Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Espartero wegen Theilnahme an dem Complot des unglücklichen Diego Leon
flüchtig und trug, nächst Narvaez, am meisten unter den moderirten-Generalen
zum Sturze des Regenten bei. Im Jahre 18is, wo er Katalonien, das durch
revolutionaire und carlistische Umtriebe erschüttert war, pacificirte, wie als Führer
des Corps, das 1847 in Portugal einschritt, hatte er als Militair und als Poli¬
tiker sich durch hohe Umsicht bewährt, und durch die edle Milde seines Charakters
die größte Achtung errungen. Rival des Narvaez als Soldat, neigte er sich in
seinen politischen Grundsätzen einer liberaleren Färbung der Moderado's zu.,
Auch auf seinem jetzigen Posten rechtfertigte er das allgemeine Vertrauen. Cabrera
sah. sich bald durch Concha's überlegene Strategie in allen Unternehmungen be¬
hindert und unaufhörlich von den königlichen Truppen verfolgt. Nach einem
unglücklichen Gefechte, in dem er selbst schwer verwundet wurde, flüchtete er über
die französische Grenze, von wo, nachdem er im Verborgenen von seinen Wunden
geheilt worden, er nochmals nach Spanien zurückkehrte, um mit den Resten seiner
Anhänger die letzten, verzweifelten Anstrengungen dieses ungleichen Kampfes zu
wagen. Gleichzeitig wurde indeß sein Gebieter, der Graf von Montemolin, nach
dem Sprachgebrauch der Legitimität Don Carlos Luis VI., nahe der spanischen
G^nze von der französischen Polizei entdeckt, verhaftet und nach London, von
wo aus er diese fehlgeschlagene Reise in das carlistische Hauptquartier angetreten
hatte, zurückgeschickt. Es lastet einiger Verdacht auf dem Enkel Heinrichs IV.,
daß er, ohne besondere Sympathie für die Leiden und Gefahren des Guerilla¬
krieges, nicht Alles gethan habe, um der Entdeckung zu entgehen. Jedenfalls
war dieselbe für die catalonischen Carlisten ein tödtlicher Schlag. Cabrera, seine
nahe Vertreibung aus Spanien voraussehend, weihte der finstern Blutrache, die
^ seit Jahren der Partei Jsabella's wegen der grausamen Erschießung seiner
greisen Mutter nachtrug, ein letztes Opfer. Durch heuchlerische Vorspiegelungen
von zweien seiner Officiere, der Söhne Tristany's, die carlistische Sache zu ver¬
lassen, wurde der Baron von Abella, einer der größten und angesehensten Grund¬
besitzer Kataloniens, zur Besprechung in einen Hinterhalt gelockt, dort gefangen
und eins Cabrera's Befehl, "wegen versuchter Verleitung der Officiere Carls VI.,"
erschossen. Diese wilde That, welche ganz Spanien empörte, zwang selbst den
mildgesinnten Concha zu Repressalien. Bald darauf gegen das Ende des Mai,
trieb er die Trümmer der Carlistenbanden mit ihrem Führer über die französische
Grenze und gab Katalonien, das von ihnen sowol, als den republikanischen
Guerilla's gesäubert war, deu langentbehrten Frieden wieder.

Die höchste militärische Würde Spaniens wurde Concha dafür von der Re¬
gierung zu Theil. Er wurde zum Generalcapitain der spanischen Heere ernannt
(zu unterscheiden von dem nur temporairen Generalcapitanat einer Provinz, und
entsprechend dem französischen Marschallstab), welchen Rang außer ihm gegenwärtig
nur Castanuos, der Sieger von Wahlen, Espartero und Narvaez bekleiden.


Espartero wegen Theilnahme an dem Complot des unglücklichen Diego Leon
flüchtig und trug, nächst Narvaez, am meisten unter den moderirten-Generalen
zum Sturze des Regenten bei. Im Jahre 18is, wo er Katalonien, das durch
revolutionaire und carlistische Umtriebe erschüttert war, pacificirte, wie als Führer
des Corps, das 1847 in Portugal einschritt, hatte er als Militair und als Poli¬
tiker sich durch hohe Umsicht bewährt, und durch die edle Milde seines Charakters
die größte Achtung errungen. Rival des Narvaez als Soldat, neigte er sich in
seinen politischen Grundsätzen einer liberaleren Färbung der Moderado's zu.,
Auch auf seinem jetzigen Posten rechtfertigte er das allgemeine Vertrauen. Cabrera
sah. sich bald durch Concha's überlegene Strategie in allen Unternehmungen be¬
hindert und unaufhörlich von den königlichen Truppen verfolgt. Nach einem
unglücklichen Gefechte, in dem er selbst schwer verwundet wurde, flüchtete er über
die französische Grenze, von wo, nachdem er im Verborgenen von seinen Wunden
geheilt worden, er nochmals nach Spanien zurückkehrte, um mit den Resten seiner
Anhänger die letzten, verzweifelten Anstrengungen dieses ungleichen Kampfes zu
wagen. Gleichzeitig wurde indeß sein Gebieter, der Graf von Montemolin, nach
dem Sprachgebrauch der Legitimität Don Carlos Luis VI., nahe der spanischen
G^nze von der französischen Polizei entdeckt, verhaftet und nach London, von
wo aus er diese fehlgeschlagene Reise in das carlistische Hauptquartier angetreten
hatte, zurückgeschickt. Es lastet einiger Verdacht auf dem Enkel Heinrichs IV.,
daß er, ohne besondere Sympathie für die Leiden und Gefahren des Guerilla¬
krieges, nicht Alles gethan habe, um der Entdeckung zu entgehen. Jedenfalls
war dieselbe für die catalonischen Carlisten ein tödtlicher Schlag. Cabrera, seine
nahe Vertreibung aus Spanien voraussehend, weihte der finstern Blutrache, die
^ seit Jahren der Partei Jsabella's wegen der grausamen Erschießung seiner
greisen Mutter nachtrug, ein letztes Opfer. Durch heuchlerische Vorspiegelungen
von zweien seiner Officiere, der Söhne Tristany's, die carlistische Sache zu ver¬
lassen, wurde der Baron von Abella, einer der größten und angesehensten Grund¬
besitzer Kataloniens, zur Besprechung in einen Hinterhalt gelockt, dort gefangen
und eins Cabrera's Befehl, „wegen versuchter Verleitung der Officiere Carls VI.,"
erschossen. Diese wilde That, welche ganz Spanien empörte, zwang selbst den
mildgesinnten Concha zu Repressalien. Bald darauf gegen das Ende des Mai,
trieb er die Trümmer der Carlistenbanden mit ihrem Führer über die französische
Grenze und gab Katalonien, das von ihnen sowol, als den republikanischen
Guerilla's gesäubert war, deu langentbehrten Frieden wieder.

Die höchste militärische Würde Spaniens wurde Concha dafür von der Re¬
gierung zu Theil. Er wurde zum Generalcapitain der spanischen Heere ernannt
(zu unterscheiden von dem nur temporairen Generalcapitanat einer Provinz, und
entsprechend dem französischen Marschallstab), welchen Rang außer ihm gegenwärtig
nur Castanuos, der Sieger von Wahlen, Espartero und Narvaez bekleiden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0281" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94722"/>
            <p xml:id="ID_880" prev="#ID_879"> Espartero wegen Theilnahme an dem Complot des unglücklichen Diego Leon<lb/>
flüchtig und trug, nächst Narvaez, am meisten unter den moderirten-Generalen<lb/>
zum Sturze des Regenten bei. Im Jahre 18is, wo er Katalonien, das durch<lb/>
revolutionaire und carlistische Umtriebe erschüttert war, pacificirte, wie als Führer<lb/>
des Corps, das 1847 in Portugal einschritt, hatte er als Militair und als Poli¬<lb/>
tiker sich durch hohe Umsicht bewährt, und durch die edle Milde seines Charakters<lb/>
die größte Achtung errungen. Rival des Narvaez als Soldat, neigte er sich in<lb/>
seinen politischen Grundsätzen einer liberaleren Färbung der Moderado's zu.,<lb/>
Auch auf seinem jetzigen Posten rechtfertigte er das allgemeine Vertrauen. Cabrera<lb/>
sah. sich bald durch Concha's überlegene Strategie in allen Unternehmungen be¬<lb/>
hindert und unaufhörlich von den königlichen Truppen verfolgt. Nach einem<lb/>
unglücklichen Gefechte, in dem er selbst schwer verwundet wurde, flüchtete er über<lb/>
die französische Grenze, von wo, nachdem er im Verborgenen von seinen Wunden<lb/>
geheilt worden, er nochmals nach Spanien zurückkehrte, um mit den Resten seiner<lb/>
Anhänger die letzten, verzweifelten Anstrengungen dieses ungleichen Kampfes zu<lb/>
wagen. Gleichzeitig wurde indeß sein Gebieter, der Graf von Montemolin, nach<lb/>
dem Sprachgebrauch der Legitimität Don Carlos Luis VI., nahe der spanischen<lb/>
G^nze von der französischen Polizei entdeckt, verhaftet und nach London, von<lb/>
wo aus er diese fehlgeschlagene Reise in das carlistische Hauptquartier angetreten<lb/>
hatte, zurückgeschickt. Es lastet einiger Verdacht auf dem Enkel Heinrichs IV.,<lb/>
daß er, ohne besondere Sympathie für die Leiden und Gefahren des Guerilla¬<lb/>
krieges, nicht Alles gethan habe, um der Entdeckung zu entgehen. Jedenfalls<lb/>
war dieselbe für die catalonischen Carlisten ein tödtlicher Schlag. Cabrera, seine<lb/>
nahe Vertreibung aus Spanien voraussehend, weihte der finstern Blutrache, die<lb/>
^ seit Jahren der Partei Jsabella's wegen der grausamen Erschießung seiner<lb/>
greisen Mutter nachtrug, ein letztes Opfer. Durch heuchlerische Vorspiegelungen<lb/>
von zweien seiner Officiere, der Söhne Tristany's, die carlistische Sache zu ver¬<lb/>
lassen, wurde der Baron von Abella, einer der größten und angesehensten Grund¬<lb/>
besitzer Kataloniens, zur Besprechung in einen Hinterhalt gelockt, dort gefangen<lb/>
und eins Cabrera's Befehl, &#x201E;wegen versuchter Verleitung der Officiere Carls VI.,"<lb/>
erschossen. Diese wilde That, welche ganz Spanien empörte, zwang selbst den<lb/>
mildgesinnten Concha zu Repressalien. Bald darauf gegen das Ende des Mai,<lb/>
trieb er die Trümmer der Carlistenbanden mit ihrem Führer über die französische<lb/>
Grenze und gab Katalonien, das von ihnen sowol, als den republikanischen<lb/>
Guerilla's gesäubert war, deu langentbehrten Frieden wieder.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_881" next="#ID_882"> Die höchste militärische Würde Spaniens wurde Concha dafür von der Re¬<lb/>
gierung zu Theil. Er wurde zum Generalcapitain der spanischen Heere ernannt<lb/>
(zu unterscheiden von dem nur temporairen Generalcapitanat einer Provinz, und<lb/>
entsprechend dem französischen Marschallstab), welchen Rang außer ihm gegenwärtig<lb/>
nur Castanuos, der Sieger von Wahlen, Espartero und Narvaez bekleiden.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0281] Espartero wegen Theilnahme an dem Complot des unglücklichen Diego Leon flüchtig und trug, nächst Narvaez, am meisten unter den moderirten-Generalen zum Sturze des Regenten bei. Im Jahre 18is, wo er Katalonien, das durch revolutionaire und carlistische Umtriebe erschüttert war, pacificirte, wie als Führer des Corps, das 1847 in Portugal einschritt, hatte er als Militair und als Poli¬ tiker sich durch hohe Umsicht bewährt, und durch die edle Milde seines Charakters die größte Achtung errungen. Rival des Narvaez als Soldat, neigte er sich in seinen politischen Grundsätzen einer liberaleren Färbung der Moderado's zu., Auch auf seinem jetzigen Posten rechtfertigte er das allgemeine Vertrauen. Cabrera sah. sich bald durch Concha's überlegene Strategie in allen Unternehmungen be¬ hindert und unaufhörlich von den königlichen Truppen verfolgt. Nach einem unglücklichen Gefechte, in dem er selbst schwer verwundet wurde, flüchtete er über die französische Grenze, von wo, nachdem er im Verborgenen von seinen Wunden geheilt worden, er nochmals nach Spanien zurückkehrte, um mit den Resten seiner Anhänger die letzten, verzweifelten Anstrengungen dieses ungleichen Kampfes zu wagen. Gleichzeitig wurde indeß sein Gebieter, der Graf von Montemolin, nach dem Sprachgebrauch der Legitimität Don Carlos Luis VI., nahe der spanischen G^nze von der französischen Polizei entdeckt, verhaftet und nach London, von wo aus er diese fehlgeschlagene Reise in das carlistische Hauptquartier angetreten hatte, zurückgeschickt. Es lastet einiger Verdacht auf dem Enkel Heinrichs IV., daß er, ohne besondere Sympathie für die Leiden und Gefahren des Guerilla¬ krieges, nicht Alles gethan habe, um der Entdeckung zu entgehen. Jedenfalls war dieselbe für die catalonischen Carlisten ein tödtlicher Schlag. Cabrera, seine nahe Vertreibung aus Spanien voraussehend, weihte der finstern Blutrache, die ^ seit Jahren der Partei Jsabella's wegen der grausamen Erschießung seiner greisen Mutter nachtrug, ein letztes Opfer. Durch heuchlerische Vorspiegelungen von zweien seiner Officiere, der Söhne Tristany's, die carlistische Sache zu ver¬ lassen, wurde der Baron von Abella, einer der größten und angesehensten Grund¬ besitzer Kataloniens, zur Besprechung in einen Hinterhalt gelockt, dort gefangen und eins Cabrera's Befehl, „wegen versuchter Verleitung der Officiere Carls VI.," erschossen. Diese wilde That, welche ganz Spanien empörte, zwang selbst den mildgesinnten Concha zu Repressalien. Bald darauf gegen das Ende des Mai, trieb er die Trümmer der Carlistenbanden mit ihrem Führer über die französische Grenze und gab Katalonien, das von ihnen sowol, als den republikanischen Guerilla's gesäubert war, deu langentbehrten Frieden wieder. Die höchste militärische Würde Spaniens wurde Concha dafür von der Re¬ gierung zu Theil. Er wurde zum Generalcapitain der spanischen Heere ernannt (zu unterscheiden von dem nur temporairen Generalcapitanat einer Provinz, und entsprechend dem französischen Marschallstab), welchen Rang außer ihm gegenwärtig nur Castanuos, der Sieger von Wahlen, Espartero und Narvaez bekleiden.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/281
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/281>, abgerufen am 22.12.2024.