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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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Am östlichsten Punkte, den Sir I. Noß erst auf seiner zweiten Expedition südwärts
im folgenden Sommer erreichte, unter dem 16t." w. L., wo sich die Mauer
etwas gegen Norden wendet und nur noch etwa 80 Fuß hoch war, schien sie sich
allmählich nach Süden zu erheben, als ob das Hinterland ans sehr hohen ganz
mit Schnee bedeckten Berggipfeln bestände. Sir I. Roß glaubt jedoch nicht mit
Bestimmtheit behaupten zu dürfen, daß hier wirklich Land sei, da die Erscheinung
der hügelartigeu Erhöhungen und die verschiedenen Schattirungen, wie sie die sich
hebenden und senkenden Umrisse einer unter dem Schnee verborgenen Gebirgsmasse
auf dem einförmigen Weiß der Decke hervorbringen tonnen, sein einziger Grund
für die Vermuthung ist, und eine kahle Felsspitze oder Wand ans der ganzen
Strecke von dreißig Grad, welche der Eiswall einnimmt, nirgend z" erblicken
war. Auf dieser Reise drang anch Roß bis zum südlichsten Punkte vor, den bis
jetzt ein Seefahrer erreicht hat, nämlich bis 78" 9^ nnter -161" 27' w. L.

Als Noß alle weiteren Versuche, im Osten des Eismeers vorzudringen, aus¬
geben mußte, kehrte er uoch einmal nach Cap Adare zurück, um etwas über die
westliche Ausdehnung des Victorialandcs zu erfahren, und wo möglich von hier
aus nach dem magnetischen Südpol zu gelangen. Aber auch hier waren alle Ein¬
buchtungen der Küste mit festem, einige hundert Fuß dickem Eis vollständig ausgefüllt,
die ganze Küstenlinie stellte sich als eine Reihe senkrechter, von A--Ü00 Fuß hoher
Eisklippen dar, vor denen sich einige Meilen in die See hinaus eine Reihe auf dem
Meeresboden festsitzender Eisberge hinstreckte. Dafür hatten sie eines Nachmittags
von den Schiffen aus eine sehr schöne Ansicht über die nördliche Spitze des
Victorialandes bei Cap North. DaS Wetter war vollkommen hell, und eine hohe
Bergkette zeichnete sich in scharfen Umrissen von dem wolkenlosen Himmel ab; und
obgleich von fleckenlosen Weiß, ohne die kleinste Stelle am blosgelegten Fels,
brachten doch die Unregelmäßigkeiten der Oberfläche, die zahlreichen kegelförmigen
Spitzen und kleinen Höhen, und die lief eingeschnittenen Thäler eine schöne
Abwechselung von Licht und Schallen in dem sonst eintönigen Schimmer der
blendendweißen^ Schneedecke hervor, die sich nicht wohl beschreiben läßt. Weiter
im Westen sah mau uoch einzelne Spitzen, die eben so gut Inseln, wie Gebirgs-
gipfel anf festem Lande sein konnte", aber das bei der schon weit vorgerückten
Jahreszeit immer fester werdende Packeis verbot in dieser Richtung weitere Fort¬
schritte zu machen, was erst drei Grad weiter nördlich gelang. Hier ist das Terrain
der von der amerikanischen und der französischen Expedition nnter Lieutenant
Wildes und d'Urville gemachten Entdeckungen. Lieutenant Wilkes sah hier zwischen dem
160. und dem 90. Grade v. L. an verschiedenen Stellen hohes bergiges Land,
und d'Urville entdeckte zwischen dem 130.u.-I/.0. Längen-, und dem 65. ". 66.
Breitengrade das Adelaidenland und die Clarietüste. Beide konnten jedoch wegen
einer eben solchen Eismauer, wie sie weiter im Süden alles weitere Vordringen sperrt,
nicht lande". Wenn diese verschiedenen Höhenzüge jedoch wirklich zusammenhänge!.


Am östlichsten Punkte, den Sir I. Noß erst auf seiner zweiten Expedition südwärts
im folgenden Sommer erreichte, unter dem 16t." w. L., wo sich die Mauer
etwas gegen Norden wendet und nur noch etwa 80 Fuß hoch war, schien sie sich
allmählich nach Süden zu erheben, als ob das Hinterland ans sehr hohen ganz
mit Schnee bedeckten Berggipfeln bestände. Sir I. Roß glaubt jedoch nicht mit
Bestimmtheit behaupten zu dürfen, daß hier wirklich Land sei, da die Erscheinung
der hügelartigeu Erhöhungen und die verschiedenen Schattirungen, wie sie die sich
hebenden und senkenden Umrisse einer unter dem Schnee verborgenen Gebirgsmasse
auf dem einförmigen Weiß der Decke hervorbringen tonnen, sein einziger Grund
für die Vermuthung ist, und eine kahle Felsspitze oder Wand ans der ganzen
Strecke von dreißig Grad, welche der Eiswall einnimmt, nirgend z» erblicken
war. Auf dieser Reise drang anch Roß bis zum südlichsten Punkte vor, den bis
jetzt ein Seefahrer erreicht hat, nämlich bis 78" 9^ nnter -161" 27' w. L.

Als Noß alle weiteren Versuche, im Osten des Eismeers vorzudringen, aus¬
geben mußte, kehrte er uoch einmal nach Cap Adare zurück, um etwas über die
westliche Ausdehnung des Victorialandcs zu erfahren, und wo möglich von hier
aus nach dem magnetischen Südpol zu gelangen. Aber auch hier waren alle Ein¬
buchtungen der Küste mit festem, einige hundert Fuß dickem Eis vollständig ausgefüllt,
die ganze Küstenlinie stellte sich als eine Reihe senkrechter, von A—Ü00 Fuß hoher
Eisklippen dar, vor denen sich einige Meilen in die See hinaus eine Reihe auf dem
Meeresboden festsitzender Eisberge hinstreckte. Dafür hatten sie eines Nachmittags
von den Schiffen aus eine sehr schöne Ansicht über die nördliche Spitze des
Victorialandes bei Cap North. DaS Wetter war vollkommen hell, und eine hohe
Bergkette zeichnete sich in scharfen Umrissen von dem wolkenlosen Himmel ab; und
obgleich von fleckenlosen Weiß, ohne die kleinste Stelle am blosgelegten Fels,
brachten doch die Unregelmäßigkeiten der Oberfläche, die zahlreichen kegelförmigen
Spitzen und kleinen Höhen, und die lief eingeschnittenen Thäler eine schöne
Abwechselung von Licht und Schallen in dem sonst eintönigen Schimmer der
blendendweißen^ Schneedecke hervor, die sich nicht wohl beschreiben läßt. Weiter
im Westen sah mau uoch einzelne Spitzen, die eben so gut Inseln, wie Gebirgs-
gipfel anf festem Lande sein konnte», aber das bei der schon weit vorgerückten
Jahreszeit immer fester werdende Packeis verbot in dieser Richtung weitere Fort¬
schritte zu machen, was erst drei Grad weiter nördlich gelang. Hier ist das Terrain
der von der amerikanischen und der französischen Expedition nnter Lieutenant
Wildes und d'Urville gemachten Entdeckungen. Lieutenant Wilkes sah hier zwischen dem
160. und dem 90. Grade v. L. an verschiedenen Stellen hohes bergiges Land,
und d'Urville entdeckte zwischen dem 130.u.-I/.0. Längen-, und dem 65. ». 66.
Breitengrade das Adelaidenland und die Clarietüste. Beide konnten jedoch wegen
einer eben solchen Eismauer, wie sie weiter im Süden alles weitere Vordringen sperrt,
nicht lande». Wenn diese verschiedenen Höhenzüge jedoch wirklich zusammenhänge!.


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[0272] Am östlichsten Punkte, den Sir I. Noß erst auf seiner zweiten Expedition südwärts im folgenden Sommer erreichte, unter dem 16t." w. L., wo sich die Mauer etwas gegen Norden wendet und nur noch etwa 80 Fuß hoch war, schien sie sich allmählich nach Süden zu erheben, als ob das Hinterland ans sehr hohen ganz mit Schnee bedeckten Berggipfeln bestände. Sir I. Roß glaubt jedoch nicht mit Bestimmtheit behaupten zu dürfen, daß hier wirklich Land sei, da die Erscheinung der hügelartigeu Erhöhungen und die verschiedenen Schattirungen, wie sie die sich hebenden und senkenden Umrisse einer unter dem Schnee verborgenen Gebirgsmasse auf dem einförmigen Weiß der Decke hervorbringen tonnen, sein einziger Grund für die Vermuthung ist, und eine kahle Felsspitze oder Wand ans der ganzen Strecke von dreißig Grad, welche der Eiswall einnimmt, nirgend z» erblicken war. Auf dieser Reise drang anch Roß bis zum südlichsten Punkte vor, den bis jetzt ein Seefahrer erreicht hat, nämlich bis 78" 9^ nnter -161" 27' w. L. Als Noß alle weiteren Versuche, im Osten des Eismeers vorzudringen, aus¬ geben mußte, kehrte er uoch einmal nach Cap Adare zurück, um etwas über die westliche Ausdehnung des Victorialandcs zu erfahren, und wo möglich von hier aus nach dem magnetischen Südpol zu gelangen. Aber auch hier waren alle Ein¬ buchtungen der Küste mit festem, einige hundert Fuß dickem Eis vollständig ausgefüllt, die ganze Küstenlinie stellte sich als eine Reihe senkrechter, von A—Ü00 Fuß hoher Eisklippen dar, vor denen sich einige Meilen in die See hinaus eine Reihe auf dem Meeresboden festsitzender Eisberge hinstreckte. Dafür hatten sie eines Nachmittags von den Schiffen aus eine sehr schöne Ansicht über die nördliche Spitze des Victorialandes bei Cap North. DaS Wetter war vollkommen hell, und eine hohe Bergkette zeichnete sich in scharfen Umrissen von dem wolkenlosen Himmel ab; und obgleich von fleckenlosen Weiß, ohne die kleinste Stelle am blosgelegten Fels, brachten doch die Unregelmäßigkeiten der Oberfläche, die zahlreichen kegelförmigen Spitzen und kleinen Höhen, und die lief eingeschnittenen Thäler eine schöne Abwechselung von Licht und Schallen in dem sonst eintönigen Schimmer der blendendweißen^ Schneedecke hervor, die sich nicht wohl beschreiben läßt. Weiter im Westen sah mau uoch einzelne Spitzen, die eben so gut Inseln, wie Gebirgs- gipfel anf festem Lande sein konnte», aber das bei der schon weit vorgerückten Jahreszeit immer fester werdende Packeis verbot in dieser Richtung weitere Fort¬ schritte zu machen, was erst drei Grad weiter nördlich gelang. Hier ist das Terrain der von der amerikanischen und der französischen Expedition nnter Lieutenant Wildes und d'Urville gemachten Entdeckungen. Lieutenant Wilkes sah hier zwischen dem 160. und dem 90. Grade v. L. an verschiedenen Stellen hohes bergiges Land, und d'Urville entdeckte zwischen dem 130.u.-I/.0. Längen-, und dem 65. ». 66. Breitengrade das Adelaidenland und die Clarietüste. Beide konnten jedoch wegen einer eben solchen Eismauer, wie sie weiter im Süden alles weitere Vordringen sperrt, nicht lande». Wenn diese verschiedenen Höhenzüge jedoch wirklich zusammenhänge!.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/272>, abgerufen am 01.07.2024.