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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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Raum bezeichnen, nicht in Harmonie zu stehen. Die Bedenken, welche gegen die
Anordnung der Decke geltend gemacht wurden, sind allerdings rein ästhetische;
materiell ist vou der ganz aus Holz erbauten Decke nichts zu besorgen, die nur
dem Auge schwer erscheint, in der That aber sehr leicht ist.

Von der unteren Gallerte treten wir rechts durch eine Thüre in die Säle
des zweiten Geschosses, welche die Sammlung von Gypsabgüssen nach der Antike
sowie nach Meisterwerken des Mittelalters und der späteren Zeit enthalten sollen
und zum Theil schon enthalten, im Anschlusse an die Seulptureugallerie des
älteren Museums, in der nnr Sculpturen aus Marmor oder Erz Platz gefunden
haben. Die Säulen in diesem Geschosse sind ans italienischem, französischem und
böhmischen: Marmor gearbeitet.

Zuerst gelangen wir auf dem nach Norden liegenden Flügel in einen nach
der Rückseite des Gebäudes Hinaufblickenden, flach gewölbten Saal, der an seinen
Langwänden in zwei Reihen über einander einen Abguß des großen Frieses vom
Parthenon tragen wird. Ueber dieser Sculptur ist an der den Fenstern ent¬
gegenstehenden Wand eine Reihe von sieben Gemälden, griechische Ansichten dar¬
stellend, und an der Schmalseite, von der ans man eintritt, ebenfalls in einem
größeren Wandgemälde eine Darstellung des alten Athen mit der Akropolis an¬
gebracht. Noch sind die meisten dieser Gemälde unvollendet. Auch hier haben
lebende Künstler ein schönes Feld der Bethätigung gefunden, und es ist nicht
genug anzuerkennen, mit welcher Umsicht der das Ganze leitende und als Schöpfer
desselben dastehende Architekt darauf bedacht gewesen ist, die lebende Kunst auf
das vielseitigste zur Geltung zu bringen. Nur kann ich mit dem dabei beob¬
achteten Principe nicht ganz einverstanden sein. Vielleicht hat man geglaubt,
es läge im Interesse der lebenden Künstler, den alten Scnlptnrwerken nicht neuere
Werke desselben Kunstzweiges, sondern vielmehr malerische Arbeiten nebenznordnen.
Allein gerade das Gegentheil hätte nach meiner Ansicht der Zweck des Museums
gefordert. Wie sollte die einfache und farblose Sculptur, welche, um recht ver¬
standen und genossen zu werdeu, viel streugere Anforderungen an den Ernst des
Beschaners stellt, als die Malerei, uicht in der Aufmerksamkeit des Publicums
und in der Wirkung ans dasselbe dnrch die umgebende leuchtende Farbenpracht
anziehender Gemälde erdrückt werden?

An der dem Eingange gegenüber liegenden Schmalseite ist das interessante
Modell von dem Tympanon eines griechischen Tempels mit vollständigem Giebel
in die Wand,gemanert. Es trägt die wundervolle Gruppe der Aegineten, welche
ganz in weißem Gyps geblieben ist, während die übrigen Theil des Giebels und
seines inneren Feldes polychromatisch bemalt wurden. Den Grund des letzteren
deckt Pompejanischeö Noth, die Giebelbalken sind in Roth, Gelb und Blau ver¬
ziert. Die Triglyphen bilden sich durch Streifen in Weiß und Blau, die Metopen
durch sternartige und goldfarbige Verzierungen ans braunem Grunde. Man darf


Grenzboten. I. 1851. 37

Raum bezeichnen, nicht in Harmonie zu stehen. Die Bedenken, welche gegen die
Anordnung der Decke geltend gemacht wurden, sind allerdings rein ästhetische;
materiell ist vou der ganz aus Holz erbauten Decke nichts zu besorgen, die nur
dem Auge schwer erscheint, in der That aber sehr leicht ist.

Von der unteren Gallerte treten wir rechts durch eine Thüre in die Säle
des zweiten Geschosses, welche die Sammlung von Gypsabgüssen nach der Antike
sowie nach Meisterwerken des Mittelalters und der späteren Zeit enthalten sollen
und zum Theil schon enthalten, im Anschlusse an die Seulptureugallerie des
älteren Museums, in der nnr Sculpturen aus Marmor oder Erz Platz gefunden
haben. Die Säulen in diesem Geschosse sind ans italienischem, französischem und
böhmischen: Marmor gearbeitet.

Zuerst gelangen wir auf dem nach Norden liegenden Flügel in einen nach
der Rückseite des Gebäudes Hinaufblickenden, flach gewölbten Saal, der an seinen
Langwänden in zwei Reihen über einander einen Abguß des großen Frieses vom
Parthenon tragen wird. Ueber dieser Sculptur ist an der den Fenstern ent¬
gegenstehenden Wand eine Reihe von sieben Gemälden, griechische Ansichten dar¬
stellend, und an der Schmalseite, von der ans man eintritt, ebenfalls in einem
größeren Wandgemälde eine Darstellung des alten Athen mit der Akropolis an¬
gebracht. Noch sind die meisten dieser Gemälde unvollendet. Auch hier haben
lebende Künstler ein schönes Feld der Bethätigung gefunden, und es ist nicht
genug anzuerkennen, mit welcher Umsicht der das Ganze leitende und als Schöpfer
desselben dastehende Architekt darauf bedacht gewesen ist, die lebende Kunst auf
das vielseitigste zur Geltung zu bringen. Nur kann ich mit dem dabei beob¬
achteten Principe nicht ganz einverstanden sein. Vielleicht hat man geglaubt,
es läge im Interesse der lebenden Künstler, den alten Scnlptnrwerken nicht neuere
Werke desselben Kunstzweiges, sondern vielmehr malerische Arbeiten nebenznordnen.
Allein gerade das Gegentheil hätte nach meiner Ansicht der Zweck des Museums
gefordert. Wie sollte die einfache und farblose Sculptur, welche, um recht ver¬
standen und genossen zu werdeu, viel streugere Anforderungen an den Ernst des
Beschaners stellt, als die Malerei, uicht in der Aufmerksamkeit des Publicums
und in der Wirkung ans dasselbe dnrch die umgebende leuchtende Farbenpracht
anziehender Gemälde erdrückt werden?

An der dem Eingange gegenüber liegenden Schmalseite ist das interessante
Modell von dem Tympanon eines griechischen Tempels mit vollständigem Giebel
in die Wand,gemanert. Es trägt die wundervolle Gruppe der Aegineten, welche
ganz in weißem Gyps geblieben ist, während die übrigen Theil des Giebels und
seines inneren Feldes polychromatisch bemalt wurden. Den Grund des letzteren
deckt Pompejanischeö Noth, die Giebelbalken sind in Roth, Gelb und Blau ver¬
ziert. Die Triglyphen bilden sich durch Streifen in Weiß und Blau, die Metopen
durch sternartige und goldfarbige Verzierungen ans braunem Grunde. Man darf


Grenzboten. I. 1851. 37
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/301>, abgerufen am 04.07.2024.