Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.wieder die reine Willkür. Hoffmann liebt 6s, Hunde, Katzen und ähnliche Bestien Auf dieses letztere Werk, welches 1821 erschien, gehen wir hier sogleich In den Novellen, die er in den Serapionsbrüdern (1819) sammelte, Grenzboten. I. 67
wieder die reine Willkür. Hoffmann liebt 6s, Hunde, Katzen und ähnliche Bestien Auf dieses letztere Werk, welches 1821 erschien, gehen wir hier sogleich In den Novellen, die er in den Serapionsbrüdern (1819) sammelte, Grenzboten. I. 67
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wieder die reine Willkür. Hoffmann liebt 6s, Hunde, Katzen und ähnliche Bestien
sprechen zu lassen, aber es kommt ihm nicht darauf an, sich wirklich in die innerste
Natur derselben zu versetzen, wie es Arnim in einzelnen seiner glücklicheren Er¬
findungen ganz vortrefflich gelingt, und wie es z. B.. bei Kaulbach's Bildern zu
Reinecke Fuchs der Fall ist. Die Hunde- und Katzengestalt ist nur des ein¬
maligen komischen Einfalls wegen da, dann läßt der Dichter sie fallen, und der
Hund Berganza wird der Typus der echten Künstlernatur, der Kater Murr"
der prosaische Bourgeois.
Auf dieses letztere Werk, welches 1821 erschien, gehen wir hier sogleich
über, weil es mit den Phantasiestücken am nächsten verwandt ist. Wir haben
hier wieder jene Poesie des Kontrastes; auf der einen Seite die Vollblutroman¬
tik, auf der andern die nüchterne Prosa. Das Eine soll durch den Gegensatz
des Andern getragen werden, eigentlich wird es aber nur dadurch verwirrt. Im
poetischen Theil macht es sich der Dichter bequem, er laßt den Verstand vollstän¬
dig bei Seite, weil er Raum genug dafür im prosaischen Theil findet. Dies ist
aber die allerrvheste Form des Humors, die uicht eine Rückkehr vom farblosen
Idealismus zur Poesie des wirklichen Lebens ausdrückt, sondern ein Verfallen in
den gestaltlosen Idealismus und in die ideenlose Empirie zugleich.
In den Novellen, die er in den Serapionsbrüdern (1819) sammelte,
schließen sich einzelne dieser ästhetischen Tendenz an; sie haben aber mehr Form
uudAbrnndnng gewonnen. Eine allerliebste Episode ans dem Musikleben ist z. B.
die reizende Erzählung „die Fermate". — Die Märchen haben die Absicht, bei dem
Detail des Alltagslebens darauf aufmerksam zu machen, wie ein tieferes Gemüth
gerade in dem, was uns zunächst liegt, die Spuren jener geheimnißvollen
Poesie herausfindet, die man sonst nur in der Ferne sucht, die aber als eigentliche
Seele das ganze Weltall durchdringt. Für Kinder sind diese Märchen nicht
gemacht. Kindern kommt es nicht daraus an, in dem Naheliegenden das Wun-
derbare und Abenteuerliche zu entdecken, denn der realistische Trieb des Kindes
ist zu groß, um bei deu Gegenständen, über die es durch Sinn und Begriff
vollkommen Herr ist, an etwas Mystisches zu glauben; es sucht vielmehr, und
mit Recht, das Wunderbare in der Ferne, und verlangt, daß es sich ihm schon
durch die äußere glänzende Form handgreslich als wunderbar und ungewöhnlich
bethätige. Außerdem verfällt jenes Streben, Ideal und Zufälligkeit in einander
zu verarbeiten, zu leicht in Allegorie. Der Magister Tinte ist nicht blos der
Magister Tinte, nicht blos die komisch-boshafte Brummfliege, uicht blos der feind¬
liche Drache, der das „fremde Kind" verfolgt, sondern zugleich das Symbol der
Prosa ze. Bei solchen Gesichtspunkten hört der Spaß auf. Im Uebrigen sind
in diesen Märchen sehr viel ansprechende phantastische Züge, obgleich man dock)
immer herausfühlt, daß dieses Phantastische nur in einer künstlichen Verrückung
des Gesichtspunkts liegt. SealSsield läßt in seinem „Süden und Norden" einen
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