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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Am 1. Juli beginnt das II. Semester des XI. Jahrgangs der
"Grenzboten". Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt sich
zur Pränumeration ans dasselbe einzuladen und bemerkt, daß alle
Buchhandlungen und Postämter Bestellungen darauf annehmen.
Leipzig, deu -is. Juni 1832. Fr. L. Hervig.

Die Appenzeller Landsgemeinde.
Eine Grenzbotschaft.
, ^ > ' ^ ^ 1- ^ V , / .

Mitten im Canton Se. Gallen, ohne andere Grenzen als dieses, liegt der
Canto" Appenzell. Man weiß es anch in Deutschland ans den Hand- und Lehr¬
büchern der politische" Geographie, daß dieser Canton etwa 64,000 Einwohner
auf 8 Quadratmeilen zählt und in zwei Theile", Appenzell außer und inner Rhoden,
zerfällt. Sehr gelehrte geographische Handbücher beziehen diese Eintheilung auf
zwei Bergketten gleichen Namens. Im Laibe selber weiß man freilich Nichts davon
und kennt ,,Rödel" von jeher als Bezeichnung für unser bnreankratisches ,,Kreis
oder Bezirk", weshalb die Frage sich einfach dahin erhellt, daß Appenzell ans
Landestheilen der äußeren und inneren Bezirke besteht. Natürlich soll damit der Ge¬
lehrsamkeit Mht zu nahe getreten werden. Die breiten, schvngebanten Chausseen des
niedern, westlich und nördlich gelegenen Appenzell-außer-Rhoden durchfährt die
fremde Touristenwelt und der große Sommerreisezng ins dem Wege nach Chur,
Luzern, Glarus u. s. w.; der prächtige Säntis bleibt ihnen zur Linken, kaum
flüchtig als verlorener Posten der eigentlichen Gletschcrschweiz betrachtet. Denn
sie bilden sich überhaupt ein, hier am Bodensee sei noch keine rechte und echte
Schweiz mit jenen romantischen Schönheiten und idyllischen Schönen, die ihnen
weiter drinnen mit Jodlern, Kuhreigen, Sennwirthschaften, Glctscherhörnern und
Nigirundsichtcn, nebst den wvhlgezählten 1t Seen für prompte Bezahlung hoher
Taxen, den Stoff zu einem fashionabeln Buche oder einer interessanten Theeunter-
haltnng liefern. Mau mag ihnen vielleicht nicht Unrecht geben; sie wollen ihre
vier Wochen Neiseferien möglichst ausnützen und besonders überall gewesen sein,
wo die Anderen auch waren.

In dieser Art, die Schweiz zu bereisen, zeichnen sich besonders die Nord¬
deutschen ans, welche überhaupt seit dem Erstehen der Eisenbahnen im Reisegenusse
muUa mit mulww zu verwechseln pflegen. Eine Ausgleichung wird später gewiß


Grenzboten. III. ->8S2. . 11

Am 1. Juli beginnt das II. Semester des XI. Jahrgangs der
„Grenzboten". Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt sich
zur Pränumeration ans dasselbe einzuladen und bemerkt, daß alle
Buchhandlungen und Postämter Bestellungen darauf annehmen.
Leipzig, deu -is. Juni 1832. Fr. L. Hervig.

Die Appenzeller Landsgemeinde.
Eine Grenzbotschaft.
, ^ > ' ^ ^ 1- ^ V , / .

Mitten im Canton Se. Gallen, ohne andere Grenzen als dieses, liegt der
Canto» Appenzell. Man weiß es anch in Deutschland ans den Hand- und Lehr¬
büchern der politische» Geographie, daß dieser Canton etwa 64,000 Einwohner
auf 8 Quadratmeilen zählt und in zwei Theile", Appenzell außer und inner Rhoden,
zerfällt. Sehr gelehrte geographische Handbücher beziehen diese Eintheilung auf
zwei Bergketten gleichen Namens. Im Laibe selber weiß man freilich Nichts davon
und kennt ,,Rödel" von jeher als Bezeichnung für unser bnreankratisches ,,Kreis
oder Bezirk", weshalb die Frage sich einfach dahin erhellt, daß Appenzell ans
Landestheilen der äußeren und inneren Bezirke besteht. Natürlich soll damit der Ge¬
lehrsamkeit Mht zu nahe getreten werden. Die breiten, schvngebanten Chausseen des
niedern, westlich und nördlich gelegenen Appenzell-außer-Rhoden durchfährt die
fremde Touristenwelt und der große Sommerreisezng ins dem Wege nach Chur,
Luzern, Glarus u. s. w.; der prächtige Säntis bleibt ihnen zur Linken, kaum
flüchtig als verlorener Posten der eigentlichen Gletschcrschweiz betrachtet. Denn
sie bilden sich überhaupt ein, hier am Bodensee sei noch keine rechte und echte
Schweiz mit jenen romantischen Schönheiten und idyllischen Schönen, die ihnen
weiter drinnen mit Jodlern, Kuhreigen, Sennwirthschaften, Glctscherhörnern und
Nigirundsichtcn, nebst den wvhlgezählten 1t Seen für prompte Bezahlung hoher
Taxen, den Stoff zu einem fashionabeln Buche oder einer interessanten Theeunter-
haltnng liefern. Mau mag ihnen vielleicht nicht Unrecht geben; sie wollen ihre
vier Wochen Neiseferien möglichst ausnützen und besonders überall gewesen sein,
wo die Anderen auch waren.

In dieser Art, die Schweiz zu bereisen, zeichnen sich besonders die Nord¬
deutschen ans, welche überhaupt seit dem Erstehen der Eisenbahnen im Reisegenusse
muUa mit mulww zu verwechseln pflegen. Eine Ausgleichung wird später gewiß


Grenzboten. III. ->8S2. . 11
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[0093] Am 1. Juli beginnt das II. Semester des XI. Jahrgangs der „Grenzboten". Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt sich zur Pränumeration ans dasselbe einzuladen und bemerkt, daß alle Buchhandlungen und Postämter Bestellungen darauf annehmen. Leipzig, deu -is. Juni 1832. Fr. L. Hervig. Die Appenzeller Landsgemeinde. Eine Grenzbotschaft. , ^ > ' ^ ^ 1- ^ V , / . Mitten im Canton Se. Gallen, ohne andere Grenzen als dieses, liegt der Canto» Appenzell. Man weiß es anch in Deutschland ans den Hand- und Lehr¬ büchern der politische» Geographie, daß dieser Canton etwa 64,000 Einwohner auf 8 Quadratmeilen zählt und in zwei Theile", Appenzell außer und inner Rhoden, zerfällt. Sehr gelehrte geographische Handbücher beziehen diese Eintheilung auf zwei Bergketten gleichen Namens. Im Laibe selber weiß man freilich Nichts davon und kennt ,,Rödel" von jeher als Bezeichnung für unser bnreankratisches ,,Kreis oder Bezirk", weshalb die Frage sich einfach dahin erhellt, daß Appenzell ans Landestheilen der äußeren und inneren Bezirke besteht. Natürlich soll damit der Ge¬ lehrsamkeit Mht zu nahe getreten werden. Die breiten, schvngebanten Chausseen des niedern, westlich und nördlich gelegenen Appenzell-außer-Rhoden durchfährt die fremde Touristenwelt und der große Sommerreisezng ins dem Wege nach Chur, Luzern, Glarus u. s. w.; der prächtige Säntis bleibt ihnen zur Linken, kaum flüchtig als verlorener Posten der eigentlichen Gletschcrschweiz betrachtet. Denn sie bilden sich überhaupt ein, hier am Bodensee sei noch keine rechte und echte Schweiz mit jenen romantischen Schönheiten und idyllischen Schönen, die ihnen weiter drinnen mit Jodlern, Kuhreigen, Sennwirthschaften, Glctscherhörnern und Nigirundsichtcn, nebst den wvhlgezählten 1t Seen für prompte Bezahlung hoher Taxen, den Stoff zu einem fashionabeln Buche oder einer interessanten Theeunter- haltnng liefern. Mau mag ihnen vielleicht nicht Unrecht geben; sie wollen ihre vier Wochen Neiseferien möglichst ausnützen und besonders überall gewesen sein, wo die Anderen auch waren. In dieser Art, die Schweiz zu bereisen, zeichnen sich besonders die Nord¬ deutschen ans, welche überhaupt seit dem Erstehen der Eisenbahnen im Reisegenusse muUa mit mulww zu verwechseln pflegen. Eine Ausgleichung wird später gewiß Grenzboten. III. ->8S2. . 11

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/93>, abgerufen am 22.12.2024.