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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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des Vladyka unter dem Titel "Ogledalo srbsko" (Belgrad 1845), ein Cyklus
von Ki Heldenliedern, welche, dem Genius Puschkin's geweiht, eine poetische
Darstellung der zrnagorer Geschichte bilden. Die Grundidee des Werkes bildet
das Selbstbewußtsein dieses Häufleins vou Serbenhelden, daß die Misston Ste-
fan Duschau's uach dem Falle des heroischen Czarenthnms ans die Zrnagora
übergegangen sei: die Zrnagora, das einzige freie Land der Serben, sei bestimmt,
der Vorkämpfer des Kreuzes und der Befreier des serbischen Stammes zu wer¬
den. Der beinahe fünfhundertjährige Kampf gegen den Islam wird dadurch
gewissermaßen eine providentielle Nothwendigkeit, die Ausdauer des kleinen
Häufleins eine Bürgschaft des endlichen Sieges.

Dieses Werk hatte einen außerordentlichen Erfolg, und stellte den Namen
des Vladyka neben jenen des großen Siena Milutiuowitsch. Dieser Erfolg wirkte
doch auf deu, durch sein Selbstbewußtsein gegen jede Anwandlung vou Eitelkeit
geschützten Dichter sehr wohlthätig und anfeuernd. Schon im nächsten Jahre
wurde ein neues Werk "(ZorsKI unserm/." (Wien 1847) vollendet. Eine neue
Form, die dramatische, war dazu gewählt worden, die an Pnschkin's "Loris 60-
dunovv" erinnert; der Stoff, die Vernichtung der Türken in der Zrnagora in
der Christnacht 170Ä, und die poetische Behandlung desselben sind durchaus volks-
thümlich. Ohne auf deu Namen eines Drama's Anspruch zu machen, ist die
dramatische Form in dem Gedichte ans eine meisterhafte Weise durchgeführt; es
ist, was die Frische und Anmuth der Sprache und der Darstellung betrifft, der Tra¬
gödie vou Milutiuowitsch " Obilitsc^" ebenbürtig, welche letztere freilich als kunst¬
gerechtes Drama dnrch Stoff und Handlung höher steht als der "(iorski,
des Wladyka, welcher seine Dichtung selbst nnr die Dramatifirung eines
historischen Ereignisses nennt.

Im Jahre 1847 arbeitete der Dichter an einem neuen, in ähnlicher Form
concipirten Gedichte: ,,S!,.j<ZMn Nati" (Agram 1851), dessen Sujet der bekannte
Aventurier ist, der im Jahre 1767 unter dem Namen Peter's III., Kaisers von
Nußland, nach der Zrnagora kam, und, obwol die Kaiserin Katharina die Zrna-
g orer durch einen eigenen Gesandten, Fürsten Dolgornky, vor ihm, als einem
Betrüger, warnen ließ, bloß durch den magischen Namen eines "rechtgläubigen
Czaren" dieses sonst so ungefügige Volk sieben Jahre lang beherrschte, bis er
1774 vou einem Griechen, den der Pascha von Skadar (Scutari) dazu gedungen
hatte, im Kloster Brtschela ermordet wurde. Ich bedaure, aus diesen beiden
Werken keine Auszüge mittheilen zu können; der Dialog ist mit specifisch zrna-
gorischen Begriffen und Ausdrücken so durchflochten, daß eine Übersetzung ohne
umfänglichen Commentar unverständlich sein müßte, dnrch einen Commentar aber,
fürchte ich, ziemlich ungenießbar gemacht würde. Vielleicht komme ich jedoch ein
andermal darauf zurück.

Das letzte veröffentlichte Werk des Vladyka sind zwei kleine Epen: "Küw


des Vladyka unter dem Titel „Ogledalo srbsko" (Belgrad 1845), ein Cyklus
von Ki Heldenliedern, welche, dem Genius Puschkin's geweiht, eine poetische
Darstellung der zrnagorer Geschichte bilden. Die Grundidee des Werkes bildet
das Selbstbewußtsein dieses Häufleins vou Serbenhelden, daß die Misston Ste-
fan Duschau's uach dem Falle des heroischen Czarenthnms ans die Zrnagora
übergegangen sei: die Zrnagora, das einzige freie Land der Serben, sei bestimmt,
der Vorkämpfer des Kreuzes und der Befreier des serbischen Stammes zu wer¬
den. Der beinahe fünfhundertjährige Kampf gegen den Islam wird dadurch
gewissermaßen eine providentielle Nothwendigkeit, die Ausdauer des kleinen
Häufleins eine Bürgschaft des endlichen Sieges.

Dieses Werk hatte einen außerordentlichen Erfolg, und stellte den Namen
des Vladyka neben jenen des großen Siena Milutiuowitsch. Dieser Erfolg wirkte
doch auf deu, durch sein Selbstbewußtsein gegen jede Anwandlung vou Eitelkeit
geschützten Dichter sehr wohlthätig und anfeuernd. Schon im nächsten Jahre
wurde ein neues Werk „(ZorsKI unserm/." (Wien 1847) vollendet. Eine neue
Form, die dramatische, war dazu gewählt worden, die an Pnschkin's „Loris 60-
dunovv" erinnert; der Stoff, die Vernichtung der Türken in der Zrnagora in
der Christnacht 170Ä, und die poetische Behandlung desselben sind durchaus volks-
thümlich. Ohne auf deu Namen eines Drama's Anspruch zu machen, ist die
dramatische Form in dem Gedichte ans eine meisterhafte Weise durchgeführt; es
ist, was die Frische und Anmuth der Sprache und der Darstellung betrifft, der Tra¬
gödie vou Milutiuowitsch „ Obilitsc^" ebenbürtig, welche letztere freilich als kunst¬
gerechtes Drama dnrch Stoff und Handlung höher steht als der „(iorski,
des Wladyka, welcher seine Dichtung selbst nnr die Dramatifirung eines
historischen Ereignisses nennt.

Im Jahre 1847 arbeitete der Dichter an einem neuen, in ähnlicher Form
concipirten Gedichte: ,,S!,.j<ZMn Nati" (Agram 1851), dessen Sujet der bekannte
Aventurier ist, der im Jahre 1767 unter dem Namen Peter's III., Kaisers von
Nußland, nach der Zrnagora kam, und, obwol die Kaiserin Katharina die Zrna-
g orer durch einen eigenen Gesandten, Fürsten Dolgornky, vor ihm, als einem
Betrüger, warnen ließ, bloß durch den magischen Namen eines „rechtgläubigen
Czaren" dieses sonst so ungefügige Volk sieben Jahre lang beherrschte, bis er
1774 vou einem Griechen, den der Pascha von Skadar (Scutari) dazu gedungen
hatte, im Kloster Brtschela ermordet wurde. Ich bedaure, aus diesen beiden
Werken keine Auszüge mittheilen zu können; der Dialog ist mit specifisch zrna-
gorischen Begriffen und Ausdrücken so durchflochten, daß eine Übersetzung ohne
umfänglichen Commentar unverständlich sein müßte, dnrch einen Commentar aber,
fürchte ich, ziemlich ungenießbar gemacht würde. Vielleicht komme ich jedoch ein
andermal darauf zurück.

Das letzte veröffentlichte Werk des Vladyka sind zwei kleine Epen: „Küw


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/60>, abgerufen am 22.07.2024.