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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Das Ayuntamiento von Barcelona bereitete ihm einen triumphirenden Empfang.
Eine großartigere Feier der Pacifieation des Königreiches veranstaltete die Re¬
gierung, wenige Wochen, nachdem der letzte Widerstand in Katalonien überwältigt
war, dnrch eine allgemeine Amnestie ohne jede Ausnahme. Das Verdienst
dieses hochherzigen Actes gehört wesentlich dem Herzog von Valencia an, der
ihn im Cabinet gegen den Widerstand mehrerer seiner College", namentlich der
Herren Mon und Pidal, durchsetzte. Narvaez nahm mit dieser Maßregel jene
.Politik der Versöhnung und Annäherung der Parteien wieder auf, die er bei
dem Antritt seines Ministeriums verfolgte, und nur, bedrängt von den Stürmen
des Jahres 18i8, verlassen hatte. In der Ausübung der ihr von bete Cortes
zur Verfügung gestellten außerordentlichen Gewalten hatte die Regierung allerdings
eine große Anzahl von Personen theils gefänglich eingezogen, theils nach den
überseeischen Besitzungen geschickt. Viele waren aus Furcht vor einem ähnlichen
Schicksal in's Ausland geflüchtet. Nach wiederhergestellter Ruhe war eine Ma߬
regel der Milde hier nnr eine dringende Anforderung der Gerechtigkeit. Der
von der Königin ausgeübte Gnadenact ging aber weiter. Es gab in der That
Viele, die sich theils in den Unruhen des letzten Jahres, theils früher der schwersten
politischen Verbrechen -- nach dem Buchstaben des Gesetzes-- schuldig gemacht
hatten. Die Amnestie schloß Niemand aus. Mit Erfüllung der einzigen Bedin¬
gung, Jsabella II. und der Constitution den Eid zu schwören, konnte jeder poli¬
tische Flüchtling nach Spanien zurückkehren, erhielt jeder Gefangene oder Deportirte
seine Freiheit wieder. Von denen, welche schon früher diesen Eid geschworen,
wurde er sogar jetzt nicht mehr gefordert. Ein Präclufivtermin sür Annahme der
Amnestie war natürlich gestellt, der übrigens nachher für verschiedene Kategorien
von Flüchtlingen noch verlängert worden ist.

Der Wegfall jeder Ausnahme war nothwendig, wenn der politische Haupt¬
zweck der Maßregel, die Reihen der earlistischcn Partei zu lichten, erreicht werden
sollte. Blieb anch nur einer, z. B. Cabrera, davon ausgenommen, so hätten die
bedeutenderen earlistischcn Chefs ans Rücksichten der Ehre dieses Anerbieten der
Versöhnung zurückweisen müssen. ' Und daß Cabrera von der Amnestie Gebrauch
machen würde, war nicht zu befürchten. Wenigstens, konnte er es nach seinen
Antecedenzien nur um den Preis seiner moralischen Vernichtung. Der Erfolg bei
den übrige" carlistischen Führern entsprach der Absicht des Madrider Cabinets.
Bald nach Erlaß der Amnestie wurde in Toulouse eine zahlreiche Versammlung
von ehemaligen Generalen des Prätendenten gehalten, welcher , die Wittwe des
berühmten Zumalacarregny, dessen früher Tod Spanien vor dem Obsiegen des
Carlismus bewahrt hatte, beiwohnte. Diese selbst sprach sich im Einverständnis
mit der Mehrzahl der Anwesenden für Unterwerfung unter die Regierung der
Königin Jsabella aus. Ju Folge jenes Beschlusses erkannten viele der namhaf¬
testen Ofstcicre des Don Carlos, wie Villareal, Svpelana, Zanategnyi u.s. w., die in


Das Ayuntamiento von Barcelona bereitete ihm einen triumphirenden Empfang.
Eine großartigere Feier der Pacifieation des Königreiches veranstaltete die Re¬
gierung, wenige Wochen, nachdem der letzte Widerstand in Katalonien überwältigt
war, dnrch eine allgemeine Amnestie ohne jede Ausnahme. Das Verdienst
dieses hochherzigen Actes gehört wesentlich dem Herzog von Valencia an, der
ihn im Cabinet gegen den Widerstand mehrerer seiner College», namentlich der
Herren Mon und Pidal, durchsetzte. Narvaez nahm mit dieser Maßregel jene
.Politik der Versöhnung und Annäherung der Parteien wieder auf, die er bei
dem Antritt seines Ministeriums verfolgte, und nur, bedrängt von den Stürmen
des Jahres 18i8, verlassen hatte. In der Ausübung der ihr von bete Cortes
zur Verfügung gestellten außerordentlichen Gewalten hatte die Regierung allerdings
eine große Anzahl von Personen theils gefänglich eingezogen, theils nach den
überseeischen Besitzungen geschickt. Viele waren aus Furcht vor einem ähnlichen
Schicksal in's Ausland geflüchtet. Nach wiederhergestellter Ruhe war eine Ma߬
regel der Milde hier nnr eine dringende Anforderung der Gerechtigkeit. Der
von der Königin ausgeübte Gnadenact ging aber weiter. Es gab in der That
Viele, die sich theils in den Unruhen des letzten Jahres, theils früher der schwersten
politischen Verbrechen — nach dem Buchstaben des Gesetzes— schuldig gemacht
hatten. Die Amnestie schloß Niemand aus. Mit Erfüllung der einzigen Bedin¬
gung, Jsabella II. und der Constitution den Eid zu schwören, konnte jeder poli¬
tische Flüchtling nach Spanien zurückkehren, erhielt jeder Gefangene oder Deportirte
seine Freiheit wieder. Von denen, welche schon früher diesen Eid geschworen,
wurde er sogar jetzt nicht mehr gefordert. Ein Präclufivtermin sür Annahme der
Amnestie war natürlich gestellt, der übrigens nachher für verschiedene Kategorien
von Flüchtlingen noch verlängert worden ist.

Der Wegfall jeder Ausnahme war nothwendig, wenn der politische Haupt¬
zweck der Maßregel, die Reihen der earlistischcn Partei zu lichten, erreicht werden
sollte. Blieb anch nur einer, z. B. Cabrera, davon ausgenommen, so hätten die
bedeutenderen earlistischcn Chefs ans Rücksichten der Ehre dieses Anerbieten der
Versöhnung zurückweisen müssen. ' Und daß Cabrera von der Amnestie Gebrauch
machen würde, war nicht zu befürchten. Wenigstens, konnte er es nach seinen
Antecedenzien nur um den Preis seiner moralischen Vernichtung. Der Erfolg bei
den übrige» carlistischen Führern entsprach der Absicht des Madrider Cabinets.
Bald nach Erlaß der Amnestie wurde in Toulouse eine zahlreiche Versammlung
von ehemaligen Generalen des Prätendenten gehalten, welcher , die Wittwe des
berühmten Zumalacarregny, dessen früher Tod Spanien vor dem Obsiegen des
Carlismus bewahrt hatte, beiwohnte. Diese selbst sprach sich im Einverständnis
mit der Mehrzahl der Anwesenden für Unterwerfung unter die Regierung der
Königin Jsabella aus. Ju Folge jenes Beschlusses erkannten viele der namhaf¬
testen Ofstcicre des Don Carlos, wie Villareal, Svpelana, Zanategnyi u.s. w., die in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/282>, abgerufen am 22.12.2024.