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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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Schlachtruf: hoch Bailay! oder hoch Lindsay! und erhitzte den Pöbel zu wüthenden
Prügeleien, in welche sich sogar die Polizei mit gezogenem Säbel einmischen mußte,
um den Frieden wieder herzustellen. Ueberall sah man blaue Augen und blutige Nasen
und Köpfe, und auch an zerbrochenen Nippen fehlte es nicht. Ein Neffe des conserva-
tiven Candidaten hatte die Stadt mit K --700 Bergleuten aus seinen Werken ange¬
füllt. Diese Leute zogen mit Stöcken, Knitteln und Lifeprcservers durch die Stadt,
umringten die Wahlbude, und trieben die Liberalen, welche ihre Stimme abgeben wollten,
mit Gewalt zurück. Endlich ließen sich viele von diesen abhalten, überhaupt abzustim¬
men, aber um sich dafür zu entschädigen, schaarte sich Abends die Stadtbevölkerung, die
zur Mehrzahl liberal ist, zusammen, und stürmte das Gasthaus, wo die Eindringlinge
einquartiert waren. Kahle Wände und eine zerrissene blaue Fahne war Alles, was am
andern Morgen von dem Hauptquartier der Konservativen noch übrig war. Ihren
Zweck aber hatten sie erreicht. Ueber 3S0 Liberale hatten aus Furcht nicht gestimmt,
und der konservative Candidat war mit einer Mehrheit von 23S Stimmen gewählt.

Kaum sind die Gemüther in etwas über den gräßlichen Untergang der Amazone
beruhigt, so kommt auch schon die Nachricht von einem zweiten Schiffbruch, der die
königliche Marine betroffen hat, und in dessen Folge gegen in0 Menschen das Leben
verloren haben. Das königliche Dampstransportschiff Birkcnhead war mit Ersatzmann-
schaften für die im Kaffernkrieg beschäftigten Truppen von der Siinonsbucht nach der
Algoabucht unterwegs, als es aus der Höhe von Point Danger zwei Stunden nach
Mitternacht^ aus eine verborgene Klippe ausstieß. Entweder der Wunsch, die Fahrt ab¬
zukürzen, oder ein von Fischer" angezündetes Feuer, das man allgemein, aber irriger
Weise sür das Licht eines Leuchtthurms jener Gegend gehalten, scheint den Coinmcin-
dircnden des Schiffs, Capitain Sälmond, vermocht zu haben, sich in zu große Nähe
der Küste zu wagen. Das Schiff rannte mit solcher Gewalt auf die Klippe, daß der
Boden sofort durchstoßen war, und das Wasser mit so großer Gewalt hereinströmte,
daß der größte Theil der auf dem untern Deck untergebrachten Mannschaften in den
Hängematten ertrank, und das Feuer unter den Dampskcsscln ausging, so daß es un¬
möglich war, das Schiff wieder von der Klippe abzubringen. Von dieser Zeit an ver¬
gingen kaum zwanzig Minuten bis zur vollständigen Zerstörung desselben. Es war von
Eisen, wodurch sich das rasche Auseinanderfallen in drei große Trümmermasscu erklärt.
Zuerst brach der Bug bis zum Fockmast weg, und nahm ein Paar Boote mit, und
fünf Minuten darauf brach das Schiff in der Mitte entzwei: der eine Theil versank
sogleich, der andere senkte sich so stark nach vorn, daß die noch darauf befindliche!, Per¬
sonen ins Meer fielen. Die große Stenge und das große Marsscgclraa war Alles,
was nach einer Viertelstunde von dem stolzen Dampfer Birkcnhead übrig war.

Trotz der Plötzlichkeit der Katastrophe herrschte die größte Ordnung. Was von
den Soldaten nicht aus dem untern Deck ertrunken war, sammelte sich aus dem Hinter¬
deck, wo sie sich so kaltblütig wie aus dem Paradeplatz in Reihe und Glied stellten.
Ein Zug wurde an die Pumpen beordert, ein anderer, um die Boote am Ruderkastcn
auszusetzen. Einer der commandirenden Officiere. der sich gerettet hat, giebt ihrem
Heroismus folgendes Zeugniß: "Jeder Einzelne that wie ihm befohlen war, und keine
Klage oder Murren wurde hörbar, bis das Schiff vollständig ein Raub der Tiefe wurde.
Alle erhielten ihre Befehle und führten sie aus, als ob sich die Leute einschifften, und
nicht auf einem sinkenden Schiffe sich befänden; nur den einen Unterschied habe ich her¬
vorzuheben, daß ich noch keine so ruhige Einschiffung gesehen habe." Als das Schiff
eben zu sinken im Begriff war, rief Capitcnn Salmond den Leuten zu: "Wer schwim¬
men kann, springe über Bord und schwimme nach den Booten." Als aber die Officiere
ihre Soldaten darauf aufmerksam machten, daß der Kutter, in dem sich die Frauen
befanden, sinken müsse, wenn sie dem Befehl des Capitains gehorchten, warfen sich nur
drei Mann ins Meer, um das Boot zu gewinnen.


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Schlachtruf: hoch Bailay! oder hoch Lindsay! und erhitzte den Pöbel zu wüthenden
Prügeleien, in welche sich sogar die Polizei mit gezogenem Säbel einmischen mußte,
um den Frieden wieder herzustellen. Ueberall sah man blaue Augen und blutige Nasen
und Köpfe, und auch an zerbrochenen Nippen fehlte es nicht. Ein Neffe des conserva-
tiven Candidaten hatte die Stadt mit K —700 Bergleuten aus seinen Werken ange¬
füllt. Diese Leute zogen mit Stöcken, Knitteln und Lifeprcservers durch die Stadt,
umringten die Wahlbude, und trieben die Liberalen, welche ihre Stimme abgeben wollten,
mit Gewalt zurück. Endlich ließen sich viele von diesen abhalten, überhaupt abzustim¬
men, aber um sich dafür zu entschädigen, schaarte sich Abends die Stadtbevölkerung, die
zur Mehrzahl liberal ist, zusammen, und stürmte das Gasthaus, wo die Eindringlinge
einquartiert waren. Kahle Wände und eine zerrissene blaue Fahne war Alles, was am
andern Morgen von dem Hauptquartier der Konservativen noch übrig war. Ihren
Zweck aber hatten sie erreicht. Ueber 3S0 Liberale hatten aus Furcht nicht gestimmt,
und der konservative Candidat war mit einer Mehrheit von 23S Stimmen gewählt.

Kaum sind die Gemüther in etwas über den gräßlichen Untergang der Amazone
beruhigt, so kommt auch schon die Nachricht von einem zweiten Schiffbruch, der die
königliche Marine betroffen hat, und in dessen Folge gegen in0 Menschen das Leben
verloren haben. Das königliche Dampstransportschiff Birkcnhead war mit Ersatzmann-
schaften für die im Kaffernkrieg beschäftigten Truppen von der Siinonsbucht nach der
Algoabucht unterwegs, als es aus der Höhe von Point Danger zwei Stunden nach
Mitternacht^ aus eine verborgene Klippe ausstieß. Entweder der Wunsch, die Fahrt ab¬
zukürzen, oder ein von Fischer» angezündetes Feuer, das man allgemein, aber irriger
Weise sür das Licht eines Leuchtthurms jener Gegend gehalten, scheint den Coinmcin-
dircnden des Schiffs, Capitain Sälmond, vermocht zu haben, sich in zu große Nähe
der Küste zu wagen. Das Schiff rannte mit solcher Gewalt auf die Klippe, daß der
Boden sofort durchstoßen war, und das Wasser mit so großer Gewalt hereinströmte,
daß der größte Theil der auf dem untern Deck untergebrachten Mannschaften in den
Hängematten ertrank, und das Feuer unter den Dampskcsscln ausging, so daß es un¬
möglich war, das Schiff wieder von der Klippe abzubringen. Von dieser Zeit an ver¬
gingen kaum zwanzig Minuten bis zur vollständigen Zerstörung desselben. Es war von
Eisen, wodurch sich das rasche Auseinanderfallen in drei große Trümmermasscu erklärt.
Zuerst brach der Bug bis zum Fockmast weg, und nahm ein Paar Boote mit, und
fünf Minuten darauf brach das Schiff in der Mitte entzwei: der eine Theil versank
sogleich, der andere senkte sich so stark nach vorn, daß die noch darauf befindliche!, Per¬
sonen ins Meer fielen. Die große Stenge und das große Marsscgclraa war Alles,
was nach einer Viertelstunde von dem stolzen Dampfer Birkcnhead übrig war.

Trotz der Plötzlichkeit der Katastrophe herrschte die größte Ordnung. Was von
den Soldaten nicht aus dem untern Deck ertrunken war, sammelte sich aus dem Hinter¬
deck, wo sie sich so kaltblütig wie aus dem Paradeplatz in Reihe und Glied stellten.
Ein Zug wurde an die Pumpen beordert, ein anderer, um die Boote am Ruderkastcn
auszusetzen. Einer der commandirenden Officiere. der sich gerettet hat, giebt ihrem
Heroismus folgendes Zeugniß: „Jeder Einzelne that wie ihm befohlen war, und keine
Klage oder Murren wurde hörbar, bis das Schiff vollständig ein Raub der Tiefe wurde.
Alle erhielten ihre Befehle und führten sie aus, als ob sich die Leute einschifften, und
nicht auf einem sinkenden Schiffe sich befänden; nur den einen Unterschied habe ich her¬
vorzuheben, daß ich noch keine so ruhige Einschiffung gesehen habe." Als das Schiff
eben zu sinken im Begriff war, rief Capitcnn Salmond den Leuten zu: „Wer schwim¬
men kann, springe über Bord und schwimme nach den Booten." Als aber die Officiere
ihre Soldaten darauf aufmerksam machten, daß der Kutter, in dem sich die Frauen
befanden, sinken müsse, wenn sie dem Befehl des Capitains gehorchten, warfen sich nur
drei Mann ins Meer, um das Boot zu gewinnen.


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[0165] Schlachtruf: hoch Bailay! oder hoch Lindsay! und erhitzte den Pöbel zu wüthenden Prügeleien, in welche sich sogar die Polizei mit gezogenem Säbel einmischen mußte, um den Frieden wieder herzustellen. Ueberall sah man blaue Augen und blutige Nasen und Köpfe, und auch an zerbrochenen Nippen fehlte es nicht. Ein Neffe des conserva- tiven Candidaten hatte die Stadt mit K —700 Bergleuten aus seinen Werken ange¬ füllt. Diese Leute zogen mit Stöcken, Knitteln und Lifeprcservers durch die Stadt, umringten die Wahlbude, und trieben die Liberalen, welche ihre Stimme abgeben wollten, mit Gewalt zurück. Endlich ließen sich viele von diesen abhalten, überhaupt abzustim¬ men, aber um sich dafür zu entschädigen, schaarte sich Abends die Stadtbevölkerung, die zur Mehrzahl liberal ist, zusammen, und stürmte das Gasthaus, wo die Eindringlinge einquartiert waren. Kahle Wände und eine zerrissene blaue Fahne war Alles, was am andern Morgen von dem Hauptquartier der Konservativen noch übrig war. Ihren Zweck aber hatten sie erreicht. Ueber 3S0 Liberale hatten aus Furcht nicht gestimmt, und der konservative Candidat war mit einer Mehrheit von 23S Stimmen gewählt. Kaum sind die Gemüther in etwas über den gräßlichen Untergang der Amazone beruhigt, so kommt auch schon die Nachricht von einem zweiten Schiffbruch, der die königliche Marine betroffen hat, und in dessen Folge gegen in0 Menschen das Leben verloren haben. Das königliche Dampstransportschiff Birkcnhead war mit Ersatzmann- schaften für die im Kaffernkrieg beschäftigten Truppen von der Siinonsbucht nach der Algoabucht unterwegs, als es aus der Höhe von Point Danger zwei Stunden nach Mitternacht^ aus eine verborgene Klippe ausstieß. Entweder der Wunsch, die Fahrt ab¬ zukürzen, oder ein von Fischer» angezündetes Feuer, das man allgemein, aber irriger Weise sür das Licht eines Leuchtthurms jener Gegend gehalten, scheint den Coinmcin- dircnden des Schiffs, Capitain Sälmond, vermocht zu haben, sich in zu große Nähe der Küste zu wagen. Das Schiff rannte mit solcher Gewalt auf die Klippe, daß der Boden sofort durchstoßen war, und das Wasser mit so großer Gewalt hereinströmte, daß der größte Theil der auf dem untern Deck untergebrachten Mannschaften in den Hängematten ertrank, und das Feuer unter den Dampskcsscln ausging, so daß es un¬ möglich war, das Schiff wieder von der Klippe abzubringen. Von dieser Zeit an ver¬ gingen kaum zwanzig Minuten bis zur vollständigen Zerstörung desselben. Es war von Eisen, wodurch sich das rasche Auseinanderfallen in drei große Trümmermasscu erklärt. Zuerst brach der Bug bis zum Fockmast weg, und nahm ein Paar Boote mit, und fünf Minuten darauf brach das Schiff in der Mitte entzwei: der eine Theil versank sogleich, der andere senkte sich so stark nach vorn, daß die noch darauf befindliche!, Per¬ sonen ins Meer fielen. Die große Stenge und das große Marsscgclraa war Alles, was nach einer Viertelstunde von dem stolzen Dampfer Birkcnhead übrig war. Trotz der Plötzlichkeit der Katastrophe herrschte die größte Ordnung. Was von den Soldaten nicht aus dem untern Deck ertrunken war, sammelte sich aus dem Hinter¬ deck, wo sie sich so kaltblütig wie aus dem Paradeplatz in Reihe und Glied stellten. Ein Zug wurde an die Pumpen beordert, ein anderer, um die Boote am Ruderkastcn auszusetzen. Einer der commandirenden Officiere. der sich gerettet hat, giebt ihrem Heroismus folgendes Zeugniß: „Jeder Einzelne that wie ihm befohlen war, und keine Klage oder Murren wurde hörbar, bis das Schiff vollständig ein Raub der Tiefe wurde. Alle erhielten ihre Befehle und führten sie aus, als ob sich die Leute einschifften, und nicht auf einem sinkenden Schiffe sich befänden; nur den einen Unterschied habe ich her¬ vorzuheben, daß ich noch keine so ruhige Einschiffung gesehen habe." Als das Schiff eben zu sinken im Begriff war, rief Capitcnn Salmond den Leuten zu: „Wer schwim¬ men kann, springe über Bord und schwimme nach den Booten." Als aber die Officiere ihre Soldaten darauf aufmerksam machten, daß der Kutter, in dem sich die Frauen befanden, sinken müsse, wenn sie dem Befehl des Capitains gehorchten, warfen sich nur drei Mann ins Meer, um das Boot zu gewinnen. 20"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/165>, abgerufen am 05.07.2024.