Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.nicht unhöflichen Ton noch gar nicht einzugehen scheint; und sein häufiger Aus¬ nicht unhöflichen Ton noch gar nicht einzugehen scheint; und sein häufiger Aus¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94589"/> <p xml:id="ID_397" prev="#ID_396"> nicht unhöflichen Ton noch gar nicht einzugehen scheint; und sein häufiger Aus¬<lb/> druck für gesunden Menschenverstand ist — common-sLnss (sensus oomnmms):<lb/> worin also erstens zu liegen scheint, daß ein Mensch nicht erst nöthig haben müsse, dem<lb/> non-sense gegenüber zur Reflexion zu greifen, daß die Empfindung so weit sicher fest¬<lb/> gestellt sein müsse: und gewiß zweitens, daß vorausgesetzt wird, das richtige Gefühl<lb/> sei ein Allgcmeiugefühl nnter dem Publicum. Das liegt zum Theil, vielleicht zu ei-<lb/> nem großen Theil, wol nicht an Anlage, sondern wieder am Mangel einer überein¬<lb/> stimmenden Nationalerziehuug, sei's für deu Geschmack, sei's für's Leben. Bei<lb/> uns „ein Jeder sucht im Nebel seinen Weg." Ich weiß, was man mir entgegen¬<lb/> halten wird „von den originalen Gemüthern;" doch Goethe charakterisirt diese<lb/> schon. Dagegen wird man nicht läugnen, daß außerordentlich groß die Zahl<lb/> derer ist, welche mit guten, mitunter ausgezeichneten Kräften, für sich in die Irre,<lb/> für die Sache verloren gehn: und daß sich immer ein Publicum findet, das die<lb/> neue Thorheit für Weisheit anstaunt. Wer auf dem Gebiete unserer neuen<lb/> Dichtkunst und Aesthetik kein Fremdling ist, der weiß, was ich sage und weiß<lb/> noch mehr, was ich schweige. In dem Gebiete der sachlichen Alterthumsforschung,<lb/> so viele Kräfte sich daran versucht, mußten uus wol unter allen Umständen andere<lb/> zuvorkommen. Deun wir hatten nicht Zeit. Wir mußten erst die originellen<lb/> Fragen erledigen. Wir mußten beweisen, daß Helena eine Mondgöttin sei und-<lb/> Achilles ein Fluß; wir mußten beweisen,'daß Griechisch Aegyptisch sei, während<lb/> wenn auch nicht wie jetzt ein Gang aus einer Thüre in die andere, so doch schon<lb/> lange ein Gang von Montbijou nach dem Lustgarten für jeden die Empfindung<lb/> feststellen konnte, daß Griechisch absolut nicht Aegyptisch sei. Wir mußten bewei¬<lb/> sen, daß der armen Antigone ganz recht geschehe:'— common senff erschrickt.<lb/> Und als es bei uns, die wir Deutsche find, selbst trefflichen Männern begegnen<lb/> konnte, zu meinen, daß Sophokles mit dem ganzen Stück eine Lehre für Perikles<lb/> in seinem Verhältniß zur Aspasia beabsichtigt habe: „Staatsmänner sollen sich<lb/> von Weibern nicht drein reden lassen" — da zog oommon, senff ein freundliches<lb/> Gesicht und winkte seinem lustigen Schreiber Punch, der seelenvergnügt war,<lb/> ,'nächsten Sonnabend nicht zu vergessen." — Wem etwas wehe ist von solchen<lb/> Dingen oder sehr wehe, der greife zu Grote: er kann in diesen zehn Bänden<lb/> gesunden Menschenverstandes gesund sich baden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
nicht unhöflichen Ton noch gar nicht einzugehen scheint; und sein häufiger Aus¬
druck für gesunden Menschenverstand ist — common-sLnss (sensus oomnmms):
worin also erstens zu liegen scheint, daß ein Mensch nicht erst nöthig haben müsse, dem
non-sense gegenüber zur Reflexion zu greifen, daß die Empfindung so weit sicher fest¬
gestellt sein müsse: und gewiß zweitens, daß vorausgesetzt wird, das richtige Gefühl
sei ein Allgcmeiugefühl nnter dem Publicum. Das liegt zum Theil, vielleicht zu ei-
nem großen Theil, wol nicht an Anlage, sondern wieder am Mangel einer überein¬
stimmenden Nationalerziehuug, sei's für deu Geschmack, sei's für's Leben. Bei
uns „ein Jeder sucht im Nebel seinen Weg." Ich weiß, was man mir entgegen¬
halten wird „von den originalen Gemüthern;" doch Goethe charakterisirt diese
schon. Dagegen wird man nicht läugnen, daß außerordentlich groß die Zahl
derer ist, welche mit guten, mitunter ausgezeichneten Kräften, für sich in die Irre,
für die Sache verloren gehn: und daß sich immer ein Publicum findet, das die
neue Thorheit für Weisheit anstaunt. Wer auf dem Gebiete unserer neuen
Dichtkunst und Aesthetik kein Fremdling ist, der weiß, was ich sage und weiß
noch mehr, was ich schweige. In dem Gebiete der sachlichen Alterthumsforschung,
so viele Kräfte sich daran versucht, mußten uus wol unter allen Umständen andere
zuvorkommen. Deun wir hatten nicht Zeit. Wir mußten erst die originellen
Fragen erledigen. Wir mußten beweisen, daß Helena eine Mondgöttin sei und-
Achilles ein Fluß; wir mußten beweisen,'daß Griechisch Aegyptisch sei, während
wenn auch nicht wie jetzt ein Gang aus einer Thüre in die andere, so doch schon
lange ein Gang von Montbijou nach dem Lustgarten für jeden die Empfindung
feststellen konnte, daß Griechisch absolut nicht Aegyptisch sei. Wir mußten bewei¬
sen, daß der armen Antigone ganz recht geschehe:'— common senff erschrickt.
Und als es bei uns, die wir Deutsche find, selbst trefflichen Männern begegnen
konnte, zu meinen, daß Sophokles mit dem ganzen Stück eine Lehre für Perikles
in seinem Verhältniß zur Aspasia beabsichtigt habe: „Staatsmänner sollen sich
von Weibern nicht drein reden lassen" — da zog oommon, senff ein freundliches
Gesicht und winkte seinem lustigen Schreiber Punch, der seelenvergnügt war,
,'nächsten Sonnabend nicht zu vergessen." — Wem etwas wehe ist von solchen
Dingen oder sehr wehe, der greife zu Grote: er kann in diesen zehn Bänden
gesunden Menschenverstandes gesund sich baden.
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