Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.erklärt hatte: "Genehmigen die Landstände bei ihrem Zusammentritt die proviso¬ An Gelegenheit und Aufforderung, die Stimme zu erheben für die in ihrem erklärt hatte: „Genehmigen die Landstände bei ihrem Zusammentritt die proviso¬ An Gelegenheit und Aufforderung, die Stimme zu erheben für die in ihrem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92098"/> <p xml:id="ID_1118" prev="#ID_1117"> erklärt hatte: „Genehmigen die Landstände bei ihrem Zusammentritt die proviso¬<lb/> rischen Gesetze nicht, so werden sie anßer Kraft gesetzt/'. Indessen vient<lb/> en mang-egM, und was matt nicht selbst verantworten mag, das ladet man dem<lb/> Bundescommissar ans die verantwortungslosen Schultern. Bekanntlich ist dies<lb/> hinsichtlich beider erwähnten Verfügungen wirklich geschehen. Hier aber ertappen<lb/> wir den Minister ans einer falschen Fährte, und selbst wer von der Rechtmäßig-<lb/> keit der Septemberverordnuugeu vollkommen überzeugt ist, kann denselben dies¬<lb/> mal unmöglich in Schutz nehmen, wofern er noch einigen Respect vor der Wahr¬<lb/> heit hat. Denn die Bundesgesetze, auf welche sich Hassenpflug so eifrig<lb/> beruft, wenn sie seinen Absichten förderlich sind, sprechen diesmal ganz<lb/> entschieden gegen ihn. Die Bundesexecutionsorduung vom 3. Ang. 1820,<lb/> welche auch den Wirkungskreis der Bundescommisston begrenzt, sagt Art. VI.<lb/> unter Andern Folgendes: „Im ersten Fall (wenn eine Bundesregierung in Er¬<lb/> mangelung eigener zureichender Mittel selbst die Hülfe des Bundes in Anspruch<lb/> nimmt) , muß jedoch i in in er in Uebereinsti in in u n g mit de n Anträgen<lb/> der Negierung, welcher die bundesmäßige Hülse geleistet wird,<lb/> verfahren werden." Hieraus ergiebt sich sonnenklar,, daß der Bundescom¬<lb/> missar sich uach des Ministers Anträgen richten mußte, wenn es Hassenpflng's<lb/> ernster Wille war, seinen beschworner verfassungsmäßigen Verpflichtungen<lb/> nachzukommen, und daß das Vorschieben des Bnndescommissars ihm kein Quent¬<lb/> chen von seiner eignen moralischen und juristischen Verantwortlichkeit für die Ver¬<lb/> letzung der zwei wichtigsten Paragraphen unserer Verfassung abnimmt, wohl aber<lb/> seine Handlungsweise dem Verdacht der Unehrlichkeit aussetzt. Wahrlich, Ihr<lb/> Männer des „göttlichen Rechtes," wenn Ihr denn einmal den Staat nicht anders<lb/> „retten" könnt, als indem Ihr das menschliche Recht zertretet, so solltet Ihr we¬<lb/> nigstens ehrlich, wie jener hellenische Staatsmann, auftreten und sagen: „Wir<lb/> müssen jetzt nach Lage der Sachen die Verfassung suspendiren, aber wir werden<lb/> uus seiner Zeit unsern gesetzlichem Richtern stellen!" Doch von solchem antiken<lb/> Adel der Gesinnung scheint Ihr modernen Christen weit entfernt zu sein. Frei¬<lb/> lich sagt Euer Augustinus, daß die Tugenden der Heiden nichts als glänzende<lb/> Laster gewesen seien; aber schlimm, sehr schlimm bleibt es doch, wenn die „Tu¬<lb/> genden" unserer Musterchristeu uicht einmal die Begleichung mit den „glänzen¬<lb/> den Lastern" der Heiden anschalten können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1119" next="#ID_1120"> An Gelegenheit und Aufforderung, die Stimme zu erheben für die in ihrem<lb/> Lebensmittelpnnkt angetastete Verfassung, hat es also unserm Treubund keineswegs<lb/> gemangelt; er hat-es aber vorgezogen zu schweigen, ungeachtet er geung Mit¬<lb/> glieder zählt, denen die einschläglichen Bnndesgesetze bekannt sein müssen, wenn<lb/> sie auch auffallender Weise noch in keiner Zeitung gegen Hassenpflug und Genossen<lb/> geltend gemacht worden sind. Eingetreten ist vielmehr unter activer und passiver<lb/> Assistenz, also auch unter Mitverantwortlichkeit des Trenbundes, wiederum jener</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
erklärt hatte: „Genehmigen die Landstände bei ihrem Zusammentritt die proviso¬
rischen Gesetze nicht, so werden sie anßer Kraft gesetzt/'. Indessen vient
en mang-egM, und was matt nicht selbst verantworten mag, das ladet man dem
Bundescommissar ans die verantwortungslosen Schultern. Bekanntlich ist dies
hinsichtlich beider erwähnten Verfügungen wirklich geschehen. Hier aber ertappen
wir den Minister ans einer falschen Fährte, und selbst wer von der Rechtmäßig-
keit der Septemberverordnuugeu vollkommen überzeugt ist, kann denselben dies¬
mal unmöglich in Schutz nehmen, wofern er noch einigen Respect vor der Wahr¬
heit hat. Denn die Bundesgesetze, auf welche sich Hassenpflug so eifrig
beruft, wenn sie seinen Absichten förderlich sind, sprechen diesmal ganz
entschieden gegen ihn. Die Bundesexecutionsorduung vom 3. Ang. 1820,
welche auch den Wirkungskreis der Bundescommisston begrenzt, sagt Art. VI.
unter Andern Folgendes: „Im ersten Fall (wenn eine Bundesregierung in Er¬
mangelung eigener zureichender Mittel selbst die Hülfe des Bundes in Anspruch
nimmt) , muß jedoch i in in er in Uebereinsti in in u n g mit de n Anträgen
der Negierung, welcher die bundesmäßige Hülse geleistet wird,
verfahren werden." Hieraus ergiebt sich sonnenklar,, daß der Bundescom¬
missar sich uach des Ministers Anträgen richten mußte, wenn es Hassenpflng's
ernster Wille war, seinen beschworner verfassungsmäßigen Verpflichtungen
nachzukommen, und daß das Vorschieben des Bnndescommissars ihm kein Quent¬
chen von seiner eignen moralischen und juristischen Verantwortlichkeit für die Ver¬
letzung der zwei wichtigsten Paragraphen unserer Verfassung abnimmt, wohl aber
seine Handlungsweise dem Verdacht der Unehrlichkeit aussetzt. Wahrlich, Ihr
Männer des „göttlichen Rechtes," wenn Ihr denn einmal den Staat nicht anders
„retten" könnt, als indem Ihr das menschliche Recht zertretet, so solltet Ihr we¬
nigstens ehrlich, wie jener hellenische Staatsmann, auftreten und sagen: „Wir
müssen jetzt nach Lage der Sachen die Verfassung suspendiren, aber wir werden
uus seiner Zeit unsern gesetzlichem Richtern stellen!" Doch von solchem antiken
Adel der Gesinnung scheint Ihr modernen Christen weit entfernt zu sein. Frei¬
lich sagt Euer Augustinus, daß die Tugenden der Heiden nichts als glänzende
Laster gewesen seien; aber schlimm, sehr schlimm bleibt es doch, wenn die „Tu¬
genden" unserer Musterchristeu uicht einmal die Begleichung mit den „glänzen¬
den Lastern" der Heiden anschalten können.
An Gelegenheit und Aufforderung, die Stimme zu erheben für die in ihrem
Lebensmittelpnnkt angetastete Verfassung, hat es also unserm Treubund keineswegs
gemangelt; er hat-es aber vorgezogen zu schweigen, ungeachtet er geung Mit¬
glieder zählt, denen die einschläglichen Bnndesgesetze bekannt sein müssen, wenn
sie auch auffallender Weise noch in keiner Zeitung gegen Hassenpflug und Genossen
geltend gemacht worden sind. Eingetreten ist vielmehr unter activer und passiver
Assistenz, also auch unter Mitverantwortlichkeit des Trenbundes, wiederum jener
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