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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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geht auf der Flucht noch ein Mal verloren. Endlich ergiebt es sich, daß er im
Besitz jenes schon angeführten Hackert ist. Dieser bewahrt ihn getreulich für die
beiden Brüder Wildlingen auf, findet es aber nicht unangemessen/ etwa 3000 Thlr.
daraus einem ehemaligen Feinde aus Großmuth zu übergeben. Endlich hat er
das Unglück, gerade als die Ritter vom Geist ein Ordeusfest feiern, mit sammt
dem Schrein zu verbrennen. Es fragt sich nun, ob die Commune gerichtlich
gezwungen werden kann, neue Scheine auszustellen, und mit dieser ungelösten
Frage schließt der Roman, gerade eben so ohne Pointe, wie in Beziehung auf
den politischen Ausgang.

Von dem symbolischen Schrein gehen wir zu der Geschichte des symbo¬
lischen Bildes über. -- Prinz Egon von Hohenberg kehrte aus seiner Pariser
Tischlerwerkstatt in seine Heimath zurück, gerade als die Gläubiger seines Vaters
im Begriff siud, sich seiner Habseligkeiten zu bemächtigen. Durch Testaments¬
verfügung sind die Ahnenbilder der Versteigerung entzogen. In einem derselben
sollen, wie Egon's Mutter kurz vyr ihrem Tode an ihn geschrieben hat, sich Pa¬
piere befinden, in denen die geheimnißvollen Lebensbeziehungen des Fürstenhauses
auseinandergesetzt werden. Es liegt also Egon daran, sich dieser Papiere zu
bemächtigen; aber die alte Feindin seiner Mutter, die Geheimeräthin Pauline
von Harder, ist gleichfalls von dem Geheimniß unterrichtet, und sucht es durch
ihre Verbindungen dahin zu bringen, daß die Bilder, deren Eigenthümer, der
Prinz, noch nicht zugegen ist, zuerst nach der Residenz geschafft werden. Prinz
Egon könnte diese Intrigue am einfachsten dadurch vereiteln, daß er sich als der,
der er ist, legitimirte und das Bild ohne Weiteres in seinen Besitz nähme. Statt
dessen schleicht er sich in der Verkleidung eines Tischlergesellen in das Schloß ein
und sucht das Bild zu stehlen; er wird dabei ertappt und als Vagabund und Dieb
ins Gefängniß geführt. Dort besucht ihn Dankmar, dem er sich durch ein Batist-
schnupftuch und eine Visitenkarte als Prinz offenbart hatte. Egon fordert ihn auf, an
/einer Statt den Diebstahl auszuführen, und Dankmar ist auch augenblicklich dazu
bereit. Er geht anf's Schloß, und wird für den verkleideten Prinzen gehalten,
unter Anderen von Fräulein Melanie, die gern einen Prinzen heirathen möchte,
und sich deshalb bereit findet, ihm das Bild zu verschaffen. Das Bild ist bereits
auf einen Güterwagen gepackt, um unter der Aufsicht des Geheimeraths von
Harder nach der Residenz geschafft zu werden. Melanie bestellt diesen, einen
alten verliebten Herrn, auf ein'Rendezvous, und während er als treuer Schäfer ans
sie harrt, stiehlt sie das Bild, und bringt es Dankmar. Dieser reist damit nach
Berlin ab, legt es zu Hause in eine Commode, und denkt nicht weiter daran.
Während er sich in einer Nacht aus einem Kroll'schen Ball herumtreibt, dringt
die Polizei in seine Wohnung, angeblich um nach demagogischen Papieren zu suchen,
und bemächtigt sich bei dieser Gelegenheit des Bildes, das sie der Frau von
Harder überbringt. Diese nimmt die Papiere heraus und schickt das leere Bild


geht auf der Flucht noch ein Mal verloren. Endlich ergiebt es sich, daß er im
Besitz jenes schon angeführten Hackert ist. Dieser bewahrt ihn getreulich für die
beiden Brüder Wildlingen auf, findet es aber nicht unangemessen/ etwa 3000 Thlr.
daraus einem ehemaligen Feinde aus Großmuth zu übergeben. Endlich hat er
das Unglück, gerade als die Ritter vom Geist ein Ordeusfest feiern, mit sammt
dem Schrein zu verbrennen. Es fragt sich nun, ob die Commune gerichtlich
gezwungen werden kann, neue Scheine auszustellen, und mit dieser ungelösten
Frage schließt der Roman, gerade eben so ohne Pointe, wie in Beziehung auf
den politischen Ausgang.

Von dem symbolischen Schrein gehen wir zu der Geschichte des symbo¬
lischen Bildes über. — Prinz Egon von Hohenberg kehrte aus seiner Pariser
Tischlerwerkstatt in seine Heimath zurück, gerade als die Gläubiger seines Vaters
im Begriff siud, sich seiner Habseligkeiten zu bemächtigen. Durch Testaments¬
verfügung sind die Ahnenbilder der Versteigerung entzogen. In einem derselben
sollen, wie Egon's Mutter kurz vyr ihrem Tode an ihn geschrieben hat, sich Pa¬
piere befinden, in denen die geheimnißvollen Lebensbeziehungen des Fürstenhauses
auseinandergesetzt werden. Es liegt also Egon daran, sich dieser Papiere zu
bemächtigen; aber die alte Feindin seiner Mutter, die Geheimeräthin Pauline
von Harder, ist gleichfalls von dem Geheimniß unterrichtet, und sucht es durch
ihre Verbindungen dahin zu bringen, daß die Bilder, deren Eigenthümer, der
Prinz, noch nicht zugegen ist, zuerst nach der Residenz geschafft werden. Prinz
Egon könnte diese Intrigue am einfachsten dadurch vereiteln, daß er sich als der,
der er ist, legitimirte und das Bild ohne Weiteres in seinen Besitz nähme. Statt
dessen schleicht er sich in der Verkleidung eines Tischlergesellen in das Schloß ein
und sucht das Bild zu stehlen; er wird dabei ertappt und als Vagabund und Dieb
ins Gefängniß geführt. Dort besucht ihn Dankmar, dem er sich durch ein Batist-
schnupftuch und eine Visitenkarte als Prinz offenbart hatte. Egon fordert ihn auf, an
/einer Statt den Diebstahl auszuführen, und Dankmar ist auch augenblicklich dazu
bereit. Er geht anf's Schloß, und wird für den verkleideten Prinzen gehalten,
unter Anderen von Fräulein Melanie, die gern einen Prinzen heirathen möchte,
und sich deshalb bereit findet, ihm das Bild zu verschaffen. Das Bild ist bereits
auf einen Güterwagen gepackt, um unter der Aufsicht des Geheimeraths von
Harder nach der Residenz geschafft zu werden. Melanie bestellt diesen, einen
alten verliebten Herrn, auf ein'Rendezvous, und während er als treuer Schäfer ans
sie harrt, stiehlt sie das Bild, und bringt es Dankmar. Dieser reist damit nach
Berlin ab, legt es zu Hause in eine Commode, und denkt nicht weiter daran.
Während er sich in einer Nacht aus einem Kroll'schen Ball herumtreibt, dringt
die Polizei in seine Wohnung, angeblich um nach demagogischen Papieren zu suchen,
und bemächtigt sich bei dieser Gelegenheit des Bildes, das sie der Frau von
Harder überbringt. Diese nimmt die Papiere heraus und schickt das leere Bild


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/62>, abgerufen am 24.07.2024.