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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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uns für die Tage unsres Aufenthalts ein solches Cabriolet mit zwei erträglichen
Pferden, und einem alten weißköpfigen Kutscher, der früher in dem Stall von
Dom Miguel angestellt gewesen war. Ein kleiner komischer Kauz, stets vergnügt,
und dabei von einer Höflichkeit und Gefälligkeit, von der ich nur die Hälfte
unsren deutschen Fiakern wünschen mochte. Obgleich wir kein Wort vou seinen
Plaudereien verstanden und ihm daher nie antworteten, so war seine Zunge doch
unermüdlich.

Da meine Reisegefährten Engländer waren, so kehrten wir auch in dem
englischen Hotel ein. Allen Comfort, den der beste französische oder deutsche Gast-
Hof gewähren kaun, findet man in diesem englischen Hotel in Lissabon vereinigt.
Von all dem Unrath der Straße plötzlich in ängstlich reinlich gehaltene Zimmer
mit vollkommen englischer Einrichtung versetzt zu werden, gewährt doppelten Genuß,
wofür mau gern die uicht wohlfeilen Preise bezahlt. Aehnliche gut eingerichtete
englische Gasthöfe trifft mau übrigens in allen bedeutenderen Städten am Mittel-
meer. Wer nicht gar zu ökonomisch reisen will, dem möchte ich die englischen
Hotels stets empfehlen, denn er wird sicher sein, große Ordnung und Reinlichkeit
in ihnen zu finden, Dinge, die man im Süden nur allzu häufig entbehren muß.
Auch trifft mau in allen englischen Hotels Kellner und Lohndiener, die Fran¬
zösisch sprechen. In Lissabon, wo viele deutsche Kaufleute leben und anch unter
dem Schutz der preußischen Gesandtschaft deutscher protestantischer Gottesdienst
und deutsche Schule gehalten wird, soll auch, wie man mir später sagte, el" ganz
empfehlenswerter deutscher Gasthof sein, in dem die Capitaine der norddeutschen
Handelsschiffe viel verkehren. Ich habe ihn nicht besucht, überhaupt in Lissabon
selbst keinen einzigen Deutschen gesprochen.

Herrlich ist die Aussicht, die mau von der Terrasse des hochgelegenen eng¬
lischen Hotels genießt. Ein großer Theil der Stadt mit ihren flachen Dächern
und vielen Balkonen, die fast alle mit blühenden Sträuchen besetzt sind, die Zin¬
nen und Thürme der zahllosen Kirchen, von denen ein großer Theil leider dem
gänzlichen Verfall entgegengeht, breitet sich hier zu den Füßen des Sitzenden ans,
und hinter der Stadt der schöne breite Tejo mit seinen üppig grünen Ufern.
Man rastet auf dieser Terrasse, die ganz mit hochstämmigen, blühenden Mandel-
nnd Orangebäumen besetzt ist, wie auf einer Insel, auf die man aus den Ge¬
fahren des Meeres gerettet ist.

Der erste Ausflug, den wir von diesem Asyl aus machten, nachdem wir
am Morgen einige Stunden der Krenz und Quer in der Stadt herumgegangen
und gefahren waren, uns die verschiedenen Bilder des Straßenlebens zu beschauen,
ging uach dem stolz, auf einsamem Hügel gelegenen Palast von Ajuda, von
dessen Fenstern aus man eine köstliche Aussicht hat. Von diesem Palast ist nur
das Mittelgebäude vollendet, es ist ganz mit Marmor bekleidet, der Ban nach
großartigen Verhältnissen angelegt. Wie oft in Spanien und Portugal, reichte


uns für die Tage unsres Aufenthalts ein solches Cabriolet mit zwei erträglichen
Pferden, und einem alten weißköpfigen Kutscher, der früher in dem Stall von
Dom Miguel angestellt gewesen war. Ein kleiner komischer Kauz, stets vergnügt,
und dabei von einer Höflichkeit und Gefälligkeit, von der ich nur die Hälfte
unsren deutschen Fiakern wünschen mochte. Obgleich wir kein Wort vou seinen
Plaudereien verstanden und ihm daher nie antworteten, so war seine Zunge doch
unermüdlich.

Da meine Reisegefährten Engländer waren, so kehrten wir auch in dem
englischen Hotel ein. Allen Comfort, den der beste französische oder deutsche Gast-
Hof gewähren kaun, findet man in diesem englischen Hotel in Lissabon vereinigt.
Von all dem Unrath der Straße plötzlich in ängstlich reinlich gehaltene Zimmer
mit vollkommen englischer Einrichtung versetzt zu werden, gewährt doppelten Genuß,
wofür mau gern die uicht wohlfeilen Preise bezahlt. Aehnliche gut eingerichtete
englische Gasthöfe trifft mau übrigens in allen bedeutenderen Städten am Mittel-
meer. Wer nicht gar zu ökonomisch reisen will, dem möchte ich die englischen
Hotels stets empfehlen, denn er wird sicher sein, große Ordnung und Reinlichkeit
in ihnen zu finden, Dinge, die man im Süden nur allzu häufig entbehren muß.
Auch trifft mau in allen englischen Hotels Kellner und Lohndiener, die Fran¬
zösisch sprechen. In Lissabon, wo viele deutsche Kaufleute leben und anch unter
dem Schutz der preußischen Gesandtschaft deutscher protestantischer Gottesdienst
und deutsche Schule gehalten wird, soll auch, wie man mir später sagte, el» ganz
empfehlenswerter deutscher Gasthof sein, in dem die Capitaine der norddeutschen
Handelsschiffe viel verkehren. Ich habe ihn nicht besucht, überhaupt in Lissabon
selbst keinen einzigen Deutschen gesprochen.

Herrlich ist die Aussicht, die mau von der Terrasse des hochgelegenen eng¬
lischen Hotels genießt. Ein großer Theil der Stadt mit ihren flachen Dächern
und vielen Balkonen, die fast alle mit blühenden Sträuchen besetzt sind, die Zin¬
nen und Thürme der zahllosen Kirchen, von denen ein großer Theil leider dem
gänzlichen Verfall entgegengeht, breitet sich hier zu den Füßen des Sitzenden ans,
und hinter der Stadt der schöne breite Tejo mit seinen üppig grünen Ufern.
Man rastet auf dieser Terrasse, die ganz mit hochstämmigen, blühenden Mandel-
nnd Orangebäumen besetzt ist, wie auf einer Insel, auf die man aus den Ge¬
fahren des Meeres gerettet ist.

Der erste Ausflug, den wir von diesem Asyl aus machten, nachdem wir
am Morgen einige Stunden der Krenz und Quer in der Stadt herumgegangen
und gefahren waren, uns die verschiedenen Bilder des Straßenlebens zu beschauen,
ging uach dem stolz, auf einsamem Hügel gelegenen Palast von Ajuda, von
dessen Fenstern aus man eine köstliche Aussicht hat. Von diesem Palast ist nur
das Mittelgebäude vollendet, es ist ganz mit Marmor bekleidet, der Ban nach
großartigen Verhältnissen angelegt. Wie oft in Spanien und Portugal, reichte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/96>, abgerufen am 28.12.2024.