Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

der heißere Lärm hatte etwas Wildes und Unheimliches an sich, den die gellende
falsche Musik noch vermehrte, als sie am Vormittage abermals ans unsern Hof-
raum geritten kamen. Sie hatten eine Zugabe zum Feste' erdacht, die ihren Dank
für die gute Bewirthung ausdrücken sollte. Seit einer Woche hatte mein Vater
um eine Kuh bei dem Viehhändler, genannt der kleine Jenes Jörgen, gehandelt,
dieser forderte jedoch immer noch zu viel "weil sie eine ungewöhnlich feine Haut
habe", eine seiner stehenden Phrasen war: "Du hast eine feine Haut, Brüderchen,
dich kann ich gebrauchen", und die kleine grane Kuh sand er, wie gesagt, "un¬
gewöhnlich fein". Sie führten ihn nun, ganz betrunken, mit sich im Zuge, er
saß rückwärts ans seiner Kuh, und sie sowol als ihr Reiter wurden im Triumph
in unsren Saal geführt, die Möbeln schob man an die Seite, und der Zug ging
dreimal unter dem Geschmetter der Trompeten die Stube rund. Der Hut des
Viehhändlers war in der Weise an der Kuh befestigt, wie mau der Reinlichkeit
der Stube am zweckmäßigsten erachtete. Endlich machte man Halt, bildete einen
Kreis um die Kuh, verkaufte sie dem Vater und trank Weinkauf über ihren
Rücken. Hierauf ordnete der Zug sich wieder und mau brachte die Kuh mit
Musik nach dem Stalle.




Ueber Australien in"d seine Missionen.

Der Welttheil Australien. Nach den zuverlässigsten Quellen bearbeitet von
t)r. F. H. Ungewitter. Erlangen, <"S3. Adolph Ente.

Bei den riesenhaften Fortschritten, welche die Kenntniß unsrer Erdoberfläche
und die Cultur auch kaum entdeckter Länder macht, und bei dem dadurch gesteigerten
Interesse an dem räumlich Entlegenen sind uns Werke Bedürfniß geworden, in
denen gebildete Männer von Zeit zu Zeit mit Beuuhuug der neuesten Hilfsmittel
Bilder von den naturhistorischen'- und Cultnrverhältuisseu der Fremde geben. Ein
solches Buch mit ausgezeichnetem Geschick und nach sehr sorgfältigen Studien gearbeitet,
ist das Werk von Carl Audree über Amerika, dessen zweiten Band das Publicum
mit Ungeduld zu erwarten Ursache hat. Im vorliegenden Werk wird ein ähnliches Bild
von Australien gegeben. Gerade bei diesem Welttheil war eine dergleichen
ausführliche Schilderung mit Benutzung der neuesten geographischen, linguistischen
botanischen und geologischen Untersuchungen höchst wünschenswerth; denn dieser
große Theil der Erdoberfläche bietet die merkwürdige Erscheinung dar, daß in
eine verhältnißmäßig große Gleichförmigkeit der Natur und der menschlichen Existenz


9'

der heißere Lärm hatte etwas Wildes und Unheimliches an sich, den die gellende
falsche Musik noch vermehrte, als sie am Vormittage abermals ans unsern Hof-
raum geritten kamen. Sie hatten eine Zugabe zum Feste' erdacht, die ihren Dank
für die gute Bewirthung ausdrücken sollte. Seit einer Woche hatte mein Vater
um eine Kuh bei dem Viehhändler, genannt der kleine Jenes Jörgen, gehandelt,
dieser forderte jedoch immer noch zu viel „weil sie eine ungewöhnlich feine Haut
habe", eine seiner stehenden Phrasen war: „Du hast eine feine Haut, Brüderchen,
dich kann ich gebrauchen", und die kleine grane Kuh sand er, wie gesagt, „un¬
gewöhnlich fein". Sie führten ihn nun, ganz betrunken, mit sich im Zuge, er
saß rückwärts ans seiner Kuh, und sie sowol als ihr Reiter wurden im Triumph
in unsren Saal geführt, die Möbeln schob man an die Seite, und der Zug ging
dreimal unter dem Geschmetter der Trompeten die Stube rund. Der Hut des
Viehhändlers war in der Weise an der Kuh befestigt, wie mau der Reinlichkeit
der Stube am zweckmäßigsten erachtete. Endlich machte man Halt, bildete einen
Kreis um die Kuh, verkaufte sie dem Vater und trank Weinkauf über ihren
Rücken. Hierauf ordnete der Zug sich wieder und mau brachte die Kuh mit
Musik nach dem Stalle.




Ueber Australien in»d seine Missionen.

Der Welttheil Australien. Nach den zuverlässigsten Quellen bearbeitet von
t)r. F. H. Ungewitter. Erlangen, <»S3. Adolph Ente.

Bei den riesenhaften Fortschritten, welche die Kenntniß unsrer Erdoberfläche
und die Cultur auch kaum entdeckter Länder macht, und bei dem dadurch gesteigerten
Interesse an dem räumlich Entlegenen sind uns Werke Bedürfniß geworden, in
denen gebildete Männer von Zeit zu Zeit mit Beuuhuug der neuesten Hilfsmittel
Bilder von den naturhistorischen'- und Cultnrverhältuisseu der Fremde geben. Ein
solches Buch mit ausgezeichnetem Geschick und nach sehr sorgfältigen Studien gearbeitet,
ist das Werk von Carl Audree über Amerika, dessen zweiten Band das Publicum
mit Ungeduld zu erwarten Ursache hat. Im vorliegenden Werk wird ein ähnliches Bild
von Australien gegeben. Gerade bei diesem Welttheil war eine dergleichen
ausführliche Schilderung mit Benutzung der neuesten geographischen, linguistischen
botanischen und geologischen Untersuchungen höchst wünschenswerth; denn dieser
große Theil der Erdoberfläche bietet die merkwürdige Erscheinung dar, daß in
eine verhältnißmäßig große Gleichförmigkeit der Natur und der menschlichen Existenz


9'
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0075" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185951"/>
          <p xml:id="ID_207" prev="#ID_206"> der heißere Lärm hatte etwas Wildes und Unheimliches an sich, den die gellende<lb/>
falsche Musik noch vermehrte, als sie am Vormittage abermals ans unsern Hof-<lb/>
raum geritten kamen. Sie hatten eine Zugabe zum Feste' erdacht, die ihren Dank<lb/>
für die gute Bewirthung ausdrücken sollte. Seit einer Woche hatte mein Vater<lb/>
um eine Kuh bei dem Viehhändler, genannt der kleine Jenes Jörgen, gehandelt,<lb/>
dieser forderte jedoch immer noch zu viel &#x201E;weil sie eine ungewöhnlich feine Haut<lb/>
habe", eine seiner stehenden Phrasen war: &#x201E;Du hast eine feine Haut, Brüderchen,<lb/>
dich kann ich gebrauchen", und die kleine grane Kuh sand er, wie gesagt, &#x201E;un¬<lb/>
gewöhnlich fein". Sie führten ihn nun, ganz betrunken, mit sich im Zuge, er<lb/>
saß rückwärts ans seiner Kuh, und sie sowol als ihr Reiter wurden im Triumph<lb/>
in unsren Saal geführt, die Möbeln schob man an die Seite, und der Zug ging<lb/>
dreimal unter dem Geschmetter der Trompeten die Stube rund. Der Hut des<lb/>
Viehhändlers war in der Weise an der Kuh befestigt, wie mau der Reinlichkeit<lb/>
der Stube am zweckmäßigsten erachtete. Endlich machte man Halt, bildete einen<lb/>
Kreis um die Kuh, verkaufte sie dem Vater und trank Weinkauf über ihren<lb/>
Rücken. Hierauf ordnete der Zug sich wieder und mau brachte die Kuh mit<lb/>
Musik nach dem Stalle.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Ueber Australien in»d seine Missionen.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_208"> Der Welttheil Australien.  Nach den zuverlässigsten Quellen bearbeitet von<lb/>
t)r. F. H. Ungewitter.  Erlangen, &lt;»S3. Adolph Ente.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_209" next="#ID_210"> Bei den riesenhaften Fortschritten, welche die Kenntniß unsrer Erdoberfläche<lb/>
und die Cultur auch kaum entdeckter Länder macht, und bei dem dadurch gesteigerten<lb/>
Interesse an dem räumlich Entlegenen sind uns Werke Bedürfniß geworden, in<lb/>
denen gebildete Männer von Zeit zu Zeit mit Beuuhuug der neuesten Hilfsmittel<lb/>
Bilder von den naturhistorischen'- und Cultnrverhältuisseu der Fremde geben. Ein<lb/>
solches Buch mit ausgezeichnetem Geschick und nach sehr sorgfältigen Studien gearbeitet,<lb/>
ist das Werk von Carl Audree über Amerika, dessen zweiten Band das Publicum<lb/>
mit Ungeduld zu erwarten Ursache hat. Im vorliegenden Werk wird ein ähnliches Bild<lb/>
von Australien gegeben. Gerade bei diesem Welttheil war eine dergleichen<lb/>
ausführliche Schilderung mit Benutzung der neuesten geographischen, linguistischen<lb/>
botanischen und geologischen Untersuchungen höchst wünschenswerth; denn dieser<lb/>
große Theil der Erdoberfläche bietet die merkwürdige Erscheinung dar, daß in<lb/>
eine verhältnißmäßig große Gleichförmigkeit der Natur und der menschlichen Existenz</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 9'</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0075] der heißere Lärm hatte etwas Wildes und Unheimliches an sich, den die gellende falsche Musik noch vermehrte, als sie am Vormittage abermals ans unsern Hof- raum geritten kamen. Sie hatten eine Zugabe zum Feste' erdacht, die ihren Dank für die gute Bewirthung ausdrücken sollte. Seit einer Woche hatte mein Vater um eine Kuh bei dem Viehhändler, genannt der kleine Jenes Jörgen, gehandelt, dieser forderte jedoch immer noch zu viel „weil sie eine ungewöhnlich feine Haut habe", eine seiner stehenden Phrasen war: „Du hast eine feine Haut, Brüderchen, dich kann ich gebrauchen", und die kleine grane Kuh sand er, wie gesagt, „un¬ gewöhnlich fein". Sie führten ihn nun, ganz betrunken, mit sich im Zuge, er saß rückwärts ans seiner Kuh, und sie sowol als ihr Reiter wurden im Triumph in unsren Saal geführt, die Möbeln schob man an die Seite, und der Zug ging dreimal unter dem Geschmetter der Trompeten die Stube rund. Der Hut des Viehhändlers war in der Weise an der Kuh befestigt, wie mau der Reinlichkeit der Stube am zweckmäßigsten erachtete. Endlich machte man Halt, bildete einen Kreis um die Kuh, verkaufte sie dem Vater und trank Weinkauf über ihren Rücken. Hierauf ordnete der Zug sich wieder und mau brachte die Kuh mit Musik nach dem Stalle. Ueber Australien in»d seine Missionen. Der Welttheil Australien. Nach den zuverlässigsten Quellen bearbeitet von t)r. F. H. Ungewitter. Erlangen, <»S3. Adolph Ente. Bei den riesenhaften Fortschritten, welche die Kenntniß unsrer Erdoberfläche und die Cultur auch kaum entdeckter Länder macht, und bei dem dadurch gesteigerten Interesse an dem räumlich Entlegenen sind uns Werke Bedürfniß geworden, in denen gebildete Männer von Zeit zu Zeit mit Beuuhuug der neuesten Hilfsmittel Bilder von den naturhistorischen'- und Cultnrverhältuisseu der Fremde geben. Ein solches Buch mit ausgezeichnetem Geschick und nach sehr sorgfältigen Studien gearbeitet, ist das Werk von Carl Audree über Amerika, dessen zweiten Band das Publicum mit Ungeduld zu erwarten Ursache hat. Im vorliegenden Werk wird ein ähnliches Bild von Australien gegeben. Gerade bei diesem Welttheil war eine dergleichen ausführliche Schilderung mit Benutzung der neuesten geographischen, linguistischen botanischen und geologischen Untersuchungen höchst wünschenswerth; denn dieser große Theil der Erdoberfläche bietet die merkwürdige Erscheinung dar, daß in eine verhältnißmäßig große Gleichförmigkeit der Natur und der menschlichen Existenz 9'

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/75
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/75>, abgerufen am 27.12.2024.