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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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barkciten waren ebenfalls nicht da -- nicht einmal Polizeidiener -- gewiß ein
höchst außerordentlicher Fall in einem deutschen Städtchen. Die Einwohner
fühlten das aber anch und halten, wie sie mich versicherten, ernstlich petilionirt,
eine Polizeistation nach Tannnda zu bekomme", was ihnen anch gnädigst ver¬
sprochen war, und die Diener der Gerechtigkeit wurden mit Sehnsucht für nächste
Zeit erwartet.

Zu gleicher Zeit hatten sie, beiläufig gesagt, auch darum petitionirt, nach
Tanuuda eiuen Gerichtssitz und eine Magistratöpcrso" gelegt z" bekommen, wozu
die Stadt selber und die dicht bevölkerte Umgegend allerdings berechtigte
Auges hatte aber darum zu gleicher Zeit nachgesucht, und wenn anch sein Distnct
lange nicht so viel Seelen und besonders nicht ans einen Platz concentrirt, ause
weise" konnte, war doch ein Nutzen für die Kolonie mit dem "Lourtlrou!,": ° ver¬
bunden, und Auges hatte sich viel zu verdient um die Kolonie (d. h. um sich
selber) gemacht, um deshalb nicht in dieser Sache einen Vorzug zu verdiene".
Auges sollte das <!<>r!.rei>">u8v und die Taunnder die Polizeidiener bekomme". --

Zur Ehre der Ta"under sei es übrigens gesagt, daß sie, -- anßer was der
gesellschaftliche Umgang im natürlichen Lauf der Dinge mit sich bringt, indem sich
die, auf gleicher Bildungsstufe Stehenden doch immer zu suchen und zu finden
wissen, keinen weitern Unterschied zwischen Honoratioren und "Gevatter
Schneider und Handschuhmacher", zur Schan tragen. Es herrscht ein höchst
freundlicher und auch geselliger Ton zwischen alle" Staude", ja weit freund-
schaftlicher habe ich sämmtliche Deutsche untereinander gerade hier in Tauuuda, als
in Adelaide selber gesunde". So geschah es den", daß wir hier eine" recht
vergnügten Abend verlebten, und wen" ich auch nicht selber tanze, so sah ich doch
gern die fröhlichen Paare, und die hübschen lächelnden und i" ihrem Gott ver¬
gnügten Gesichter der jungen Frauen "ud Mädche", von denen Tauuuda eine
recht gesegnete Gottesgabe auszuweisen hat.

Uuter deu Tcnmudern existirt aber eine Persönlichkeit, die ich hier um so
weniger mit Stillschweige" übergehen kann, da sie uicht allein in der Welt da¬
steht, sondern das Glied einer Kette bildet, die sich um den ganze" Erdball zieht,
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oder von der es geträumt hat -- eine Kette von kleinen, vier Fuß zwei Zoll
hohen, lustigen, fideler, deutschen Schneidern.

So wunderlich das klingt, so wahr ist es, und wenn ich zurückdenke an all
die verschiedenem Plätze und Welttheile wo ich sie schon gesunde", so kommt eS
mir manchmal vor, als ob ein neckischer Kobold eine solche kleine Brüderschaft
genommen, und, sich zum eigenen Spaß, in alle vier Winde hinauögestreut habe.
In Nordamerika fand ich, während meines dortige" Aufenthaltes, vier, von denen
ich drei selbst damals schon für Brüder hielt, so sehr glichen sie in Benehmen und
Aussehen einander, und doch lebten sie in vier verschiedenen Staaten. Später


barkciten waren ebenfalls nicht da — nicht einmal Polizeidiener — gewiß ein
höchst außerordentlicher Fall in einem deutschen Städtchen. Die Einwohner
fühlten das aber anch und halten, wie sie mich versicherten, ernstlich petilionirt,
eine Polizeistation nach Tannnda zu bekomme», was ihnen anch gnädigst ver¬
sprochen war, und die Diener der Gerechtigkeit wurden mit Sehnsucht für nächste
Zeit erwartet.

Zu gleicher Zeit hatten sie, beiläufig gesagt, auch darum petitionirt, nach
Tanuuda eiuen Gerichtssitz und eine Magistratöpcrso» gelegt z» bekommen, wozu
die Stadt selber und die dicht bevölkerte Umgegend allerdings berechtigte
Auges hatte aber darum zu gleicher Zeit nachgesucht, und wenn anch sein Distnct
lange nicht so viel Seelen und besonders nicht ans einen Platz concentrirt, ause
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selber) gemacht, um deshalb nicht in dieser Sache einen Vorzug zu verdiene».
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Zur Ehre der Ta»under sei es übrigens gesagt, daß sie, — anßer was der
gesellschaftliche Umgang im natürlichen Lauf der Dinge mit sich bringt, indem sich
die, auf gleicher Bildungsstufe Stehenden doch immer zu suchen und zu finden
wissen, keinen weitern Unterschied zwischen Honoratioren und „Gevatter
Schneider und Handschuhmacher", zur Schan tragen. Es herrscht ein höchst
freundlicher und auch geselliger Ton zwischen alle» Staude», ja weit freund-
schaftlicher habe ich sämmtliche Deutsche untereinander gerade hier in Tauuuda, als
in Adelaide selber gesunde». So geschah es den», daß wir hier eine» recht
vergnügten Abend verlebten, und wen» ich auch nicht selber tanze, so sah ich doch
gern die fröhlichen Paare, und die hübschen lächelnden und i» ihrem Gott ver¬
gnügten Gesichter der jungen Frauen »ud Mädche», von denen Tauuuda eine
recht gesegnete Gottesgabe auszuweisen hat.

Uuter deu Tcnmudern existirt aber eine Persönlichkeit, die ich hier um so
weniger mit Stillschweige» übergehen kann, da sie uicht allein in der Welt da¬
steht, sondern das Glied einer Kette bildet, die sich um den ganze» Erdball zieht,
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oder von der es geträumt hat — eine Kette von kleinen, vier Fuß zwei Zoll
hohen, lustigen, fideler, deutschen Schneidern.

So wunderlich das klingt, so wahr ist es, und wenn ich zurückdenke an all
die verschiedenem Plätze und Welttheile wo ich sie schon gesunde», so kommt eS
mir manchmal vor, als ob ein neckischer Kobold eine solche kleine Brüderschaft
genommen, und, sich zum eigenen Spaß, in alle vier Winde hinauögestreut habe.
In Nordamerika fand ich, während meines dortige» Aufenthaltes, vier, von denen
ich drei selbst damals schon für Brüder hielt, so sehr glichen sie in Benehmen und
Aussehen einander, und doch lebten sie in vier verschiedenen Staaten. Später


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/179>, abgerufen am 28.12.2024.