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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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in den mannichfaltigsten und kunstvollsten Formen gearbeitet. Am gewöhnlichsten
glichen sie einem anf den Bogen gelegten Pfeil, oder einem halbmondförmigen,
in der Mitte zolldicken, gegen die Enden fein zulaufenden Wulste. Der Schmuck
der römischen Männer war, wie bei den Griechen, der Siegelring, der in frühester
Zeit aus Eisen und Bronze, später ans Gold und Edelstein bestand. Die Frauen
der Römer trugen in den Zeiten des politischen Glanzes viel Schmuck von edlem
Metall und Stein: Halsgehänge, Agraffen mannichfacher Art, Hafte an Brust
und Schultern, Armbänder und Fingerringe, Alles in wesentlich griechischen For¬
men. Die asiatischen Culturvölker, so wie die Griechen, und mehr als diese die
Römer, bildeten auch Prachtgefäße in Gold und Silber.

Unsre Vorfahren, die alten Germanen, trugen viel goldenen Haarschmuck:
große Haarkronen (einfache breite Reife, von denen einzelne Blättchen herab¬
hingen), oder Spirale, durch die bei einzelnen Stämmen wahrscheinlich der ans dem
Wirbel des Kopfes gebildete Zopf gezogen wurde. Diademe von Goldblech tru¬
gen die fürstlichen Frauen, und die vornehmen Weiber überhaupt liebte" es, kleine
goldene Spirale an wollenen Fäden rings um deu Kopf und in die Ohrringe
zu hängen. Um den Hals trugen die Männer wol massive Ringe von Bronze
oder Gold, anch von Goldblech, nach dem Muster eines gewundenen Stricks
gebildet, dessen Enden über einander reichten oder an einander schlössen. Die
Frauen zogen Metallstücke, Thierzähne, Bernsteinperlen, Korallen auf ein Pferde-
Haar, und hingen sie als Schnüre um deu Hals. Deu Schmuck der Brust bil¬
deten in den verschiedensten Formen die Fibulen oder Hafte (BrocheS), welche
die Germanen meist vou römischen Händlern erstanden. Die römische Industrie
vermischte die deutsch nationale Form der Spirale und der Armbrust viel mit grie¬
chischen und italienischen Mustern, gespannten Bogen, Halbmonden u. s. w. Die
Spirale, welche als Hafte dienten, hatten oft 6 bis 6 Zoll im Durchmesser,
stiegen in der Mitte anf, gleich einem umgestülpten Napf, und wurden durch
eine Nadel unten geschlossen und befestigt. Die Frauen wendeten außerdem zur
Festhaliung ihrer Gewänder eine eigene Art von Knöpfen an. Diese bestanden
ans zwei kleinen goldenen oder bronzenen Kugeln, deren jede anf einem der bei¬
den Enden eiues kleinen Cylinders festsaß, welcher mit den eingeknöpften Kugeln
zugleich die getrennten Theile des Kleides zusammenhielt. Armringe wurden von
den alten Germanen allgemein getragen. Die noch erhaltenen sind aus Bronze,
Silber, Gold und von sehr mannichfacher Gestalt. Die in der Mehrzahl ovalen
Ringe für den Vorderarm sind breit, rund oder platt, massiv oder hohl. Manche
sind an jedem der offenen Enden mit großen kugelartigen Knöpfen versehen, andere
ringsum mit krallenartigen Buckeln besetzt, noch andere mit eingerissenen Linien
gemustert, einige auch aus ganz feinem Draht geflochten. Alle sind mehr oder
minder geöffnet und elastisch, so daß man sie noch hente anlegen konnte. Die
Oberarmringe bestehen theils in einfachen runden oder platten Reifen, theils in


in den mannichfaltigsten und kunstvollsten Formen gearbeitet. Am gewöhnlichsten
glichen sie einem anf den Bogen gelegten Pfeil, oder einem halbmondförmigen,
in der Mitte zolldicken, gegen die Enden fein zulaufenden Wulste. Der Schmuck
der römischen Männer war, wie bei den Griechen, der Siegelring, der in frühester
Zeit aus Eisen und Bronze, später ans Gold und Edelstein bestand. Die Frauen
der Römer trugen in den Zeiten des politischen Glanzes viel Schmuck von edlem
Metall und Stein: Halsgehänge, Agraffen mannichfacher Art, Hafte an Brust
und Schultern, Armbänder und Fingerringe, Alles in wesentlich griechischen For¬
men. Die asiatischen Culturvölker, so wie die Griechen, und mehr als diese die
Römer, bildeten auch Prachtgefäße in Gold und Silber.

Unsre Vorfahren, die alten Germanen, trugen viel goldenen Haarschmuck:
große Haarkronen (einfache breite Reife, von denen einzelne Blättchen herab¬
hingen), oder Spirale, durch die bei einzelnen Stämmen wahrscheinlich der ans dem
Wirbel des Kopfes gebildete Zopf gezogen wurde. Diademe von Goldblech tru¬
gen die fürstlichen Frauen, und die vornehmen Weiber überhaupt liebte» es, kleine
goldene Spirale an wollenen Fäden rings um deu Kopf und in die Ohrringe
zu hängen. Um den Hals trugen die Männer wol massive Ringe von Bronze
oder Gold, anch von Goldblech, nach dem Muster eines gewundenen Stricks
gebildet, dessen Enden über einander reichten oder an einander schlössen. Die
Frauen zogen Metallstücke, Thierzähne, Bernsteinperlen, Korallen auf ein Pferde-
Haar, und hingen sie als Schnüre um deu Hals. Deu Schmuck der Brust bil¬
deten in den verschiedensten Formen die Fibulen oder Hafte (BrocheS), welche
die Germanen meist vou römischen Händlern erstanden. Die römische Industrie
vermischte die deutsch nationale Form der Spirale und der Armbrust viel mit grie¬
chischen und italienischen Mustern, gespannten Bogen, Halbmonden u. s. w. Die
Spirale, welche als Hafte dienten, hatten oft 6 bis 6 Zoll im Durchmesser,
stiegen in der Mitte anf, gleich einem umgestülpten Napf, und wurden durch
eine Nadel unten geschlossen und befestigt. Die Frauen wendeten außerdem zur
Festhaliung ihrer Gewänder eine eigene Art von Knöpfen an. Diese bestanden
ans zwei kleinen goldenen oder bronzenen Kugeln, deren jede anf einem der bei¬
den Enden eiues kleinen Cylinders festsaß, welcher mit den eingeknöpften Kugeln
zugleich die getrennten Theile des Kleides zusammenhielt. Armringe wurden von
den alten Germanen allgemein getragen. Die noch erhaltenen sind aus Bronze,
Silber, Gold und von sehr mannichfacher Gestalt. Die in der Mehrzahl ovalen
Ringe für den Vorderarm sind breit, rund oder platt, massiv oder hohl. Manche
sind an jedem der offenen Enden mit großen kugelartigen Knöpfen versehen, andere
ringsum mit krallenartigen Buckeln besetzt, noch andere mit eingerissenen Linien
gemustert, einige auch aus ganz feinem Draht geflochten. Alle sind mehr oder
minder geöffnet und elastisch, so daß man sie noch hente anlegen konnte. Die
Oberarmringe bestehen theils in einfachen runden oder platten Reifen, theils in


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[0396] in den mannichfaltigsten und kunstvollsten Formen gearbeitet. Am gewöhnlichsten glichen sie einem anf den Bogen gelegten Pfeil, oder einem halbmondförmigen, in der Mitte zolldicken, gegen die Enden fein zulaufenden Wulste. Der Schmuck der römischen Männer war, wie bei den Griechen, der Siegelring, der in frühester Zeit aus Eisen und Bronze, später ans Gold und Edelstein bestand. Die Frauen der Römer trugen in den Zeiten des politischen Glanzes viel Schmuck von edlem Metall und Stein: Halsgehänge, Agraffen mannichfacher Art, Hafte an Brust und Schultern, Armbänder und Fingerringe, Alles in wesentlich griechischen For¬ men. Die asiatischen Culturvölker, so wie die Griechen, und mehr als diese die Römer, bildeten auch Prachtgefäße in Gold und Silber. Unsre Vorfahren, die alten Germanen, trugen viel goldenen Haarschmuck: große Haarkronen (einfache breite Reife, von denen einzelne Blättchen herab¬ hingen), oder Spirale, durch die bei einzelnen Stämmen wahrscheinlich der ans dem Wirbel des Kopfes gebildete Zopf gezogen wurde. Diademe von Goldblech tru¬ gen die fürstlichen Frauen, und die vornehmen Weiber überhaupt liebte» es, kleine goldene Spirale an wollenen Fäden rings um deu Kopf und in die Ohrringe zu hängen. Um den Hals trugen die Männer wol massive Ringe von Bronze oder Gold, anch von Goldblech, nach dem Muster eines gewundenen Stricks gebildet, dessen Enden über einander reichten oder an einander schlössen. Die Frauen zogen Metallstücke, Thierzähne, Bernsteinperlen, Korallen auf ein Pferde- Haar, und hingen sie als Schnüre um deu Hals. Deu Schmuck der Brust bil¬ deten in den verschiedensten Formen die Fibulen oder Hafte (BrocheS), welche die Germanen meist vou römischen Händlern erstanden. Die römische Industrie vermischte die deutsch nationale Form der Spirale und der Armbrust viel mit grie¬ chischen und italienischen Mustern, gespannten Bogen, Halbmonden u. s. w. Die Spirale, welche als Hafte dienten, hatten oft 6 bis 6 Zoll im Durchmesser, stiegen in der Mitte anf, gleich einem umgestülpten Napf, und wurden durch eine Nadel unten geschlossen und befestigt. Die Frauen wendeten außerdem zur Festhaliung ihrer Gewänder eine eigene Art von Knöpfen an. Diese bestanden ans zwei kleinen goldenen oder bronzenen Kugeln, deren jede anf einem der bei¬ den Enden eiues kleinen Cylinders festsaß, welcher mit den eingeknöpften Kugeln zugleich die getrennten Theile des Kleides zusammenhielt. Armringe wurden von den alten Germanen allgemein getragen. Die noch erhaltenen sind aus Bronze, Silber, Gold und von sehr mannichfacher Gestalt. Die in der Mehrzahl ovalen Ringe für den Vorderarm sind breit, rund oder platt, massiv oder hohl. Manche sind an jedem der offenen Enden mit großen kugelartigen Knöpfen versehen, andere ringsum mit krallenartigen Buckeln besetzt, noch andere mit eingerissenen Linien gemustert, einige auch aus ganz feinem Draht geflochten. Alle sind mehr oder minder geöffnet und elastisch, so daß man sie noch hente anlegen konnte. Die Oberarmringe bestehen theils in einfachen runden oder platten Reifen, theils in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/396>, abgerufen am 22.07.2024.