhe in einer windigen, halboffenen Kammer, in steifen, feuchten Kleidern,
als von dem Waschapparat Gebrauch zu machen, wie er meistens am Cap ge¬
boten wird. Darauf bleibt die ganze Gesellschaft, Jung und Alt, mit bis zu den
Knieen nackten Beinen, noch eine Stunde sitzen im trägen Geschwätze. Endlich
kommt das Abendessen, gewöhnlich fettes Fleisch, nicht immer Brot. Jeder be¬
dient sich seines Taschenmessers, wetzt es an der Schuhsohle und schneidet daraus
los und ißt, nach Viehboormanier, das Fett als Fleisch und das Fleisch als Brot.
Gabel und Löffel werden aus den Tisch gelegt, aber nicht für jede Person. Das
Mahl beschließt eine Zoopie, gewiß eine weise Zugabe, um die Verdauung einer
solchen fetten Ladung möglich zu machen. ' Alles dies möchte noch gehen, denn der
hungrige Magen .eines Reisenden in jenem schwach bevölkerte» Lande erlangt eine
wunderbare Kraft und würde mit der Zeit Kiesel verdauen lernen, wie der des
Straußes; aber während die Speise ans die Tafel gesetzt wird, fegt, um alles
in höchste Reinlichkeit zu bringen, ein anderer schwarzer Diener eine solche Staub¬
wolke vom trockenen Lehmboden ans. daß man wie in einem dichten Nebel sitzt.
Wieder ein anderer setzt auf den Tisch eine Kerze mit einem darzubieten, aus alten
Lappen gedrehten Dochte, von dessen rother düsterer Flamme eine graue Rauch¬
säule aufsteigt; und auf die andere Seite eine Lampe, gefüllt mit halbgebratenen
knatternden Fettkriefen, aus denen ein alter brennender Lappen hervorragt und
noch mehrZQualm und Fettgestauk verbreitet. Aber die allerekelhafteste der Gewohn¬
heiten der Kolonisten ist ein immerwährendes Rülpsen; sowol der Viehboor in
groben Lederhosen und rohen Sandalen in einem llarctebsssttm^s (Lehmhütte)
an der Grenze, als der elegante vvorman ans seiner prächtigen Meierei im Ober^
lande — alles rülpst kurwsamenlv; und wie der junge Germane zum Beweise
seiner Männlichkeit eine Pfeife raucht, führt der junge „Afrikandcr" den Beweis
der seinigen ans die angegebene Weise. Die Männer nennen es „'Mnäe ox, als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/155>, abgerufen am 03.07.2024.