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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Stande gebracht, zu haben glaubte, ging plötzlich mit ihrem Gemahl, dem Herzog
von Rianzares (Munoz) nach Paris, bevor der Skandal am Madrider Hofe
öffentlich wurde. Das Ministerium, außer Stande, Serrano aus der Hauptstadt zu
entfernen, trat trotz einem glänzenden Vertrauensvotum des Kongresses zurück und
unter dem Einfluß des nunmehr erklärten Günstlings und des englischen Gesandten
ward ein Puritano-Kabinet gebildet, das allerdings weder auf puritanischen noch
auf parlamentarischen Wegen ans Ruder kam. Als Chef desselben figurirte Herr
Pacheco, ein redlicher Mann, von bedeutendem Rednertalent, aber ohne Energie
und staatsmännische Begabung. Die wichtigste Person des neuen Ministeriums
war der bekannte Banquier Salamanca, eine Mischung von politischem und
finanziellem Aventurier mit unstreitig, großen, aber nicht soliden Talenten, der seit
dem Anfang der vierziger Jahre eine bedeutende Rolle an der Börse und in
verschiedenen Staatshändeln gespielt hatte. Das Cabinet vertagte alsbald die
Cortes, deren Mehrheit ihm einen Groll nachtrug, dessen Ausbruch sicher nicht
lange gezögert hätte. Um seiner zweideutigen Stellung einigen Anhalt in der
öffentlichen Meinung zu geben, machte es den Progressisten Concessionen; der
lang verbannte und noch bei Gelegenheit seiner ErwMung zum Abgeordneten
unter dem Cabinet Jsturiz schnöde über.die Grenze transportirte Olozaga wurde
amnestirt.

Die Königin hielt indessen während des Sommers Hos in La Granja mit
Serrano und einer Anzahl junger Generale, im offenen Zwiespalt mit ihrer Mutter
nicht nur, die noch immer in Paris verweilte, sondern anch mit dem König-Ge¬
mahl, der sich nach dem Jagdschloß Pardo zurückzog. Selbst die vornehme Ge¬
sellschaft Madrids mied den königlichen Hof. Bei dieser verwickelten Lage der^
Dinge, die jeden Augenblick in einem, von Revolutionen unterwühlten Lande
die schwersten Krisen hervorrufen konnte, sahen sich Marie Christine sowol, die
uut einem neuen Exil, als Louis Philipp, der mit dem Verlust der Früchte seiner
theuer erkauften spanischen Heirathen bedroht war, nach einem starken Helfer
in der Noth um, dem Geueral Narvaez, der vou Soto-Mayor zum spanischen
Botschafter am französischen Hof ernannt, in dieser Eigenschaft in Paris ver¬
weilte. Eine wenigstens scheinbare Aussöhnung zwischen dem Herzog v. Valencia
(Narvaez wurde im Jahre 1843 hierzu ernannt) und jenen Beiden fand statt, und
ersterer begab sich nach Madrid, um der Herrschaft des Günstlings und dem '
Puritano-Cabinet ein Ende zu machen. Anfangs waren seine Bemühungen
nicht erfolgreich; zwar trat Pacheco, der traurigen Rolle, die er gespielt hatte,
überdrüssig, zurück (Ende August 1847), aber Salamanca gelang es, sein Cabi¬
net durch die Ernennung des alten Senators Goyena zum Schattenpremier zu
reconstruiren, während Narvaez, von der Königin kalt empfangen, vergeblich den
König zur Rückkehr zu seiner Gemahlin zu bewegen suchte. Salamanca warf,
sich nun seinerseits mehr und mehr in eine ganz ernste Politik. Espartero


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Stande gebracht, zu haben glaubte, ging plötzlich mit ihrem Gemahl, dem Herzog
von Rianzares (Munoz) nach Paris, bevor der Skandal am Madrider Hofe
öffentlich wurde. Das Ministerium, außer Stande, Serrano aus der Hauptstadt zu
entfernen, trat trotz einem glänzenden Vertrauensvotum des Kongresses zurück und
unter dem Einfluß des nunmehr erklärten Günstlings und des englischen Gesandten
ward ein Puritano-Kabinet gebildet, das allerdings weder auf puritanischen noch
auf parlamentarischen Wegen ans Ruder kam. Als Chef desselben figurirte Herr
Pacheco, ein redlicher Mann, von bedeutendem Rednertalent, aber ohne Energie
und staatsmännische Begabung. Die wichtigste Person des neuen Ministeriums
war der bekannte Banquier Salamanca, eine Mischung von politischem und
finanziellem Aventurier mit unstreitig, großen, aber nicht soliden Talenten, der seit
dem Anfang der vierziger Jahre eine bedeutende Rolle an der Börse und in
verschiedenen Staatshändeln gespielt hatte. Das Cabinet vertagte alsbald die
Cortes, deren Mehrheit ihm einen Groll nachtrug, dessen Ausbruch sicher nicht
lange gezögert hätte. Um seiner zweideutigen Stellung einigen Anhalt in der
öffentlichen Meinung zu geben, machte es den Progressisten Concessionen; der
lang verbannte und noch bei Gelegenheit seiner ErwMung zum Abgeordneten
unter dem Cabinet Jsturiz schnöde über.die Grenze transportirte Olozaga wurde
amnestirt.

Die Königin hielt indessen während des Sommers Hos in La Granja mit
Serrano und einer Anzahl junger Generale, im offenen Zwiespalt mit ihrer Mutter
nicht nur, die noch immer in Paris verweilte, sondern anch mit dem König-Ge¬
mahl, der sich nach dem Jagdschloß Pardo zurückzog. Selbst die vornehme Ge¬
sellschaft Madrids mied den königlichen Hof. Bei dieser verwickelten Lage der^
Dinge, die jeden Augenblick in einem, von Revolutionen unterwühlten Lande
die schwersten Krisen hervorrufen konnte, sahen sich Marie Christine sowol, die
uut einem neuen Exil, als Louis Philipp, der mit dem Verlust der Früchte seiner
theuer erkauften spanischen Heirathen bedroht war, nach einem starken Helfer
in der Noth um, dem Geueral Narvaez, der vou Soto-Mayor zum spanischen
Botschafter am französischen Hof ernannt, in dieser Eigenschaft in Paris ver¬
weilte. Eine wenigstens scheinbare Aussöhnung zwischen dem Herzog v. Valencia
(Narvaez wurde im Jahre 1843 hierzu ernannt) und jenen Beiden fand statt, und
ersterer begab sich nach Madrid, um der Herrschaft des Günstlings und dem '
Puritano-Cabinet ein Ende zu machen. Anfangs waren seine Bemühungen
nicht erfolgreich; zwar trat Pacheco, der traurigen Rolle, die er gespielt hatte,
überdrüssig, zurück (Ende August 1847), aber Salamanca gelang es, sein Cabi¬
net durch die Ernennung des alten Senators Goyena zum Schattenpremier zu
reconstruiren, während Narvaez, von der Königin kalt empfangen, vergeblich den
König zur Rückkehr zu seiner Gemahlin zu bewegen suchte. Salamanca warf,
sich nun seinerseits mehr und mehr in eine ganz ernste Politik. Espartero


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/191>, abgerufen am 22.12.2024.