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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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und langwierigen Widerstand, welchen die ansehnliche Streitkraft Frankreichs vor
den Mauern Roms fand, so darf man zweifeln, ob die Bewältigung desselben den
disponiblen militärischen und finanziellen Mitteln Spaniens möglich gewesen wäre.
Nichtsdestoweniger eilte das Madrider Cabinet gleichfalls, an dem Feldzuge gegen
die aufrührerischen Unterthanen der Kirche sich zu betheiligen. Eine Expedition
von etwa 6000 Mann aller Waffengattungen ging Anfangs April in Barcelona
unter ,dem Oberbefehl des Gsneral Cordova unter Segel, dessen einziger Anspruch
auf dies Commando wol sein Name und seine Abstammung von dem großen
Capitain war. Zum ersten Male nach langer Zeit sollte das castilische Banner
wieder aus einem Boden aufgepflanzt werden, der vor viertehalbhundert Jahren
die glänzende Morgenröthe des spanischen Weltreichs aufgehen sah. Vou großen
Erinnerungen und unbestimmten Hoffnungen, die sich daran knüpften, gehoben,
begrüßte eine zahlreiche Volksmasse, die sich auf dem Hafendamme von Barcelona
versammelt hatte, mit enthusiastischem Zuruf deu Augenblick, als das Geschwader
seine Anker lichtete. .

Diese Hoffnungen wurden so wenig erfüllt, als die weniger sanguinischen
Berechnungen des Ministeriums. Der spanische Geueral sah sich durch die höf¬
liche, aber bestimmte Ablehnung des Generals Oudinot, seinen Beistand bei der
Belagerung Roms anzunehmen, ans völlige Unthätigkeit und die ruhmlose Aufgabe
beschränkt, einige innere Districte des Kirchenstaats zu besetzen. Dieser Stand
der Dinge wurde nicht geändert, durch eine bald darauf unter dem Befehl des
Generals Zavala nachgeschickte Verstärkung, welche die Expedition ans nahe an
10,000 Mann brachte. Die progrcssistische Opposition in den Cortes konnte
somit zu den Angriffen, welche sie gegen die italienische Politik des Cabinets
principiell richtete, noch die Vorwürfe geselle", daß Spanien für große Kosten
eine dem Nationalstolz wenig zusagende Rolle dabei spiele. Bald sollte sich anch
Narvaez überzeugen, daß auf den Dank des römischen Hofes für die Bemühung,
ihn nicht gänzlich unter das gefährliche Protektorat Frankreichs fallen zu lassen,
weder was die Unterhandlungen über das Concordat, noch was seine eigene
Person betraf, irgend wie zu rechnen sei.

Bessere Erfolge errangen die Waffen der Königin um diese Zeit in Cata-
lonien. Der Zustand jener Provinz hatte sich im Verlauf des Jahres
mehr und mehr verschlimmert. Weder der General Cordova, welcher zuerst als
Generalcapitain die Operationen gegen Cabrera zu leiten hatte, noch sein Nach¬
folger, der General Pavia, zeigten sich der rastlosen Thätigkeit und dem kühnen
Unternehmungsgeiste des Carlistenhäuptliugs gewachsen. Nach mehreren schweren
Unfällen der königlichen Truppen wurde Pavia von Narvaez ans brusque Weise
seines Postens entlassen und durch den General Manuel de la Concha ersetzt,
einen der ausgezeichnetsten Officiere der spanischen Armee. Noch jung, hatte
derselbe eines der letzten Treffen des Bürgerkriegs gewonnen, wurde später unter


und langwierigen Widerstand, welchen die ansehnliche Streitkraft Frankreichs vor
den Mauern Roms fand, so darf man zweifeln, ob die Bewältigung desselben den
disponiblen militärischen und finanziellen Mitteln Spaniens möglich gewesen wäre.
Nichtsdestoweniger eilte das Madrider Cabinet gleichfalls, an dem Feldzuge gegen
die aufrührerischen Unterthanen der Kirche sich zu betheiligen. Eine Expedition
von etwa 6000 Mann aller Waffengattungen ging Anfangs April in Barcelona
unter ,dem Oberbefehl des Gsneral Cordova unter Segel, dessen einziger Anspruch
auf dies Commando wol sein Name und seine Abstammung von dem großen
Capitain war. Zum ersten Male nach langer Zeit sollte das castilische Banner
wieder aus einem Boden aufgepflanzt werden, der vor viertehalbhundert Jahren
die glänzende Morgenröthe des spanischen Weltreichs aufgehen sah. Vou großen
Erinnerungen und unbestimmten Hoffnungen, die sich daran knüpften, gehoben,
begrüßte eine zahlreiche Volksmasse, die sich auf dem Hafendamme von Barcelona
versammelt hatte, mit enthusiastischem Zuruf deu Augenblick, als das Geschwader
seine Anker lichtete. .

Diese Hoffnungen wurden so wenig erfüllt, als die weniger sanguinischen
Berechnungen des Ministeriums. Der spanische Geueral sah sich durch die höf¬
liche, aber bestimmte Ablehnung des Generals Oudinot, seinen Beistand bei der
Belagerung Roms anzunehmen, ans völlige Unthätigkeit und die ruhmlose Aufgabe
beschränkt, einige innere Districte des Kirchenstaats zu besetzen. Dieser Stand
der Dinge wurde nicht geändert, durch eine bald darauf unter dem Befehl des
Generals Zavala nachgeschickte Verstärkung, welche die Expedition ans nahe an
10,000 Mann brachte. Die progrcssistische Opposition in den Cortes konnte
somit zu den Angriffen, welche sie gegen die italienische Politik des Cabinets
principiell richtete, noch die Vorwürfe geselle», daß Spanien für große Kosten
eine dem Nationalstolz wenig zusagende Rolle dabei spiele. Bald sollte sich anch
Narvaez überzeugen, daß auf den Dank des römischen Hofes für die Bemühung,
ihn nicht gänzlich unter das gefährliche Protektorat Frankreichs fallen zu lassen,
weder was die Unterhandlungen über das Concordat, noch was seine eigene
Person betraf, irgend wie zu rechnen sei.

Bessere Erfolge errangen die Waffen der Königin um diese Zeit in Cata-
lonien. Der Zustand jener Provinz hatte sich im Verlauf des Jahres
mehr und mehr verschlimmert. Weder der General Cordova, welcher zuerst als
Generalcapitain die Operationen gegen Cabrera zu leiten hatte, noch sein Nach¬
folger, der General Pavia, zeigten sich der rastlosen Thätigkeit und dem kühnen
Unternehmungsgeiste des Carlistenhäuptliugs gewachsen. Nach mehreren schweren
Unfällen der königlichen Truppen wurde Pavia von Narvaez ans brusque Weise
seines Postens entlassen und durch den General Manuel de la Concha ersetzt,
einen der ausgezeichnetsten Officiere der spanischen Armee. Noch jung, hatte
derselbe eines der letzten Treffen des Bürgerkriegs gewonnen, wurde später unter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/280>, abgerufen am 22.12.2024.